BRASíLIA / JERUSALEM (inn) – Spürbar erbost hat der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin auf Twitter geschrieben: „Wir werden niemals mit jenen kooperieren, die die Wahrheit leugnen oder sie aus dem Gedächtnis löschen wollen – seien es Einzelne, Gruppen, Parteichefs oder Staatsoberhäupter.“ Damit wies er am Samstag Aussagen des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro von sich. Der hatte am Donnerstag vor Pastoren in Rio de Janeiro mit Blick auf den Holocaust gesagt: „Wir können vergeben, aber nicht vergessen. Das ist mein Zitat. Wer seine Vergangenheit vergisst, hat keine Zukunft.“
Der israelische Staatspräsident ist nicht der einzige, der sich ungehalten darüber zeigte. Die Gedenkstätte Yad Vashem bekundete in einer Stellungnahme: „Es ist nicht die Sache irgendeiner Person, zu entscheiden, ob die Verbrechen des Holocausts vergeben werden können.“ Rivlin schloss Vergebung kategorisch aus: „Wir werden niemals vergeben und niemals vergessen. Niemand kann vom jüdischen Volk Vergebung verlangen und es kann niemals im Namen von Interessen gekauft werden.“
Botschafter versucht, zu vermitteln
Bolsonaro entgegnete am Samstag, seine Äußerung sei falsch verstanden worden. Menschen, die ihn und seine „jüdischen Freunde“ auseinandertreiben wollten, hätten das Zitat aus dem Zusammenhang gerissen: „Vergebung ist etwas Persönliches. Meine Rede war niemals für einen historischen Kontext gedacht, gerade, wenn es um einen grausamen Genozid geht, in dem Millionen Unschuldige ermordet wurden.“
Der israelische Botschafter in Brasilien Jossi Shelly sprang ihm bei: „Seine Worte verdeutlichen seine vollständige Verurteilung des größten Genozids der Geschichte, des Holocausts. An keinem Punkt seiner Rede hat der Präsident Respektlosigkeit oder Gleichgültigkeit gegen das jüdische Leiden gezeigt“, schrieb er auf Facebook und fügte hinzu: „Diejenigen, die einen Keil zwischen Israel und einen großen Freund des Volkes und die Regierung Israels treiben wollen, werden keinen Erfolg haben.“
Eigentlich ein Israelfreund
Jair Bolsonaro, den manche als „brasilianischen Trump“ bezeichnen, ist seit Beginn seiner Amtszeit im Januar eigentlich für einen pro-israelischen Kurs bekannt. Kürzlich besuchte er Jerusalem, inklusive der Klagemauer und der Gedenkstätte Yad Vashem. Ins dortige Gästebuch schrieb er: „Wer seine Vergangenheit vergisst, hat keine Zukunft.“ Bolsonaro beabsichtigt, ein Handelsbüro in Jerusalem zu eröffnen. Am Donnerstag kündigte er laut der Onlinezeitung „Times of Israel“ an, Brasilien werde im UN-Menschenrechtsrat nun zusammen mit Israel und den USA abstimmen.
Ein großer Teil der brasilianischen Bevölkerung rechnet sich dem evangelikalen Christentum zu. Das Land hat mit 15 Prozent den weltweit dritthöchsten Anteil an Sympathisanten der Pfingstbewegung. Viele von ihnen sind israelfreundlich eingestellt.
Von: tk