Netanjahu sprach sich dafür aus, dass die noch lebenden Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Würde ihre letzte Tage verbringen können. „Die Holocaust-Überlebenden sind das Symbol der Wiedererstehung“, sagte er laut einer Mitteilung seines Büros. „Sie, die die Schoah durchgemacht haben, sind würdig, den Rest ihrer Tage in Behagen und in Ruhe zu leben. Wie der Prophet Sacharja sagte: ‚Es sollen hinfort wieder sitzen auf den Plätzen Jerusalems alte Männer und Frauen, jeder mit seinem Stock in der Hand vor hohem Alter.‘ (Sacharja 8,4) In hohem Alter, in Sicherheit, Wohlstand und Würde.“
Der israelische Regierungschef fügte hinzu: „Bürger Israels, in jeder einzelnen Generation erhebt man sich über uns, um uns zu vertilgen. In jeder einzelnen Generation muss ein Mensch sich selbst so ansehen, als hätte er selbst die Schoah überlebt und den Staat gegründet. In jeder einzelnen Generation müssen wir sicherstellen, dass es keine weitere Schoah geben wird. In der Generation der Schoah konnten wir die Zerstörung nicht verhindern. Viele haben die Gefahr nicht rechtzeitig bemerkt, und für diejenigen, die sie bemerkten, war es schon zu spät. Die Falle war gestellt und schnappte zu. Die Tore des Landes Israel wurden vor den jüdischen Flüchtlingen verschlossen, und ebenso die Tore der meisten Staaten, wenn nicht aller, einschließlich der Aufklärung darin.“
Würdigung für Warschauer Helden
Im Mittelpunkt der diesjährigen Gedenkzeremonie stand der Warschauer Ghettoaufstand vor 70 Jahren. „In den Todeslagern und den Ghettos, im Warschauer Ghetto, nach dem dieser Platz benannt ist, änderte sich die jüdische Geschichte“, sagte Netanjahu in Yad Vashem. „Dort erstand von Neuem der jüdische Widerstand. Dort wurde von Neuem der Geist der Makkabäer entdeckt, dort wurde von Neuem die Fahne der Rebellion gehisst. In der Erniedrigung, wie sie die Menschheit nicht gekannt hatte, rekrutierten junge Juden die jüdische Widerstandsfähigkeit und Heldenstärke und erwiderten dem nazistischen Feind den Krieg. Dass sie den Feldzug nicht gewannen, schmälert nicht die Heldenstärke ihrer Taten und die große Revolution, die sie in der Geschichte unseres Volkes begannen. Von rettungslosen Opfern wurden die Verteidiger des Ghettos zu seelenstarken Kämpfern, die die deutsche Armee fast einen Monat lang in Schach hielten.“
Der Likud-Chef schlug einen Bogen von dem Aufstand in der polnischen Hauptstadt zum israelischen Unabhängigkeitskrieg: „Fünf Jahre später haben mit demselben Geist, wenige gegen viele, die Soldaten der israelischen Armee, und unter ihnen viele Schoah-Überlebende, die arabischen Armeen besiegt, die kamen, um den jungen Staat Israel zu vernichten und mit ihm den Rest der Überlebenden. Die jüdische Wiedererstehung ist im Kern mit der Bereitschaft und der Fähigkeit der Juden verbunden, mit all ihrer Kraft gegen diejenigen zu kämpfen, die sie vertilgen wollen. Die Fähigkeit und die Bereitschaft, uns selbst zu verteidigen, haben die Errichtung des zionistischen Unternehmens ermöglicht, und sie gewährleisten die Fortdauer unserer Existenz und unserer Zukunft.“
Weiter sagte Netanjahu: „Im finsteren Tal der Schoah kamen sechs Millionen Juden um. Im Staat Israel leben heute, zum ersten Mal seit der Staatsgründung, mehr als sechs Millionen Juden. Ihr Bürger Israels seid der Ausdruck unseres Sieges. Aus der Hölle der Schoah sind wir auf die Spitze von Zion geklettert.“ Mit Bezug auf das iranische Atomprogramm stellte er fest: „Der mörderische Hass gegen die Juden, der die Geschichte unseres Volkes begleitet, ist nicht aus der Welt verschwunden. Er wurde einfach in mörderischen Hass gegen den Staat der Juden verwandelt.“
Bei der Gedenkveranstaltung waren auch der frühere britische Regierungschef Tony Blair und der kanadische Außenminister John Baird zugegen. Neben ranghohen israelischen Politikern nahmen Überlebende der Schoah daran teil.
Die vollständige Bezeichnung des israelischen Gedenktages heißt „Jom HaSchoah we-haGevurah“ – „Tag des Holocaust und des Heldentums“. An ihm wird der sechs Millionen Juden gedacht, die durch die Nationalsozialisten ermordet wurden. Am Montagmorgen heulten dazu in ganz Israel die Sirenen und die Menschen verharrten für zwei Schweigeminuten. Auch die Fernsehsender orientieren sich nach dem zentralen Thema dieses Tages. Entweder zeigen sie gar kein Programm, oder sie strahlen Sendungen aus, die sich mit der europäischen Judenvernichtung befassen. Der Jom HaSchoah, der immer auf den 27. Tag des jüdischen Monats Nissan fällt, endet am Montag mit Sonnenuntergang.