GAZA (inn) – Bewaffnete Palästinenser haben am Freitagnachmittag den Chef der Polizei im Gazastreifen, Ghasi al-Dschabali, entführt. Nach stundenlangen Verhandlungen der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) mit den Entführern wurde er jedoch wieder freigelassen.
Aus palästinensischen Sicherheitskreisen hieß es, Al-Dschabali sei mit einem Konvoi bei Gaza-Stadt unterwegs gewesen. Bewaffnete Palästinenser hätten ihm mit mehreren Fahrzeugen den Weg abgeschnitten und ihn gezwungen, in einen ihrer Wagen umzusteigen. Laut Augenzeugen sei es zu Schusswechseln mit den Leibwächtern Al-Dschabalis gekommen. Dabei seien zwei der Wächter mittelschwer verletzt worden. Die Entführer seien dann mit dem Polizeichef in die Ortschaft El-Bureidsch gefahren.
Zu der Tat bekannten sich die „Dschenin-Märtyrer-Brigaden“ von PLO-Chef Jasser Arafats Fatah-Partei. Laut Palästinensern aus El-Bureidsch handelt es sich bei den Entführern jedoch auch um Mitglieder des „Palästinensischen Volkswiderstandskomitees“.
Al-Dschabali – ein langjähriger Vertrauter von PLO-Chef Jasser Arafat – ist seit mehr als zehn Jahren Polizeichef der Region. Er war bereits mehrmals Ziel palästinensischer Angriffe. Erst im April war vor seinem Haus in Gaza eine Bombe explodiert.
Vor allem die Anhänger des ehemaligen Chefs des Palästinensischen Geheimdienstes, Mohammed Dahlan, sind starke Gegner von Al-Dschabali. Einige von ihnen waren zu Beginn des Jahres in Al-Dschabalis Büro eingedrungen und hatten ihn geschlagen. Bei Gefechten mit seinen Leibwächtern war damals einer der Wächter ums Leben gekommen.
Al-Dschabali hatte Dahlan mehrmals vorgeworfen, ein Spion Israels und ein Agent des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA zu sein. Zwischen den beiden gab es häufig Auseinandersetzungen hinsichtlich der Kontrolle über die verschiedenen palästinensischen Sicherheitsdienste.
Auch bei vielen Bewohnern des Gazastreifens ist Al-Dschabali unbeliebt. Sie werfen ihm unmoralisches Verhalten und Korruption vor und haben bereits mehrmals seinen Rücktritt gefordert. Arafat hatte Al-Dschabali Anfang des Jahres entlassen, dann jedoch ohne Erklärung wieder eingestellt und Kritik an ihm ignoriert.