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UNO wirft Israel und der Hamas Kriegsverbrechen vor

NEW YORK (inn) - Eine Untersuchungskommission der Vereinten Nationen ist zu dem Schluss gekommen, dass sowohl Israel als auch die Hamas während des Gazakrieges Anfang des Jahres Kriegsverbrechen begangen haben. Das geht aus einem am Dienstag veröffentlichten Bericht vor. Das israelische Außenministerium reagierte "entsetzt und enttäuscht" auf das fast 600 Seiten umfassende Dokument.

Die Kommission war im April vom UN-Menschenrechtsrat mit der Untersuchung von 36 speziellen Fällen beauftragt worden. Für die Nachforschungen wurden 188 Interviews geführt sowie mehr als 10.000 Dokumente und rund 12.000 Videos und Fotos untersucht, heißt es in einem Bericht der Tageszeitung „Jerusalem Post“.

„Die Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass von israelischer Seite Handlungen begangen wurden, die Kriegsverbrechen und möglicherweise in mancher Hinsicht auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommen“, erklärte UN-Sonderermittler Richard Goldstone, der die Kommission anführte.

Die Ermittlungen hätten ergeben, dass bei der Militäroperation von israelischer Seite aus „direkte Angriffe auf Zivilisten mit tödlichem Ausgang“ verübt wurden. Genannt wird unter anderem der Beschuss einer Moschee während der Gebetszeit, bei dem 15 Menschen getötet wurden. Weiter wird ein Angriff auf das Al-Kuds-Krankenhaus sowie auf ein Wohnhaus angeführt, in welchem Zivilisten Schutz gesucht hatten. Zudem werden sieben Fälle genannt, in denen Soldaten auf palästinensische Zivilisten geschossen hätten, die mit einer weißen Flagge ihre Häuser verlassen hatten, um Schutz zu suchen. Diese Attacken stellten Kriegsverbrechen dar. Da die israelische Armee hochmoderne Waffen einsetzte, Angriffe plante und nach eigenen Angaben so gut wie keine Irrtümer auftraten, sieht die Kommission die Ergebnisse in den genannten Fällen als bewusst geplant und als politische Entscheidung an, heißt es weiter.

Laut dem Bericht gibt es auch Beweise dafür, dass „bewaffnete palästinensische Gruppen Kriegsverbrechen sowie möglicherweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben“, indem sie Raketen auf Südisrael abfeuerten und dabei nicht zwischen militärischen und zivilen Zielen unterschieden.

Kommission fordert überwachte Untersuchung von Israel

In dem Bericht wird dem Internationalen Sicherheitsrat zudem empfohlen, Israel zu einer Untersuchung der Vorfälle im Gazastreifen aufzufordern. Diese Ermittlungen sollten von einer unabhängigen Institution überwacht werden. Würden innerhalb von sechs Monaten keine Fortschritte erzielt, sollte der Fall dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag vorgelegt werden. Ähnliche Bemühungen sollten bei der palästinensischen Seite unternommen werden, heißt es weiter.

„Israel ist angewidert und aufgebracht“

Israelische Regierungsvertreter zeigten sich nach Veröffentlichung des Berichtes fassungslos darüber, dass in dem Dokument die von Israel bereits geführten Ermittlungen nicht anerkannt werden. „Wir haben nichts, wofür wir uns schämen müssten, und brauchen keine Lehrstunden in Moral von einem Komitee, das von Syrien, Pakistan, Bangladesch, Malaysia und Somalia errichtet wurde“, sagte Jossi Levy, ein Sprecher des Außenministeriums. „Israel ist angewidert und aufgebracht über einen Bericht, der uns nicht durch seine Unausgeglichenheit überrascht, sondern durch das Fehlen eines jeglichen wirklichen Anscheins von Ausgeglichenheit“, so Levy weiter. Er bezeichnete den Report als „eines der schmachvollsten Dokumente in der langen Sammlung von beschämenden Berichten, die von den UN herausgegeben wurden“.

Das Außenministerium wies in einer Stellungnahme darauf hin, dass die israelische Armee mehr als 100 Vorwürfe zu Handlungen von Soldaten während des Einsatzes im Gazastreifen untersucht hat. Dies habe zu strafrechtlichen Ermittlungen in 23 Fällen geführt.

Israel bereits vor Untersuchungsbeginn verurteilt

Bei der Vorstellung des Berichts am Dienstag bemängelte die Kommission, dass Israel bei den Untersuchungen nicht kooperiert habe. Israelische Regierungsvertreter erklärten die Ablehnung mit dem Hinweis darauf, dass Israel bereits vor Beginn der Untersuchungen in der Gründungsresolution der Kommission für schuldig erklärt worden war. In dem Schriftsatz hieß es bereits damals, Israel habe „massive Menschenrechtsverletzungen begangen“. Westliche Mitglieder wie die Staaten der Europäischen Union, die Schweiz, Kanada und Japan hatten die Resolution daher nicht unterstützt.

Keine Beweise für Missbrauch von Zivilisten durch die Hamas

Außerdem habe der Menschenrechtsrat „Israel mehr Resolutionen gewidmet und es verurteilt, als allen anderen Ländern auf der Welt zusammen. Es ist überflüssig zu erwähnen, dass keine Resolution oder Untersuchungskommission hinsichtlich des Abschusses von 12.000 Raketen und Granaten auf israelische Zivilisten in den Jahren vor der Gaza-Operation initiiert wurde“, heißt es in der Erklärung des Außenministeriums weiter. Es bemängelte zudem, dass der Bericht die Strategie der Hamas ignoriert, von zivilen Gegenden aus zu operieren und diese in ein Schlachtfeld zu verwandeln. Obwohl die Hamas selbst Frauen und Kinder lobte, die als menschliche Schutzschilde auftraten, heißt es in dem Bericht wiederholt, dass keine Beweise für solch einen Missbrauch durch die Hamas gefunden wurden.

In dem Bericht werde zwar auch wiederholt erwähnt, dass die Armee „ernsthafte Bemühungen“ unternommen hat, um die Bevölkerung vor Angriffen zu warnen, diese Maßnahmen seien jedoch nicht effektiv gewesen.

Als besorgniserregend bezeichnete das Außenministerium die Tatsache, dass die Mitglieder der Untersuchungskommission bei ihrem Besuch im Gazastreifen ständig von Hamas-Vertretern begleitet wurden. Zudem wurde ein Mitglied der Kommission, das bereits vor Beginn der Untersuchung Israel in der Öffentlichkeit verurteilt hatte, nicht wegen Befangenheit abgelehnt. Bei den Interviews mit Palästinensern wurde außerdem nicht nach terroristischen Aktivitäten der Hamas gefragt, auch Waffenverstecke in zivilen Gegenden wurden nicht angesprochen. Dies deute darauf hin, dass diese Gespräche Teil einer instrumentierten politischen Kampagne waren, heißt es weiter.

PA reagiert positiv

Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) begrüßte den Bericht. Dieser bestätige alle Vorwürfe, dass Israel „Kriegsverbrechen“ gegen die Bevölkerung im Gazastreifen begangen habe. Sie lobte auch die Anklagen gegen die Hamas. Die radikal-islamische Organisation sei ebenfalls verantwortlich für „Kriegsgräuel“ gegen Palästinenser.

Bis zum Mittwochmorgen gab es noch keine Stellungnahme seitens der US-Regierung zu dem Bericht. Ein Regierungsvertreter bestätigte, dass eine Abschrift vorliegt. Er kündigte eine sorgfältige Prüfung der Ergebnisse an.

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