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Nationalversammlung sieht in Antizionismus Form des Antisemitismus

Das französische Unterhaus hat eine Resolution gegen Antizionismus verabschiedet. Diese war zuvor entschärft worden. Kritiker warnen dennoch vor einer Beschränkung der Meinungsfreiheit.
An der Abstimmung nahmen nur wenige Parlamentarier teil

PARIS (inn) – Die französische Nationalversammlung hält antizionistische Äußerungen für eine mögliche Form des Antisemitismus. Das brachte das Parlament am Dienstag in einer Resolution zum Ausdruck. Für den Entschließungsantrag votierten 154 Parlamentarier, 72 stimmten dagegen. Das Unterhaus hat insgesamt 577 Abgeordnete. Der Entwurf war von einem Abgeordneten der Bewegung „La République en Marche“ von Staatspräsident Emmanuel Macron eingebracht worden.

„Die Nationalversammlung ist der Auffassung, dass die von der Internationalen Allianz zum Holocaust-Gedenken (IHRA) verwendete Arbeitsdefinition es ermöglicht, den gegenwärtigen Antisemitismus so genau wie möglich zu bestimmen“, heißt es in der Resolution. Damit erkennt das Parlament die Auffassung der IHRA an, dass sich Antisemitismus auch gegen den Staat Israel richten kann, „der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird“. Unter den Unterstützern dieser Definition ist auch die deutsche Bundesregierung.

„Antisemitismus hat sich verändert“

„Der Antisemitismus hat sich im 21. Jahrhundert verändert“, führen die französischen Parlamentarier zur Begründung an. Antisemitismus könne durch Antizionismus verschleiert werden. Gleichzeitig betont die Resolution, dass Kritik an der israelischen Politik als solche nicht antisemitisch sei.

Der Beschluss nimmt auch auf Äußerungen des französischen Staatspräsidenten Macron Bezug. Der linksliberale Politiker hatte bereits 2017 erklärt, dass Antizionismus eine neue Form des Antisemitismus sei und diese Ansicht im Februar 2019 noch einmal bekräftigt, nachdem ein Angriff auf den jüdisch-französischen Philosophen Alain Finkelkraut durch „Gelbwesten“ international für Aufsehen gesorgt hatte.

Bezeichnete Antizionismus schon 2017 als neue Form des Antisemitismus: Staatspräsident Macron Foto: Kremlin.ru, Wikipedia
Bezeichnete Antizionismus schon 2017 als neue Form des Antisemitismus: Staatspräsident Macron

Resolution entschärft

Die Resolution war bereits seit mehreren Monaten diskutiert worden. Kritiker warnten im Vorfeld vor einer Einschränkung der Meinungsfreiheit. Das Problem müsse in einem universalen Ansatz angegangen werden, der alle Formen von Diskriminierung bekämpft, hieß es zudem. „Für Palästinenser bedeutet Zionismus Enteignung, Umsiedlung, Besatzung und strukturelle Ungleichheit“, schrieb eine Gruppe von über 100 Intellektuellen außerdem in einem offenen Brief.

Einem französischen Medienbericht zufolge wurde der Resolutionstext letztlich entschärft. So sei eine totale Gleichsetzung von Antizionismus und Antisemitismus vermieden worden, berichtet das US-Journal „The Algemeiner“ unter Berufung auf das französische Magazin „L’Express“. Einige Politiker hatten sich – anders als Präsident Macron – zudem dafür ausgesprochen, den französischen Strafkatalog um einen antizionistischen Tatbestand zu erweitern. So weit geht die nun verabschiedete Resolution nicht. Sie ist vor allem deklarativ und fordert die Regierung unverbindlich auf, die neue Definition unter anderem an die Strafverfolgungsbehörden weiterzugeben.

Lob aus Israel

Lob für den Parlamentsbeschluss kam aus Israel. Außeminister Israel Katz rief andere Länder dazu auf, „in Frankreichs Fußstapfen zu treten“. Der Chef der Einwanderungsbehörde Jewish Agency, Jitzchak Herzog, sprach von einer „historischen Entscheidung“, die ein „moralisches Signal gegen Antisemitismus und Israel-Hass“ setze. Sicherheitsminister Gilad Erdan forderte indes weitere Schritte der französischen Regierung, unter anderem gegen die antisemitische Israel-Boykott-Bewegung BDS.

Frankreich ist Heimat der größten jüdischen Gemeinde Europas. Immer wieder kommt es hier zu antisemitischen Attacken, zum Teil mit Todesfolgen. Die Regierung zählte im Jahr 2018 541 solcher Angriffe, ein Anstieg um 74 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 2004 hatte es 974 Angriffe gegeben. In den vergangenen Jahren machten jährlich einige tausend französische Juden Alija, wie die Einwanderung nach Israel auf Hebräisch genannt wird. 2018 zählte die Jewish Agency rund 2.700 Einwanderer aus Israel und damit weniger als im Vorjahr.

Von: ser

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