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Israelische Vorwürfe gegen Jüdisches Museum Berlin

Israel wirft der Bundesregierung vor, indirekt fragwürdige Organisationen zu unterstützen. Dies geschehe etwa durch finanzielle Hilfen für das Jüdische Museum in Berlin. Wer genau das Schreiben ans Kanzleramt gerichtet hat, ist allerdings unklar.
Kritik ruft auch die Ausstellung „Welcome to Jerusalem“ im Jüdischen Museum hervor

JERUSALEM / BERLIN (inn) – Ein offiziell wirkendes Schreiben aus Israel fordert die deutsche Bundesregierung auf, ihre finanziellen Zuwendungen für bestimmte Organisationen zu überdenken. Denn diese unterstützten Gruppen, die anti-israelische Tendenzen zeigten. Die Herkunft des Briefes ans Kanzleramt und ans Bundesministerium für Entwicklung ist unklar, wie die links-liberale Tageszeitung „taz“ berichtet.

„Wir hätten gern, dass die Bundesregierung ihre weitere finanzielle Unterstützung an den vollständigen Stopp solcher Aktivitäten knüpft“, zitiert die „taz“ aus dem Schreiben. Zu den kritisierten Organisationen gehören kirchliche Werke wie „Brot für die Welt“ oder „Misereor“, aber auch parteiliche Stiftungen oder das Jüdische Museum in Berlin. Dem Bericht zufolge trägt es weder Absender noch Unterschrift, wie es bei inoffiziellen Arbeitsdokumenten zwischen Regierungen gängige Praxis ist. Das israelische Ministerium für strategische Angelegenheiten indes hat gegenüber der Berliner Zeitung dementiert, dass der Brief von ihm stammt.

Die israelische Tageszeitung „Yediot Aharonot“ wiederum zitiert das Büro von Regierungschef Benjamin Netanjahu mit den Worten: „Der Premierminister hat gegenüber verschiedenen Führungspersönlichkeiten der Welt das Thema der Finanzierung israelischer und palästinensischer nichtstaatlicher Organisationen ausgeführt, die die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte als Kriegsverbrecher darstellen, palästinensischen Terror unterstützen und zum Boykott des Staates Israel aufrufen. Israel wird diese Organisationen weiter bekämpfen.“

Konkret geht es um die Unterstützung israelischer Gruppen wie „Breaking the Silence“ durch „Brot für die Welt“ oder „B’Tselem“ durch „Misereor“. Auch die internationale Boykottbewegung BDS (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen) wird genannt. Die kritisierten Organisationen, zu denen auch die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung und die Linken-nahe Rosa-Luxemburg-Stiftung gehören, weisen die Vorwürfe zurück. „Partner in Israel und Palästina“ würden sorgfältig ausgewählt, fasst die „taz“ die Reaktionen zusammen. Zudem gebe es Unbedenklichkeitsprüfungen durch das Auswärtige Amt. Weiter heißt es in dem Artikel: „Auf israelischer Seite sind von der Beschwerde vor allem Organisationen betroffen, die mit der BDS-Bewegung in Verbindung gebracht werden oder die israelische Besatzung der palästinensischen Gebiete kritisieren.“

Vorwürfe gegen Museum nicht neu

Doch auch das Jüdische Museum in Berlin sieht sich Vorwürfen ausgesetzt. In dem Schreiben heißt es, eine aktuelle Ausstellung über Jerusalem gebe „größtenteils die muslimisch-palästinensische Sichtweise“ wieder. Ferner veranstalte das Museum regelmäßig Diskussionen mit prominenten BDS-Unterstützern.

