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Gedanken zu einem islamischen Staat

„In einem islamischen Staat haben alle Menschen den islamischen Grundsätzen zu folgen. Es wird Ordnung herrschen und Menschen werden in Frieden miteinander leben.“ Diese Gedanken äußert eine junge Araberin bei einer Begegnung im Ostteil Jerusalems.
Viele muslimische Frauen tragen einen Hidschab, wenn Männer im Raum sind, die keine Blutsverwandten sind.

Dschamila ist 25 Jahre alt und zweifache Mutter. Sie arbeitet als Lehrerin in einer Schule in Ras al-Amud, einem Viertel in Ostjerusalem. Heute gibt sie keinen Unterricht und ist zu Besuch in ihrem Elternhaus. Außer ihr sind die jüngere Schwester mit ihrem Sohn Muhammad, eine Tante väterlicherseits und zwei Großcousinen sowie die Nachbarin gekommen. Drei weitere Schwestern sind ebenfalls verheiratet und leben nicht mehr bei den Eltern. Dschamilas Vater ist in seiner Autowerkstatt, ebenso die beiden jüngeren Brüder. Auch die Großmutter ist aus der zehn Kilometer entfernten Altstadt für einige Tage angereist.
Es ist also eine fröhliche Frauenrunde, die sich an diesem Vormittag in dem gemütlichen Wohnzimmer in Ostjerusalem trifft und sich angeregt unterhält. Die großen Fenster sind durch schwere Vorhänge verdunkelt, den Raum erfüllt das in der Region allgegenwärtige Neonlicht. Die lila Couchgarnitur ist um einen Fernseher gruppiert. Das Programm zeigt einen Fernsehprediger, der kaum zu verstehen ist, weil der Ton fast ausgeschaltet ist. Da die Ansprache des – vermutlich saudischen – Muslims aber untertitelt ist, kann man ihr trotzdem folgen. Der riesige Bildschirm ist in eine Wandnische eingebettet, darüber hängt eine große schwarze Tafel, auf der in goldenen Lettern der sogenannte Thronvers steht: In der Sure „Die Kuh”, das ist die zweite Sure im Koran, heißt es im 255. Vers: „Es gibt keinen Gott außer Allah. Er ist der Lebendige und Beständige. Ihn überkommt weder Schlummer noch Schlaf. Ihm gehört alles, was im Himmel und auf Erden ist. Wer unter den himmlischen Wesen könnte – außer mit seiner Erlaubnis – (am jüngsten Tag) bei ihm Fürsprache einlegen? Er weiß, was vor und was hinter ihnen liegt. Sie aber wissen nichts davon – außer was er will. Sein Thron reicht weit über Himmel und Erde. Und es fällt ihm nicht schwer, sie vor Schaden zu bewahren. Er ist der Erhabene und Gewaltige.“
Dschamilas Schwester reicht Tee und Süßigkeiten, der vierjährige Muhammad zielt mit einer Plastikpistole auf die Anwesenden und jauchzt laut, wenn diese sich erschrecken. Der Name „Dschamila” bedeutet „die Schöne”, und schön ist die junge Frau tatsächlich. Ihr pechschwarzes Haar ist zu einem kurzen Pferdeschwanz zusammengebunden, das Gesicht ist von der Sonne gegerbt. An dem weißen Streifen unterhalb des Haaransatzes ist gut zu erkennen, dass sie außerhalb des Hauses ein Kopftuch trägt. Sie lächelt, als sie sagt: „Weißt du, sobald wir einen eigenen, einen islamischen Staat haben, werden alle Frauen einen Hidschab tragen.” Sie meint das Kopftuch und den langen mantelartigen Umhang, den in Ostjerusalem und den palästinensischen Gebieten sehr viele Frauen tragen. „Klar, Christinnen und Jüdinnen werden irgendetwas an ihrer Kleidung haben, das sie als solche auszeichnet, aber natürlich müssen auch sie den Hidschab tragen. Denn so wie sie sich jetzt kleiden, ist das nicht in Ordnung.”Dschamila hat sich offensichtlich schon viele Gedanken zu dem Thema gemacht: „Dieser Staat muss natürlich zuerst in allen arabischen Ländern errichtet werden. Im Irak, dem Jemen, in Palästina und Libyen. Und natürlich in Saudi-Arabien.” Ihre Tante unterbricht sie: „Weißt du, was die Saudis heute tun, ist nicht der Islam. Die müssen das erst noch lernen. Wir wollen einen Staat, der auf dem Koran und der Scharia basiert.“ Dschamila nickt zustimmend: „Und wenn dieser Staat erst die arabischen Länder umfasst, wird der islamische Staat auch auf andere Länder übergreifen. Wir werden das auch in Amerika und Europa verbreiten. Solange, bis der islamische Staat die ganze Welt umfasst.”

