Unter dem Motto „Gemeinsam zu den Quellen der Hoffnung reisen“ hat am Sonntag eine Pilgerreise der französischen Bruderschaft Taizé durch das Heilige Land begonnen. Nach Angaben der Veranstalter sind mehr als 300 Teilnehmer aus der ganzen Welt dafür angereist.
„Dass wir hier sein können, gleicht einem Wunder“, erzählt Bruder Franz glücklich. Er gehört der Bruderschaft seit 40 Jahren an. Ursprünglich sei die Reise schon für 2021 geplant gewesen, erklärt er, doch durch die Corona-Pandemie habe sie aufgeschoben werden müssen. Die Veranstalter hätten eigentlich mit mehr einheimischen Teilnehmern gerechnet, doch die Christen aus dem Westjordanland müssten Passierscheine beantragen, um nach Israel einreisen zu können.
Einer der wenigen einheimischen Teilnehmer ist Majdi. Der Katholik stammt aus dem kleinen Ort Sababdeh, südlich von Dschenin: „Aus Sababdeh sind wir zu fünft, aber aus der ganzen Westbank sind wir nur etwa 20 Teilnehmer.
Untergebracht sind die ausländischen Besucher anfangs in Bethlehem und Umgebung. Im zweiten Teil der Reise haben sie Unterkünfte in Nazareth, Haifa und Tabgha.
Ein Großteil der Teilnehmer kommt aus Deutschland, eine kleine Gruppe ist aus München angereist. Die 20-jährige Vroni studiert Theologie im vierten Semester. In Taizé war sie auch schon einmal, die Art zu singen und zu beten hat sie angesprochen. Über ihren ersten Besuch im Heiligen Land sagt sie: „Natürlich wäre es gelogen, zu sagen, dass ich nur wegen Taizé hergekommen bin. Denn vor allem bin ich doch wegen Jerusalem hergekommen. Wir lesen im Studium so viel über diese Stadt und dieses Land und über all die Orte, wo die biblischen Geschichten stattgefunden haben. Ich freue mich sehr, dass ich nun die Möglichkeit habe, mit Taizé diese Stadt kennenzulernen.“
Auch Sebastian war schon in Taizé, aber noch nie in Jerusalem. Der 24-Jährige hat bereits ein Lehramtsstudium für Latein und katholische Religion absolviert, nun studiert er zusätzlich Theologie, um Pastoralreferent werden zu können: „Ich bin der Meinung, dass jeder Theologe mal das Land gesehen haben muss. Schon allein, um ein Verständnis dafür zu bekommen, wie weit die einzelnen Orte auseinanderliegen. Durch diese Woche hier erhoffe ich mir ein tieferes Bibelverständnis.“ Die Lieder von Taizé träfen seine Spiritualität.
Vroni pflichtet ihm bei: „Natürlich freue ich mich auch auf die Gemeinschaft, das gemeinsame Singen, das Bibellesen und internationale Begegnungen.“
Die morgendlichen Gebete finden jeweils in den gastgebenden Kirchen statt. Zu den Mittags- und Abendgesängen und den anschließenden Mahlzeiten treffen sich alle Teilnehmer zentral in jeweils einer anderen Kirche. Zwischendurch werden Führungen in die Kirchen Jerusalems, an den See Genezareth und auf den Berg Tabor angeboten. Außerdem bieten verschiedene kirchliche Bildungseinrichtungen und andere Organisationen Workshops an, in den denen sich die Teilnehmer über deren Zugänge zu Hoffnung, Versöhnung und Friedensinitiativen informieren können. Begegnungen mit messianisch-jüdischen Israelis sind laut Programm nicht vorgesehen.
Taizé und Tantur für Ökumene
Organisiert wird das einwöchige Treffen von der Taizé-Gemeinschaft in Zusammenarbeit mit dem Ökumene-Institut Tantur in Jerusalem. Tantur ist ein internationales Ökumenezentrum, das sich der Theologie-Forschung und der Einheit der Christen widmet. Außerdem möchte sich das Zentrum, das zwischen Jerusalem und Bethlehem liegt, für den interreligiösen Dialog und eine Friedensvermittlung im arabisch-israelischen Konflikt einsetzen.
Taizé gilt als Symbol der ökumenischen Bewegung in Europa. Seit Jahrzehnten ist der französische Ort in Burgund ein Treffpunkt für Jugendliche und junge Erwachsene aus aller Welt. Der Bruderschaft gehören etwa 100 Männer aus 30 Ländern an. Seit knapp vierzig Jahren veranstalten sie regelmäßig Jugendtreffen in allen Teilen der Welt. Ein Treffen im Heiligen Land findet zum ersten Mal statt. (mh)