Die Knessetabgeordnete der Vereinigten Arabischen Liste, Hanin Suabi, fällt hin und wieder durch israelfeindliche Aktionen auf. So befand sie sich im Mai 2010 auf dem
Schiff „Mavi Marmara“, das die Blockade des Gazastreifens durchbrechen wollte. Am Sonntag hat sie auf einer Gedenkveranstaltung an die Reichspogromnacht vom 9. November 1938 gesprochen – und dabei Vergleiche zwischen nationalsozialistischer und israelischer Politik gezogen. Organisator war die linksgerichtete Plattform „Rassismus und Exklusion beenden“.
Israel habe „mehr als 80 Gesetze erlassen“, die Palästinenser diskriminierten, sagte Suabi bei der Veranstaltung im ehemaligen jüdischen Viertel der niederländischen Hauptstadt. Die Regeln seien vergleichbar mit den Bedingungen, unter denen Juden 1938 zur Zeit der Pogromnacht in Deutschland gelebt hätten. „Ich bin kein Einwanderer in meinem Heimatland“, zitiert die Onlinezeitung „Times of Israel“ die Araberin, die 1969 in Nazareth geboren wurde. Sie sei einer von 120.000 Menschen ihres Volkes, die 1948 nicht durch Israel vertrieben worden seien.
„Moralischer Abstieg wie in den 1930er Jahren“
Suabi betonte in der 15-minütigen englischen Ansprache, sie teile den Kampf der jüdischen Opfer der Pogromnacht. Deren zentrale Lektion sei nicht gelernt worden. Israel begehe eine „ethnische Säuberung“ wie in der Zeit des Nationalsozialismus. „Ich bin geehrt, im Namen der Opfer der Kristallnacht zu sprechen, und im Namen aller Opfer von Rassismus und Unterdrückung“, ergänzte die israelische Araberin. „Die meisten Israelis glauben heute, dass die zionistischen jüdischen Werte wichtiger seien als Demokratie. Es ist leicht, den allmählichen moralischen Abstieg zu bemerken, der uns an Deutschland in den 1930er Jahren erinnert.“
Als ein Beispiel für eine mit den Nazis vergleichbare Politik gegen die Palästinenser benannte Suabi den israelischen Bildungsminister
Naftali Bennett. Dieser habe gesagt: „Es ist in Ordnung, Araber zu töten, ich habe es mehrere Male getan.“ Der Vorsitzende der Partei „HaBeit HaJehudi“ selbst hatte seinerzeit als Reaktion auf Kritik präzisiert, es sei ihm um das Töten feindlicher Kämpfer bei Militäroperationen gegangen.
An der Veranstaltung in Amsterdam nahmen etwa 200 Menschen teil, viele trugen eine Kippa oder schwenkten israelische Flaggen. Ein Klezmer-Trio spielte vor der Rede traurige jiddische Lieder. Mehrere pro-israelische Demonstranten protestierten durch Zwischenrufe gegen die Nazivergleiche. Sie wurden durch das Sicherheitspersonal entfernt, schreibt die „Times of Israel“.
Suabi bekräftigt Äußerungen
Aus der Likud-Partei von Premierminister Benjamin Netanjahu kam scharfe Kritik an Suabis Äußerungen. Die stellvertretende Außenministerin Zippi Hotovely bezeichnete am Montag die Beteiligung der arabischen Politikerin an dem Gedenken als „Verhöhnung“. Die Abgeordnete „nutzt die Tragödie des jüdischen Volkes, um ihre Verunglimpfung und Lügen zu verbreiten, während sie selbst zu Terror und der Ermordung an Juden ermutigt“. Tourismusminister Jariv Levin forderte gegenüber dem Fernsehsender „Kanal 10“, Suabi aus der Knesset auszuschließen.
Hingegen verteidigte die Parlamentarierin ihre Rede im Gespräch mit dem Radiosender „Galei Zahal“. Sie habe versucht, „die Tragödie der Kristallnacht aus einer universellen, menschlichen Perspektive zu betrachten“. Dazu gehöre es, „Solidarität mit den Opfern von Verbrechen und Tragödien zu zeigen, ungeachtet der Identität“. Die Ansprache sei von Holocaust-Überlebenden bei der Veranstaltung begrüßt worden.
Suabi fügte an, ihre Vergleiche hätten das Thema unbeteiligtes Zuschauen angesichts von Ungerechtigkeiten in den Blick rücken sollen. Die „Nicht-Anerkennung der Unterdrückung einer gesamten Nation“ sei ähnlich wie das Schweigen der Welt, als Hitler begann, seine Politik des Völkermordes an den Juden umzusetzen. Gegen die Politikerin laufen derzeit
Ermittlungen wegen Hetze zu Gewalt.
Imam: Ritualmordanklage gegen Juden
Die Plattform organisiert Anfang der 1990er Jahre ein Gedenken an die Pogromnacht. Vergleiche mit Nazis gibt es seit 2010. Im Jahr 2009 sprach bei der Veranstaltung ein Imam, der Juden beschuldigte, in Damaskus Blut für Matzen zu verwenden.
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 waren im gesamten deutschen Reich Synagogen in Brand gesteckt, jüdische Geschäfte geplündert und Juden deportiert worden. Als Vorwand für die Aufstachelung zur Gewalt nutzten die Naziführer ein Attentat auf den Legationsrat der deutschen Botschaft in Paris, Ernst vom Rath. Dieses hatte der 17-jährige polnische Juden Herschel Grynszpan am 7. November verübt. Im Rückblick gilt die Reichspogromnacht, die auch unter dem Namen „Reichskristallnacht“ bekannt ist, als Signal zum Völkermord an den Juden Europas. (eh)