„Christen und Juden werden anders leben“

An der Tür klingelt es. Der Bruder kommt nach Hause, doch erst als Dschamilas Schwester die Schiebetür zum Wohnzimmer schließt, kann er eintreten, denn keine der Frauen trägt ein Kopftuch. Dschamila träumt indes weiter von ihrem Staat: „Sobald wir einen islamischen Staat haben, werden Christen und Juden nicht mehr so leben, wie sie es heute tun. Sie werden sich dann nicht mehr so kleiden wie jetzt, sie werden keinen Alkohol mehr trinken und keine laute Musik mehr hören. Natürlich rede ich jetzt nur von ihrem Leben auf der Straße. In ihren Häusern sind sie frei. Dort dürfen sie tun, was sie wollen.“
Dschamila schwärmt von der „Hisb ut-Tahrir“, der „Partei der Befreiung“. In den 1950er Jahren gegründet, zielte sie vor allem auf die „Befreiung Palästinas“ ab, daher rührt auch der Name. Heute setzt sie sich hauptsächlich für die Errichtung eines islamischen Staates und die Wiedereinführung des Kalifats ein. Die Partei wendet sich an die Umma, also an die Gesamtheit der Muslime, ist aber in den arabischen Ländern und Deutschland verboten. Dschamila wendet sich an die Frauen: „Habt ihr schon von Ahmad al-Qisas gehört? Er ist Vertreter der ‚Hisb ut-Tahrir’ im Libanon. Seine Reden sind wunderbar! So Allah will, werden wir bald zu unseren Ursprüngen zurückkehren. Und den Islam so leben wie zu Zeiten des Kalifen. Die ‚Hisb ut-Tahrir’ setzt sich für die Wiedererrichtung des Kalifats ein. Im Gegensatz zu Fatah und Hamas folgt die ‚Hisb ut-Tahrir’ tatsächlich den Wegen des Propheten Muhammad. Die werden uns helfen, unseren Traum zu verwirklichen; nämlich einen islamischen Staat zu errichten. Wisst ihr, auch Mursi in Ägypten ist ein schlechtes Beispiel. Er denkt, er vertritt den Islam. In Wirklichkeit steht er aber doch auf Amerikas Seite. Das, was er in seiner Regierungszeit getan hat, hatte nichts mit dem Islam zu tun.“
Dschamila prophezeit: „In einem islamischen Staat wird der Staat für Ordnung sorgen. Die Ahl al-Dhimma, die Nichtmuslime, werden sich im öffentlichen Leben dem Islam anpassen. Außerdem wird der Staat den Dschihad, den Heiligen Krieg, umsetzen. Das ist keine Aufgabe des einzelnen Muslims, das muss der Staat tun. Verfehlungen werden in einem islamischen Staat nach islamischem Recht bestraft. Momentan läuft das alles zwischen dem einzelnen Muslim und Allah ab, aber dann wird es diese Strafen geben, die auf der Scharia basieren. Für Unzucht zum Beispiel wird es 80 Peitschenhiebe geben. Und Muslime werden sich gegenseitig zurechtweisen.“
Auf die Frage, was passiert, wenn Nichtmuslime sich diesen Gesetzen nicht beugen wollen, antwortet Dschamila überzeugt: „Das ist nur eine Frage der Zeit. Wenn sie erst mal in dem Staat leben, werden sie sich dem Islam unterwerfen.“ Die anderen Frauen pflichten ihr bei und schlürfen weiter ihren Tee.

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