GAZA (inn) – Das Gesundheitsministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) hat in den vergangenen Monaten die Ausstellung von Dokumenten eingestellt, die es Patienten ermöglicht, aufgrund dringender medizinischer Indikationen nach Israel, Jordanien oder in das Westjordanland verlegt zu werden. Das teilten Mitglieder der amerikanischen Nichtregierungsorganisation „Ärzte für Menschenrechte“ (PHR) am Montag mit.
Die PA hatte die Ausstellung von Zahlungsgutscheinen von mehr als 1.600 Palästinensern aus dem Gazastreifen deutlich eingeschränkt und teilweise verhindert, wie die israelische Tageszeitung „Ha’aretz“ berichtet. Demnach war die Anzahl der genehmigten Zahlungsgutscheine im April erstmals seit 2016 unter 2.000 gesunken, im Mai wurden lediglich wenige Dutzend Genehmigungen erteilt. Durch die Kürzungen seitens der PA ist die Arbeit von 13 öffentlichen Krankenhäusern sowie 54 Erste-Hilfe-Zentren beeinträchtigt. Mehr als 90 Prozent der Patienten aus Gaza, die einen Zahlungsgutschein beantragt hatten, bekamen keine Antwort von der PA.
Wie die israelische Delegation von PHR mitteilte, gibt es in den öffentlichen Krankenhäusern im Gazastreifen außerdem einen Mangel des wichtigen Betäubungsmittels Fentanyl, ohne das der Betrieb von Operationssälen kaum möglich ist. Die PA hatte sich geweigert, das Medikament aus dem Westjordanland in den Gazastreifen zu übermitteln. Wie der Leiter des Gesundheitsministeriums in Gaza, Munir al-Bursch, bereits im Mai berichtete, habe die PA in den vergangenen drei Monaten diese und weitere 17 für die Behandlung von Krebs notwendigen Medikamente zurückgehalten. Weil die Behandlung von Krebs-Patienten im Gazastreifen nicht mehr gegeben sei, sei das Gesundheitsministerium darauf angewiesen, die Patienten außerhalb des Gazastreifens zu bringen.
Der Sprecher des Gesundheitsministeriums in Gaza, Aschraf al-Kudra, erklärte am Montag, dass seit Beginn des Jahres bereits neun Menschen gestorben seien, weil sie die Genehmigungen der PA nicht rechtzeitig erhalten hätten. In der vergangenen Woche waren drei Säuglinge gestorben, deren angeborene Herzfehler im Gazastreifen nicht behandelt werden konnten.
PA stellt Zahlungen ein
Die PA hatte im April angekündigt, das Budget im Gesundheitswesen von Gaza zu kürzen, als „Bestrafung“ für die Regierung der Hamas und „um die Kontrolle der PA im Gazastreifen wieder zu erhalten“. Dem PA-Präsidenten Mahmud Abbas nahestehende Quellen hatten „Ha’aretz“ berichtet, die PA würde „lediglich die Gehälter des medizinischen Personals übernehmen, allerdings nicht die laufenden Kosten im Gesundheitssystem“. Ein Berater von Abbas sagte weiter: „Wir geben zu, dass das grausam klingt, doch nachdem die Hamas zehn Jahre den Gazastreifen regiert, müssen sie sich entscheiden, ob sie tatsächlich alles kontrollieren und somit auch die laufenden Kosten tragen wollen oder besser die palästinensische Regierung regieren lassen möchten.“ Wie „Ha’aretz“ berichtete, bestritt das Gesundheitsministerium die Anschuldigungen.
PHR hatte zu Beginn des Monats verlauten lassen, der Gazastreifen würde durch die Kürzungen der PA-Zahlungen die schlimmste medizinische Krise seit Jahren durchlaufen. Die hauptsächlich Leidtragenden seien Mukoviszidose- und Krebspatienten sowie Kinder mit Entwicklungsstörungen. Wie PHR vom Finanzministerium im Gazastreifen erfuhr, war das übliche monatliche Budget von etwa vier Millionen US-Dollar auf etwa 2,3 Millionen US-Dollar im April sowie 500.000 US-Dollar im Mai gesunken.
Ran Goldstein, Direktor der israelischen Delegation von PHR, sagte: „Die humanitäre Krise im Gazastreifen sollte ein starker Warnruf sein. Die Kinder von Gaza sind zu Geiseln des politischen Spiels zwischen der PA, Hamas und Israel geworden. Unverzüglich muss etwas geschehen – Gelder, Medikamente und Elektrizität müssen dringend bereitgestellt werden, sowie humanitäre Hilfe gewährleistet werden.“
Von: mh