„Nirgendwo ist das Versagen der Vereinten Nationen beständiger und empörender als bei den Vorurteilen gegenüber unserem engen Verbündeten Israel.“ Mit diesem Satz brachte Nikki Haley ihr Hauptanliegen auf den Punkt, als sie sich beim US-Senat Anfang des Jahres für das Amt als UN-Botschafterin vorstellte. Der Eifer und die Entschlossenheit, die die 45-Jährige seither an den Tag gelegt hat, lassen darauf schließen, dass sie nicht nur Diplomatie betreiben will, sondern eine Mission verfolgt: Bei der Weltorganisation soll mit ihr eine neue Ära anbrechen – nicht nur in Bezug auf Israel, aber eben doch gerade auch bei diesem Thema. Seit Haley Ende Januar ihr Amt antrat, hat sie ein Feuerwerk losgetreten. Mit rhetorischen Salven schoss sie gegen alle, die den jüdischen Staat verunglimpfen. Ein Höhepunkt dieser Vorstöße war die Konferenz des „Amerikanisch-Israelischen Ausschusses für öffentliche Angelegenheiten“ (AIPAC) Ende März in Washington. Dort sagte sie den begeisterten Zuhörern: „Ich trage Absätze – aber nicht wegen der Mode. Sondern, wenn ich sehe, dass etwas falsch läuft, dann treten wir zu.“ Bei demselben Anlass erklärte sie auch, für Israel breche bei den Vereinten Nationen ein „neues Zeitalter“ an. Die USA seien dabei der „unerschrockene und eindeutige Verbündete Israels“.
Bereits auf der Anti-Israelboykott-Konferenz der Vereinten Nationen, zu der ihr israelischer Amtskollege Danny Danon geladen hatte, erklärte Haley am 29. März, Israelboykott sei „widersinnig“. Als Haley im April dem Sicherheitsrat vorsaß, verlangte sie ein breiteres Themenfeld als bislang. Das Gremium setze Israel regelmäßig auf die Agenda, ignoriere dabei jedoch drängende Bedrohungen. „Wenn wir ernsthaft über den Konflikt im Nahen Osten sprechen, müssen wir mit dem Hauptschuldigen anfangen: dem Iran und seiner Partnermiliz, der Hisbollah.“
Dass dies alles nicht nur Sprüche sind, hatte Haley schon vorher gezeigt. Am 20. März verkündete sie, die USA würden Debatten des Menschenrechtsrates boykottieren, die unter „Punkt 7“ der Agenda stattfinden. Dieser Punkt sieht vor, dass bei jeder Sitzung Israel behandelt wird. Einen solchen Tagesordnungspunkt gibt es für keinen anderen Staat. Eine solche Vorschrift „macht die einzige UN-Einrichtung, die die Menschenrechte weltweit behandelt, unglaubwürdig“, sagte Haley.
Lob aus Israel
Diese Politik bleibt in Israel nicht ohne Resonanz. Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte, Haley stehe dafür ein, „was gut ist für Israel und die Wahrheit bei den Vereinten Nationen“. Justizministerin Ajelet Schaked betonte bei einem Besuch in Washington am 8. Mai: „Israel ist nicht mehr der Prügelknabe der Vereinten Nationen. Wir sehen den Wandel mit Nikki Haley als Botschafterin der USA. Die Israelis haben endlich das Gefühl, dass jemand den Kampf für Gerechtigkeit und Moral anführt an einem Ort, wo es das nicht gibt.“ Doch nicht erst im Amt als UN-Botschafterin setzt sich Haley für Israel ein. Bereits als Gouverneurin von South Carolina (2011–2017) sorgte sie für eine Wegmarke: Am 4. Juni 2015 unterzeichnete sie das erste Gesetz auf Staatenebene, das Israelboykott verbietet. Staatliche Einrichtungen dürfen demnach nicht mit Firmen zusammenarbeiten, die Israel boykottieren. Inzwischen haben 20 der 50 US-Bundesstaaten eine solche Vorschrift.
Gemeinsamkeiten der indischen und israelischen Kultur
Haleys indische Wurzeln – sie ist die Tochter von Immigranten – scheinen sie bei alledem den Israelis näher zu bringen. Nach eigenem Bekunden sieht sie Parallelen zwischen der indischen und der israelischen Kultur: „Wir lieben unsere Familien. Wir haben eine starke Arbeitsmoral“, sagte sie auf der AIPAC-Konferenz. Dies seien die „guten Sachen“. Dann fuhr sie fort: „Wir sind aggressiv. Wir sind stur. Und wir gehen keinem Streit aus dem Weg.“
Besonders die letztgenannten Eigenschaften spielt Haley nun auf höchstem diplomatischen Parkett für Israel aus. Bislang ist sie damit erfolgreich. Dass das auch anders werden kann, weiß sie selbst. In ihrer Autobiographie hat sie einmal politische Einrichtungen mit einem Klub verglichen, in dem gewisse Regeln gelten: „Brich die Regeln, und du wirst ausgeschlossen.“ Eine derartige Erfahrung habe sie 2005 gemacht, als sie sich beim Einzug in das Abgeordnetenhaus von South Carolina den Sitz eines alteingesessenen Politikers ihrer Partei schnappte. Die Parteifreunde sahen das nicht gern. „Ich wusste damals, dass es Zeit brauchen würde, bis sie mich kennenlernen, und damit ich mich beweisen kann.“
Diesen Artikel finden Sie auch in der Ausgabe 3/2017 des Israelnetz Magazins. Sie können die Zeitschrift kostenlos und unverbindlich bestellen unter der Telefonnummer 06441/915152, via E-Mail an info@israelnetz.com oder online.
Von: Daniel Frick