GAZA / JERUSALEM (inn) – Die Hamas im Gazastreifen hat am Wochenende zwei weitere Gruppen israelischer und ausländischer Geiseln freigelassen. Eine 84-Jährige befindet sich in Lebensgefahr. Nach Angaben des Soroka-Krankenhauses in der Wüstenhauptstadt Be’er Scheva wurde sie von den Terroristen nach der Entführung vor sieben Wochen medizinisch vernachlässigt.
Elma Avraham wurde am Sonntagabend nach ihrer Freilassung aus der Geiselhaft direkt zum Soroka-Krankenhaus geflogen. Dort wird sie künstlich beatmet. Am 7. Oktober war sie aus dem Kibbutz Nahal Os verschleppt worden. In ihrem Haus konnte sie den Schutzraum nicht verschließen, weil die Tür zu schwer war. Sie lebt seit 1974 in Nahal Os.
Zu den Freigelassenen vom Sonntag gehört auch Avigail Idan. Während der Geiselhaft erlebte sie ihren vierten Geburtstag. Ihre Eltern wurden bei dem Terrorangriff der Hamas ermordet. Die beiden Geschwister, die neun und sechs Jahre alt sind, überlebten.
Avigail hat die israelische und die amerikanische Staatsbürgerschaft. Deshalb hatte sich auch US-Präsident Joe Biden (Demokraten) für ihre Freilassung eingesetzt. Nun sagte er, seine Frau Jill und er beteten wie viele Amerikaner dafür, dass sie das „furchtbare Trauma“ überwinden werde.
Bei den 14 Israelis, die am Sonntag freikamen, handelt es sich um neun Kinder, vier Frauen und einen Mann: Roni Krivoi. Er hat auch die russische Staatsbürgerschaft. Seine Freilassung kam auf direkte Anfrage von Präsident Wladimir Putin (Vereintes Russland) zustande, sie war nicht im Abkommen zwischen Israel und der Hamas enthalten. Zudem entließ die Hamas drei Thailänder aus der Geiselhaft.
Hamas verzögerte Freilassung der zweiten Gruppe
Bereits am Freitag waren 13 Israelis freigekommen, unter ihnen vier Kinder. Am Samstag verzögerte die Hamas die Freilassung von 13 weiteren Israelis und vier Thailändern. Als Begründung gab sie an, Israel halte sich nicht an Abmachungen bezüglich der Lastwagen mit Hilfsgütern und der pro Tag 39 zu entlassenden palästinensischen Häftlinge. Doch der Palästinensische Rote Halbmond bestätigte, dass am Samstag 50 von 200 eingetroffenen Lastwagen ins nördliche Gebiet gefahren seien.
Israel drohte, die Feuerpause werde um Mitternacht auslaufen, wenn die Geiseln nicht freikämen. Katar, Ägypten und die USA übten Druck auf die Hamas aus. Nach mehrstündiger Verzögerung übergab die Terrorgruppe die Entführten am späten Abend an das Internationale Rote Kreuz, wie der Sender „Kan“ dokumentierte. Dann konnten sie über Ägypten nach Israel gebracht werden. Acht Kinder waren dabei.
Für den heutigen Montag ist ein vierter Austausch vorgesehen. Dann endet die seit Freitagmorgen geltende Feuerpause, sie kann aber auf zehn Tage verlängert werden. Die Hamas pocht darauf. Auch in Israel gibt es eine grundsätzliche Bereitschaft für eine Ausweitung des Abkommens. Es fordert für jeden Tag Feuerpause die Freilassung von zehn Geiseln.
Nach israelischer Einschätzung befinden sich noch 183 Geiseln in der Gewalt der Hamas. Unter ihnen sind 18 Kinder und 43 Frauen.
Geisel wollte für ältere Frau Platz machen
Besonderes Lob erhielt indes die am Freitag freigelassene Adina Mosche. Die 72-Jährige hatte sich gegenüber der Hamas für eine ältere Frau eingesetzt, die sich in einem schlimmeren Zustand befindet als sie selbst. Sie diskutierte mit einem Terroristen darüber, dass diese Geisel an ihrer Stelle freikommen solle. Der israelische Gesundheitsminister Uriel Busso (Schass) sagte: „Dies ist die Essenz von Tapferkeit, wie sie von solch außerordentlichen Menschen gezeigt wird.“
Eine Nichte der ehemaligen Geisel, Ma’ajan Mosche, erzählte der britischen Zeitung „The Times“, am Freitag habe der Raketenalarm plötzlich aufgehört. „Das war für meine Tante ein Signal, dass sich etwas veränderte. Als sie aus dem Tunnel geführt wurden, überkam sie eine Welle von Furcht. Sie glaubten, dass sie zu ihrer Hinrichtung hinausgebracht würden. In dem Augenblick, in dem sie die Rotes-Kreuz-Fahrzeuge erspähten, begriffen sie, dass ihre Reise in die Freiheit begonnen hatte.“ Die Hamas habe die Geiseln bis zur letzten Minute terrorisiert.
Adina Mosche konnte am Sonntag das Krankenhaus verlassen, in das sie vorsorglich zur Untersuchung gebracht worden war. Am 7. Oktober war ihr Mann vor ihren Augen von Terroristen ermordet worden. Sie ist bestürzt, weil sie nicht an seiner Beerdigung teilnehmen konnte, schreibt die Zeitung „Yediot Aharonot“.
Netanjahu besucht Truppen im Gazastreifen
Unterdessen besuchte Benjamin Netanjahu (Likud) als erster israelischer Regierungschef seit etwa 20 Jahren den Gazastreifen. Dort informierten ihn Armeekommandeure über die aktuelle Sicherheitslage. Das Militär hat angekündigt, nach dem Ende der Feuerpause die Operation zur Zerstörung der Hamas fortzusetzen. (eh)
3 Antworten
Ich hoffe, dass das Leben von Elma Avraham gerettet werden kann ! Allen Geiseln wünsche ich alles Gute, möge die Welt endlich erkennen, dass mit der HAMAS kein Frieden möglich ist.
In der heutigen Zeit erinnere ich mich an 1996, als ich einst in Israel war und der Frieden greifbar nahe war. Auch damals hat die HAMAS dafür gesorgt, dass kein wirklicher Frieden zustande kam nach Oslo, ich erinnere mich noch daran, dass die HAMAS schon damals kein Interesse hatte, Oslo wirklich werden zu lassen. Die HAMAS wird immer so bleiben wie sie ist, und die Welt muss einsehen, dass mit Terroristen kein Frieden möglich ist. Ohne den IDF-Einsatz gäbe es bald wieder einen 7.Oktober.
Mögen alle freigelassenen Geiseln Beistand und Hilfe erfahren und von liebevollen Menschen umgeben sein, die sie trösten und stärken.
Und die, die nach wie vor gefangen sind, sich gegenseitig stützen.