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Netanjahu: Grass‘ Gedicht ein „Skandal“

JERUSALEM (inn) - Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu hat das Gedicht des deutschen Schriftstellers Günter Grass "Was gesagt werden muss " einen "absoluten Skandal" genannt. Drei Journalisten der "Welt am Sonntag" haben Netanjahu am Tag des israelischen Holocaust-Gedenkens in seinem Büro in Jerusalem interviewt.

Das Gedicht Grass‘ offenbare einen "Zusammenbruch des moralischen Urteilsvermögens". "Dass dies von einem deutschen Nobelpreisträger kommt und nicht etwa von einem Teenager einer Neo-Nazi-Partei, macht es noch empörender." Grass verdrehe Aggressor und Opfer. Diejenigen, die sich gegen die Drohung mit Auslöschung zu verteidigen suchen, würden zu einer Bedrohung des Weltfriedens deklariert. "Es gibt eine simple Tatsache, die Grass offenbar entgangen ist: Israel hat nicht zum Ziel, Iran zu zerstören, Iran jedoch hat die Absicht, Israel zu zerstören, ruft öffentlich dazu auf und arbeitet darauf hin, indem es zu diesem ausdrücklichen Zweck eine Atombombe baut." Der Literatur-Nobelpreisträger Grass hatte in seinem am 4. April 2012 in der "Süddeutschen Zeitung" veröffentlichten Gedicht "Was gesagt werden muss" Israel als eigentliche Bedrohung des Weltfriedens dargestellt.

Netanjahu freut sich darüber, dass viele deutsche Politiker in Deutschland das Gedicht verurteilt hatten. Dennoch sorge er sich, ob das Gedicht eventuell "eine zustimmende Unterströmung" im Lande geben könnte. Ihm sei klar, dass Israel Kritik ausgesetzt sei. "Ich wünschte manchmal, es würde eine Stunde, oder auch nur eine Minute vergehen, ohne dass irgendeine Kritik gegen Israel vorgebracht würde, von außerhalb wie innerhalb. Aber dies ist eine offene Gesellschaft, Kritik ist unser ‚way of life‘." Es gehe aber nicht an, wenn Fakten verdreht würden. "Wenn das von jemandem mit der Statur eines Günter Grass kommt, ist das sehr verletzend und beunruhigend." Manche Leute seien offenbar bereit, "alles über Israel zu glauben, selbst wenn sich leicht nachweisen lässt, dass es falsch ist".

Auf die Frage, ob es richtig gewesen sei, Grass in Israel zu einer "persona non grata" zu erklären, antwortet der Premierminister: "Manchmal sind Dinge so empörend, dass man auf sie in anderer Weise reagieren muss. Er ist zu weit gegangen in Richtung Unwahrheit und Verleumdung. Unsere Reaktion hat das ausgedrückt. Wie würden sich denn die Deutschen fühlen, wenn sie mit Raketen überzogen würden, die der Zerstörung ihres Landes dienen? Das ist es, womit wir konfrontiert sind. Iran unterstützt Hisbollah und Hamas, die auf den kleinen israelischen Staat Raketen feuern."

Am besten wäre, Sanktionen gegen Iran würden helfen

Netanjahu ist überzeugt: "Die größte Bedrohung für den Weltfrieden ist die Kombination eines militanten islamistischen Regimes mit Atomwaffen – sei es, dass Islamisten Atomwaffen entwickeln oder erlangen." Die eine Gefahr bestehe im Iran, die andere durch eine Machtübernahme der Taliban in Pakistan.

Er sei froh, wenn Sanktionen gegen den Iran reichen würden, um den Einsatz von Atomwaffen zu verhindern. "Von uns aus könnten die Sanktionen ruhig noch schärfer sein. Aber wir sehen ja, dass der Iran trotz all dieser Maßnahmen Kurs auf die Bombe nimmt."

Netanjahu widerspricht außerdem der Ansicht, dass der Konflikt mit den Palästinensern durch den Siedlungsausbau Israels ausgelöst werde. "Wir sind mehr als 50 Jahre lang von Arabern angegriffen worden, als wir noch gar keine Siedlungen in Gaza oder Judäa und Samaria (Westjordanland, d. Red.) hatten und als dort noch keine israelischen Soldaten stationiert waren." Die Araber würden Israel angreifen, weil sie grundsätzlich etwas gegen die Anwesenheit von Juden in dem Gebiet hätten.

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