Diese Vorwürfe sind allerdings nicht neu. Bereits im Sommer prangerte der israelische Journalist Eldad Beck die Einrichtung an, weil sie Referenten mit israelfeindlichen Ansichten zu Veranstaltungen einlade. Zu den Wurzeln dieser Entwicklung schrieb er: „Von Anfang an agierte das Jüdische Museum in Berlin, um eine Trennung zwischen Judentum sowie Zionismus und Israel zu schaffen. Am Eingang zum Museum wird das Land Israel als einer der Fokusse der Diaspora dargestellt, zu denen die Juden Deutschlands aus ihrer angestammten Heimat wie New York oder Buenos Aires flohen – und nicht als Land der Väter, in das sie aus dem wirklichen Exil in Deutschland zurückkehrten.“

Aus Becks Sicht will das Museum die klare Botschaft verbreiten: „Wenn die Scho’ah die deutsche Sünde ist, ist die Strafe dafür der Zionismus und Israel. All die Jahre seines Bestehens hat das Jüdische Museum politische Tätigkeiten unter einem kulturellen Deckmantel durchgeführt, die einseitiger Kritik an Israel und dem Verneinen des zionistischen Gedankens gewidmet waren.“

Kritikpunkt: Alles auf Besatzung zurückgeführt

Als Beispiel für einen fragwürdigen Referenten führte der Israeli den palästinensischen Experten für „Friedens- und Konfliktstudien“ Sa’ad Atschan an. Dieser sei „ein Aktivist für die Förderung der Rechte der LGBT-Gemeinde“ und „ein ranghoher Aktivist der Boykottbewegung gegen Israel, BDS“. Das Thema des Vortrags im Juli lautete: „Queer und Palästinenser in Ostjerusalem sein“.

Atschan, der aus Ramallah stammt, hätte „von dem rosanen und wunderbaren Leben der LGBT in den Gebieten der Palästinensischen Autonomiebehörde erzählen können“, merkte Beck an. „Aber er entschied, seinen Vortrag auf Ostjerusalem zu konzentrieren, das bekanntlich vom Staat Israel annektiert wurde. So kann man mit mehr Begeisterung erzählen, dass der Grund für die Probleme der palästinensischen LGBT natürlich die israelische Besatzung ist. Ohne diese gewaltige Besatzung wäre das Leben der palästinensischen Schwulen, der Lesben und der Transvestiten ein Paradies.“ Der Journalist bemängelte, dass eine solche Propaganda „unter dem Deckmantel des Jüdischen Museums in Berlin“ möglich sei – mit Finanzierung der deutschen Behörden.

Indes hat die Vorsitzende der israelischen Oppositionspartei „Meretz“, Tamar Sandberg, das Schreiben an die Bundesregierung kritisiert: „Während Netanjahu gegen das Jüdische Museum in Berlin aktiv ist, hilft er Ungarns antisemitischem Premierminister Viktor Orbán, ein dubioses Holocaust-Museum einzurichten, das Ungarn von seiner Rolle im Holocaust freispricht.“

Kritiker zweifeln an Echtheit des Schreibens

Die „taz“ wiederum geht auf Zweifel an der Echtheit des Briefes ein – und stützt die Vermutung, dass dieser von der israelischen Organisation „NGO Monitor“ stammen könnte. „Kritiker in Israel sehen in der Arbeit von NGO Monitor eine gezielte politische Kampagne gegen ‚linke‘ Organisationen, die der Besatzung des Westjordanlands und des Gazastreifens kritisch gegenüberstehen“, schreibt sie dazu. Menschenrechtler in Israel klagten über schrumpfende Handlungsspielräume. „NGO Monitor“ arbeite eng mit der konservativen Regierung von Netanjahu zusammen. Organisationen, die dieser nahestünden, würden nicht beobachtet.

Der „taz“-Artikel endet mit dem Hinweis, ein Sprecher der Bundesregierung habe auf Anfrage zum Umgang mit dem Schreiben mitgeteilt, dass die „Förderung einer lebendigen Zivilgesellschaft Ziel deutscher Außen- und Entwicklungspolitik“ sei. Zu ihren Grundsätzen zählten der Schutz der Menschenrechte sowie Meinungsfreiheit. „Bleibt die Bundesregierung bei ihren Prinzipien, dürfte der Druck aus Israel anhalten“, folgert die links-liberale Zeitung.

Von: eh

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