JERUSALEM (inn) – Israels Polizei und Geheimdienst bereiten sich mit nie dagewesenen Sicherheitsvorkehrungen für das Begräbnis von Schimon Peres am Freitag vor. Seit dem Begräbnis von Jitzhak Rabin 1995 haben sich nicht so viele hochrangige ausländische Gäste auf einmal in Israel eingefunden. Die Sicherheitsdienste müssen nicht nur die Gäste absichern, sondern auch etwa 100.000 Israelis, die zum Begräbnis kommen wollen.
Im Rahmen der Operation „Jetzt-Morgen“ werden nach Angaben von Polizeichef Roni Alscheich 7.000 Polizeioffiziere, Freiwillige, Grenzschützer und Geheimdienstleute im Einsatz sein. Sie sollen die Sicherheit der ausländischen Gäste garantieren, die öffentliche Ordnung aufrechterhalten und den Verkehr in Jerusalem regeln. Von Donnerstag bis Freitag werden zentrale Verkehrsadern in Jerusalem und die Autobahn von Tel Aviv nach Jerusalem weitgehend gesperrt bleiben.
Der Geheimdienst müsse die genaue Zahl der ausländischen Personenschützer kennen und wissen, wer eine Waffe bei sich trägt. Dies äußerte Lior Akerman, ehemaliger Vizechef des Inlandsgeheimdienstes „Schabak“.
Verlockendes Terror-Ziel
Wegen der internationalen Aufmerksamkeit sei das Begräbnis ein „verlockendes Terror-Ziel“. Die Sicherheitsdienste wollen sich vor allem gegen Anschläge „einsamer Wölfe“ schützen, die ganze zwei Tage Zeit hätten, sich vorzubereiten. Sie wüssten genau, wohin die Menschen strömen und wo die ausländischen Gäste ankommen.
„Das ist ein reiner Sicherheits-Albtraum“, sagte Akerman. Die Terror-Organisationen hätten die Chance, viele Offizielle gleichzeitig zu treffen. Es gehe darum, die Reiserouten sowie die Eingänge und Ausgänge zu den Ereignissen hermetisch zu sperren, damit sich ihnen niemand nähern könne. „Der Schabak weiß, wie man das macht“, ergänzte Akerman.
Voraussichtlich würden die erwarteten Staatsgäste keinen einzigen Augenblick lang einer Gefahr ausgesetzt sein. Ihre Flugzeuge würden sie in „sterilen Gebieten“ verlassen und dann zu gepanzerten Fahrzeugen gebracht werden. Sie sollen in Konvois oder per Hubschrauber nach Jerusalem reisen. Die Polizei werde die Zufahrtsstraßen mit technologischen Mitteln überwachen, um jegliche Gefährdung rechtzeitig zu erkennen. Gezielt würden „gewisse verdächtige Personen“ beobachtet.
Ablauf der Beerdigung
Der Beerdigungszug soll am Freitag um 7.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit die Knesset verlassen, wo Peres seit Donnerstagmorgen für ein Defilé israelischer Bürger aufgebahrt ist. Für 8.30 Uhr ist eine Abschiedszeremonie geplant. Ab 10 Uhr beginnt das eigentliche Begräbnis. Die Zahl der Teilnehmer werde begrenzt sein. Alles soll live auf Leinwände für das Publikum am Herzlberg übertragen werden. Gleich neben dem Grab von Rabin haben Bagger schon die letzte Ruhestätte für Peres ausgehoben.
Am Ben-Gurion-Flughafen sind zahlreiche Flughafenarbeiter angeheuert worden, um rund 95.000 zusätzliche Passagiere abzufertigen, die an dem Staatsbegräbnis teilnehmen wollen. 30 kommerzielle Flüge werden neben 60 Privatflugzeugen landen mit Reportern und Politikern an Bord sowie Menschen, die dem verstorbenen israelischen Staatsmann die letzte Ehre erweisen wollen.
US-Flaggen auf halbmast
Am Donnerstagmorgen hatten Premier Benjamin Netanjahu, Staatspräsident Reuven Rivlin und Knesset-Sprecher Juli Edelstein Kränze an Peres‘ Sarg vor dem Parlament in Jerusalem niedergelegt, berichtet der staatliche Rundfunk. Die Bürger haben bis zum Abend die Gelegenheit, den in eine israelische Flagge gehüllten Sarg zu besuchen und Abschied zu nehmen. Schulen nutzten die erste Unterrichtsstunde des Tages, um über Peres‘ Biografie und seine politischen Leistungen zu sprechen. Zum Begräbnis am Freitag werden die Flaggen aller Regierungs-, Militär- und Polizeigebäude auf halbmast wehen.
