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„New York Times“: Gaza-Krise bereits vor 1967

NEW YORK (inn) – Die Wasserkrise im Gazastreifen ist in aller Munde. Was hingegen kaum jemand weiß: Sie bestand schon vor dem Beginn der Blockade. Darauf weisen ein israelischer Professor und ein Wasserexperte aus Gaza in der „New York Times“ hin.
Eine Entsalzungsanlage wie in Aschkelon könnten sich die Autoren als Lösung für die Wasserprobleme von Gaza vorstellen.

„Zwei Jahrzehnte lang haben palästinensische und israelische Umweltschützer ihre Differenzen auf die Seite gelegt, um zu dringenden Maßnahmen zur drohenden Wasserkrise im Gazastreifen aufzurufen“, beginnen Alon Tal und Yousef Abu Mayla ihren Artikel in der amerikanischen Tageszeitung. „Diese Aufrufe verhallten unbeachtet. Der Preis von Untätigkeit, langwierigem Konflikt und unerträglicher Politik wird bis heute von den 1,7 Millionen Bewohnern von Gaza gezahlt, die dank des Zusammenbruchs der Kanalisation von Gaza katastrophalen Bedingungen ausgesetzt sind.“ Tal von der Ben-Gurion-Universität in Be‘er Scheva ist Gastprofessor an der Universität Standford, Abu Mayla arbeitet als Wasserexperte an der Al-As‘har-Universität in Gaza.
Die Autoren schreiben weiter: „Seit der israelischen und ägyptischen Blockade hat Gaza nicht genügend Treibstoff, um seine Stromvorräte aufrechtzuerhalten und seine 290 Wasser- und Abwasseranlagen am Laufen zu halten. Die Hamas-Regierung weigert sich, alternativen Treibstoff zu kaufen, weil die Steuern darauf an die von der Fatah kontrollierte Palästinensische Autonomiebehörde gehen würden. Als Folge haben Pumpstationen ihren Betrieb im November eingestellt, und viele Straßen im Süden von Gaza-Stadt sind jetzt von menschlichen Exkrementen überflutet.“
Eine Studie des Kinderhilfswerkes der Vereinten Nationen (UNICEF) habe neulich ergeben: 20 Prozent der Kinder in Gaza leiden unter Krankheiten, die durch Trinkwasser übertragen wurden. Israel habe Grund zur Besorgnis, weil jeden Tag knapp 100.000 Kubikmeter Abwasser ins Mittelmeer strömten. Die israelische Trinkwasserversorgung hänge zunehmend von seinen Entsalzungsanlagen ab, heißt es in dem Gastbeitrag vom Montag. Die Anlage in Aschkelon liege nur wenige Kilometer nördlich des Gazastreifens. Auch ein Zaun könne die Fäkalien nicht aufhalten.

Grundwasserschicht ausgebeutet

„Diese Abwasserkrise ist nur die akuteste Erscheinungsform von Gazas hydrologischem Alptraum“, halten die Autoren fest. „Der Druck auf die Wasserressourcen ist seit langer Zeit unerträglich. Historisch erhielt Gaza sein Wasser aus einer Grundwasserschicht unter seinen Sandböden. Diese Schicht war bereits vor 1967 übermäßig ausgebeutet, als Ägypten den Gazastreifen kontrollierte, und es gab eine extensive Belastung durch Meerwasser.“
Die schnell wachsende Bevölkerung habe der Schicht dreimal soviel Wasser entnommen, wie durch Regen hinzugefügt wurde. „Letztes Jahr haben die Vereinten Nationen berichtet, dass 95 Prozent des Wassers der Grundwasserschicht wegen Verschmutzung durch das Eindringen von Meerwasser, Düngemittel und Abwasser für Menschen ungeeignet waren. Es ist zu erwarten, dass der Bedarf bis 2020 um 60 Prozent zunimmt“, ergänzen Tal und Abu Mayla.
Viele Menschen im Gazastreifen kauften zu beträchtlichen Kosten gefiltertes Wasser in Flaschen. Auch seien nach dem israelischen Rückzug aus dem Gebiet im Sommer 2005 Tausende unregistrierte Brunnen gebohrt worden. Dies habe die Wasserqualität noch mehr verringert, fügen die Autoren an.

Entsalzung soll Probleme lösen

Der Israeli und der Palästinenser fordern ein völliges Moratorium für die Grundwasserentnahme und stattdessen alternative Quellen. Sie schlagen Programme vor, um Regenwasser zu sammeln. Auch müssten die Bewohner in Gaza den Umgang mit Abwasser verbessern, so dass es wie etwa in Texas und Arizona in der Landwirtschaft wiederverwendet werden kann. Der größte Teil des Wassers müsse jedoch aus dem Meer kommen. Die Kosten für die Entsalzung seien deutlich gesunken. Nach Angaben der israelischen Wasserbehörde könne jede der fünf größten Anlagen im Land 1.000 Liter für 60 US-Cent produzieren.
Die Autoren weisen darauf hin, dass seit über 20 Jahren über eine Entsalzungsanlage für Gaza diskutiert werde. Ein paar kleine Pilot-Anlagen seien in Betrieb, aber nicht ausreichend für den Bedarf. „Die palästinensische Wasserbehörde hat eine großangelegte 500-Millionen-Dollar-Anlage bewilligt, die Israel unterstützt. Und Israel hat in aller Stille angefangen, Palästinensern Entsalzungstraining anzubieten. Da die Finanzierung zweifelhaft ist, dauern die Verzögerungen im Bau jedoch an.“
Ein weiteres Hindernis sehen der Israeli und der Palästinenser darin, dass eine solche Anlage viel Strom braucht. Doch der sei Mangelware im Gazastreifen, „wo ein großer Teil der Energie immer noch von Israels Elektrizitätswerk geliefert wird. Der schwärende Konflikt zwischen Israel und der Regierung von Gaza hilft der Situation nicht, auch wenn Israel verpflichtet bleibt, Energie an die palästinensische Gebiete zu verkaufen, Gaza eingeschlossen. Israel verkauft weiter Wasser an Gaza. Beide Parteien haben sich auf eine Pipeline geeinigt, die die Wassermenge verdoppeln wird, die für den Gazastreifen geliefert wird“.
Weiter heißt es in dem Artikel: „Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen warnt davor, dass, wenn die gegenwärtige Entwicklung weitergeht, die Grundwasserschicht von Gaza bis 2020 unumkehrbar geschädigt wird. Dies ist ein Gebiet, wo sich die internationale Gemeinschaft beteiligen könnte, um eine bedeutungsvolle Verbesserung für die Lebensqualität der Palästinenser zu bringen.“
Die internationale Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ hatte am Sonntag angesichts der Energiekrise ein Ende der Blockade gefordert (Israelnetz berichtete).
Der vollständige Kommentar in der „New York Times“ ist hier zu lesen: http://tinyurl.com/oso75ee.

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