JERUSALEM (inn) – Der US-amerikanische Vizepräsident Mike Pence hat einen Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem vor dem Ende des Jahres 2019 in Aussicht gestellt. Entsprechend äußerte er sich am Montag in einer Rede vor der Knesset. Die meisten Abgeordneten reagierten auf die Ankündigung mit stehenden Ovationen.
Bis vor kurzem hieß es noch aus dem Weißen Haus, der Botschaftsumzug werde erst gegen Ende der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump erfolgen. Offenbar haben sich die Verantwortlichen nun gegen einen Neubau entschieden. Anstatt dessen soll das Konsulat im Jerusalemer Stadtteil Arnona in eine Botschaft umgewandelt werden. Nach Informationen der „New York Times“ ist das Gebäude „relativ neu“ und bietet eine bessere Sicherheit als das derzeitige Botschaftsgebäude in Tel Aviv.
Biblische Inspiration
In seiner Rede vor der Knesset kam Pence, der sich als evangelikaler Christ versteht, auf einige biblische Bezüge zu sprechen. So deutete er eine wechselseitige Befruchtung der jeweiligen Nationalbestrebungen an: Die ersten Generationen der Einwanderer hätten Amerika in Anlehnung an biblische Erzählungen als das „verheißene Land“ begriffen. Und heute sei das amerikanische Volk ein „leidenschaftlicher Unterstützer der Rückkehr der Juden in das Land ihrer Vorväter“.
Mit der Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, habe US-Präsident Donald Trump einen 70 Jahre währenden Fehler korrigiert, sagte Pence weiter. „Die unverwüstliche Verbindung der Juden zu dieser heiligen Stadt reicht mehr als 3.000 Jahre zurück.“ Die Entscheidung diene nicht nur dem Interesse der USA, sondern sei auch im Interesse des Friedens erfolgt. „Durch die Anerkennung haben die USA Fakten statt Fiktionen den Vorzug gegeben.“
Regionale Veränderungen
Zugleich seien die Vereinigten Staaten dem Friedensprozess verpflichtet. Dabei seien die USA auch offen für eine Zwei-Staaten-Lösung, „wenn sich beide Seiten darauf einigen“. Eine Friedenslösung erfordere zwar Kompromisse, dürfe jedoch nicht auf Kosten der Sicherheit Israels gehen. „Jedwede Friedenslösung muss die Fähigkeit Israels sicherstellen, sich zu verteidigen.“
Pence sieht diese Bemühungen im Kontext der Veränderungen, die er in der Region wahrnimmt. Die arabische Welt suche die Zusammenarbeit mit Israel, um religiösen Extremismus zu bekämpfen. „Langjährige Widersacher werden Partner. Alte Feinde finden neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit.“
Zu der Bedrohung zähle auch der Iran. Das Regime fördere Terror und sorge für Chaos in der Region. Der 2015 vereinbarte Atomdeal sei eine „Desaster“, betonte Pence. „Er zögert lediglich den Tag hinaus, an dem sich der Iran eine Kernwaffe zulegt.“ Die USA würden dies jedoch nicht zulassen; dazu müsse der Atomdeal „repariert“ werden.
Arabische Abgeordnete protestieren
Die Rede wurde unterschiedlich aufgenommen. Der US-amerikanische Botschafter in Israel, David Friedman, war „zu Tränen gerührt“, wie er auf Twitter bekannte. Arabische Knesset-Abgeordnete störten hingegen den Auftritt des US-Vizepräsidenten und hielten gleich zu Beginn seiner Rede Banner hoch, auf denen „Jerusalem ist die Hauptstadt Palästinas“ stand. Sie wurden umgehend aufgrund ihres Verhaltens für den Rest des Tages vom Plenum ausgeschlossen. Die restlichen Abgeordneten reagierten mit stehenden Ovationen und bekundeten so ihre Unterstützung für Pence.
Die radikal-islamische Hamas lobte im Anschluss die Abgeordneten für ihren Protest. Pence‘ Rede sei „rassistisch“ gewesen. Bereits im Vorfeld hatten die Islamisten den Besuch verurteilt. Der Vizepräsident sei „nicht willkommen“.
Auch der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) Saeb Erekat konnte der Rede nichts abgewinnen. Pence habe Extremisten ein Geschenk gemacht, sagte er laut der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA. „Seine Botschaft war klar: Verletze internationales Recht und Resolutionen, und die USA werden dich belohnen.“
Pence war mit seiner Frau Karen am Sonntagabend in Israel eingetroffen. Zuvor hielt er sich in Ägypten und in Jordanien auf. Nach seiner Rede in der Knesset traf er sich mit dem israelischen Premier Benjamin Netanjahu. Am Dienstag besuchte Pence die Klagemauer und die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Außerdem traf er den israelischen Präsidenten Reuven Rivlin. Ursprünglich war sein Besuch bereits im Dezember geplant, wurde jedoch wegen der Haushaltsdebatte in den USA verschoben.
Von: df