JERUSALEM (inn) – Ein 19-jähriger Palästinenser aus dem Westjordanland hat am Freitagmorgen gegen 6:20 Uhr Ortszeit in der Altstadt von Jerusalem nahe dem Damaskustor mehrfach auf einen Juden eingestochen. Der etwa 50-Jährige erlitt Verletzungen an Nacken und Kopf und wurde in das Scha’arei-Zedek-Krankenhaus gebracht. Er ist bewusstlos und an ein Atmungsgerät angeschlossen, berichtet die Onlinezeitung „Times of Israel“.
Der Palästinenser entkam in Richtung Basar der Altstadt, wo er nach Angaben der israelischen Polizei auf einen 16 Jahre alten Israeli einstach. Der Jugendliche erlitt leichte bis mittelschwere Verletzungen am Rücken, rettete sich zu einer Synagoge und wurde schließlich in die Hadassah-Klinik im Stadtteil Ein Kerem eingeliefert. Der Attentäter wurde von einem israelischen Polizisten auf der Flucht erschossen. Bilder zeigen das Klappmesser, das der Palästinenser bei seiner Tat benutzt haben soll. Am Vormittag meldete sich Staatspräsident Reuven Rivlin via Twitter zu Wort: „Ich stehe an der Seite der Familie, die im Krankenhaus ihren Lieben beistehen in diesen schweren Stunden.“
Israel verschärft Sicherheitsmaßnahmen
Aus Furcht vor „Nachahmern“ verschärfte Israel am Freitag die Kontrollen an allen Grenzübergängen von den palästinensischen Autonomiegebieten nach Jerusalem deutlich. Vor allem bei Grenzkontrollpunkt 300 nahe dem Rahelgrab in Bethlehem bildeten sich lange Warteschlangen von Moslems, die aus dem Süden des Westjordanlandes in Richtung Jerusalem zum Gebet unterwegs waren.
Da es sich um den letzten Freitag des Ramadan-Fastenmonats handelt, werden mehr als 80.000 Gläubige auf dem Tempelberg mit der Al-Aqsa-Moschee erwartet. Der Fastenmonat endet in der kommenden Wochen mit dem Id-el-Fitr-Fest. Auch wegen des großen Andrangs von Moslems an den hohen muslimischen Feiertagen sind die israelischen Kontrollen an den Kontrollpunkten etwas lascher als sonst, um die Menschenmassen besser bewältigen zu können.
Erstes Attentat in der Altstadt seit Dezember
In den vergangenen Monaten erlebte Jerusalem eine Phase ohne Anschläge. In der Altstadt hatte es zuletzt am 13. Dezember ein Attentat gegeben, bei dem zwei Grenzpolizisten verletzt wurden. Zudem hatte ein 29-jähriger Palästinenser Anfang Februar in einem Wald südlich von Jerusalem die 19-jährige Ori Ansbacher vergewaltigt und brutal ermordet. Der Täter aus Hebron wurde verhaftet und vor Gericht gestellt. Anders als in anderen Fällen, in denen Palästinenser Anschläge auf Juden verüben, tat sich die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) diesmal schwer, ihn zum „Märtyrer“ israelischer Willkür zu erklären und finanziell zu unterstützen, weil er sich an der jungen Frau vor dem Mord vergangen hatte.
Gleichwohl nahm die israelische Regierung diesen Anschlag zum Anlass, jene Summe von Steuergeldern einzubehalten, die von der Autonomiebehörde an die in Gefängnissen einsitzenden Terroristen oder an deren Angehörige und Hinterbliebene ausgezahlt werden. Daraufhin verweigerte die PA die Annahme jeglicher israelischer Zahlungen, was zu erheblichen wirtschaftlichen Engpässen und einer Kürzung der Beamtengehälter führte.
Von: Ulrich W. Sahm/ser