RAMALLAH / GAZA (inn) – Bei einer heutigen Stichwahl zwischen dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmud Abbas, und dem Hamas-Führer Ismail Hanije würde Letzterer die Nase vorn haben. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, welche das Palästinensische Zentrum für Politik und Meinungsforschung in Ramallah mit Unterstützung der Konrad-Adenauer-Stiftung durchgeführt hat. 50 Prozent der Palästinenser würden demnach Hanije ihre Stimme geben, 42 Prozent würden Abbas wählen.
67 Prozent aller Palästinenser sagen laut der Umfrage, Abbas solle zurücktreten. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als vor drei Monaten. Wenn sich Abbas in freien Wahlen nicht selbst nominieren würde, hätte der von Israel als Mörder inhaftierte Fatah-Politiker Marwan Barghuti 35 Prozent Zustimmung. 21 Prozent würden Hanije wählen, während Abbas‘ Fatah-Kontrahent Mohammed Dahlan auf 9 Prozent käme. Das Zentrum hat die Umfrage vom 14. bis 16. September im Westjordanland und im Gazastreifen durchgeführt. Die Ergebnisse beinhalten nicht mehr die öffentliche Meinung nach der sonntäglichen Bekanntgabe der Hamas, sie wolle die administrative Verwaltung an die PA übergeben.
Sorge um Meinungsfreiheit
Die Umfrage zeigt, dass eine überwältigende Mehrheit der Palästinenser sich Sorgen um die Meinungsfreiheit in den Palästinensergebieten macht. Als Ursache sind die zunehmenden Vorfälle gegen Journalisten und Aktivisten genannt, die aufgrund des neuen Internetkriminalitäts-Gesetzes eingesperrt wurden. Eine Mehrheit glaubt, die PA nicht ohne Angst kritisieren zu dürfen. Die Hälfte der Palästinenser ist demnach der Ansicht, dass die PA eine Belastung für die Palästinenser geworden ist.
Die Angst um die Meinungsfreiheit und die Maßnahmen der PA gegen den Gazastreifen hat das Zentrum als Hauptgründe für die sinkenden Zustimmungsraten für PA-Präsident Abbas ausgemacht. Vor allem im Gazastreifen habe die Fatah an Unterstützung unter den Palästinensern verloren.
Kluft zwischen Palästinensern wächst
Als besorgniserregend betrachtet das Zentrum die drastisch veränderte Haltung der Palästinenser, die im Gazastreifen leben. Die Umfrage bestätigt die Kluft zwischen Palästinensern im Gazastreifen und im Westjordanland. Die Bewohner des Gazastreifens entfernten sich in einem beispiellosen Tempo von der Fatah und ihrer palästinensischen Führung. Diese Kluft habe es in den ersten neun Jahren der Hamas-Herrschaft in dem Gebiet nicht gegeben. In den Haltungen der Palästinenser spiegele sich der Machtkampf zwischen Hamas und Fatah wider – wobei die Haltung der Palästinenser im Westjordanland gleichbleibend sei. 80 Prozent der Palästinenser im Gazastreifen wollen Abbas‘ Rücktritt. Nur noch 28 Prozent Zustimmung genießt dort die Fatah. Vor neun Monaten seien es noch 40 Prozent gewesen.
Eine große Mehrheit der Palästinenser, 74 Prozent, denkt, die US-Regierung unter Präsident Donald Trump bemühe sich nicht ernsthaft um ein Friedensabkommen zwischen Palästinensern und Israelis. 55 Prozent der Menschen sagen, die Palästinenser sollten generell nicht an den Verhandlungstisch zurückkehren. 83 Prozent glauben, bei Verhandlungen wären die USA kein ehrlicher Makler, sondern zum Vorteil Israels geneigt.
Von: mm