Der amerikanische Präsident Barack Obama ordnete an, in allen offiziellen US-Institutionen im Gedenken an Peres die Flaggen bis einschließlich Freitag auf halbmast zu setzen. Das gelte auch für alle amerikanischen Übersee-Delegationen, Militärbasen und Kriegsschiffe.
Geburtsort und Bundestag gedenken
In Peres‘
weißrussischem Geburtsort Wischnewa hatten sich indes Anwohner am Mittwoch versammelt. Vor dem Haus, in dem Peres seine Kindheit verbrachte, zollten sie dem verstorbenen Präsidenten ihren Respekt, berichtet die Nachrichtenagentur „Jewish Telegraphic Agency“. Als Peres geboren wurde, hieß das Dorf noch Wiszniew und gehörte zu Polen. Peres immigrierte als „Szymon Perski“ mit elf Jahren zusammen mit seiner Familie nach Palästina unter britischem Mandat.
Auch der deutsche Bundestag gedachte des ehemaligen Präsidenten, berichtet der „Deutschlandfunk“. Bundestagspräsident Norbert Lammert würdigte Peres am Donnerstag als bedeutenden Staatsmann und „unermüdlichen Mittler zwischen den Völkern“. Deutschland sei ihm zum großen Dank verpflichtet und werde ihm ein ehrendes Gedenken bewahren.
„Es war einer der großen, klugen Köpfe, die den jüdischen und demokratischen Staat in jeder Hinsicht verteidigt haben“, sagte der Bundestagsabgeordnete von Bündnis90/Die Grünen, Volker Beck, über Schimon Peres auf Anfrage von Israelnetz. Der Vorsitzende der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe des Bundestages lobte die Klarheit und die Vision Peres‘. Dieser habe erkannt, dass Israels Sicherheit auf Dauer nur zu haben sei, wenn es auch einen selbstbestimmten palästinensischen Staat gebe, der im Frieden mit seinem israelischen Nachbarn lebe. In Becks Augen war Peres jemand, der den Friedensnobelpreis zu Recht erhalten hat: „Auch wenn das Projekt, für das er diesen erhalten hat, dann in der Entwicklung gescheitert ist.“
Der verstorbene Politiker habe immer an die Richtigkeit dieser Richtung geglaubt und auch dafür in der israelischen Gesellschaft und dem internationalen Parkett geworben. „Ich habe ihn im vergangenen Jahr das erste und letzte Mal live getroffen“, erzählte Beck. Er habe in seiner Stiftung in Tel Aviv gearbeitet und sei trotz seines hohen Alters immer noch schwer aktiv gewesen. Das habe sowohl Fragen der israelischen Zivilgesellschaft betroffen, als auch das Bemühen, mit seiner politischen Stimme weiter Einfluss zu nehmen, dass man von diesem Pfad nicht abkomme.
„Tag des Zorns“
Die Hamas fordert dagegen die Palästinenser auf, am Freitag einen „Tag des Zorns“ abzuhalten, wie die Online-Zeitung „Times of Israel“ berichtet. Der Aufruf soll die vor einem Jahr begonnene Terrorwelle gegen Israelis markieren. „Die Palästinenser sind sehr froh darüber, dass dieser Kriminelle gestorben ist, der sich für ihr Blutvergießen verantwortlich zeichnete“, sagte Pressesprecher Sami Abu Suhri. Peres sei der letzte verbliebene Offizielle Israels gewesen, der die Besatzung mit begründet habe. Sein Tod bedeute das Ende der Besatzungsphase und den Beginn einer neuen Phase der Schwäche.
Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, drückte am Mittwoch seine Trauer über Peres‘ Tod aus. In seinem Kondolenzschreiben an die Familie zeigte er seinen Kummer und sein Mitgefühl für die Angehörigen. Peres sei ein Partner im Friedensprozess mit Jasser Arafat und Premier Rabin gewesen. Bis zu seinen letzten Momenten habe er sich für den Frieden des Osloer Abkommens eingesetzt. (uws/mm)