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Nach einem Jahrhundert: Israeli feiert späte Bar Mitzva

Normalerweise feiern Juden ihre Bar Mitzva mit 13 Jahren. Doch der älteste Mann der Welt konnte dies erst 100 Jahre später nachholen – und hat das Fest sehr genossen.
Im März übergab Rekordrichter Marco Frigatti die Urkunde an Israel Kristal

HAIFA (inn) – Ein besonderes Geschenk hat ein hochbetagter Israeli zum Geburtstag erhalten: Er konnte nach 100 Jahren seine Bar Mitzva nachfeiern. Als Israel Kristal 13 Jahre alt war, hatte der Erste Weltkrieg die Feier der Religionsmündigkeit verhindert. Der Auschwitz-Überlebende gilt seit März offiziell als ältester Mann der Welt.
Kristal hatte seit Jahren davon geträumt, die versäumte Bar Mitzva nachzuholen. Als er am 15. September 113 Jahre alt wurde, erfüllte ihm seine Familie diesen Wunsch. Gemeinsam mit seinen zwei Kindern, den Enkeln und fast 30 Urenkeln beging er das Fest am ersten Oktoberwochenende in Haifa, wo er auch lebt. Dies berichtete die Nachrichtenagentur „Jewish Telegraph Agency“.
Die Tochter Schulamit Kristal Kuperstoch sagte der Nachrichtenagentur AP, ihr Vater habe sich sehr über die Feier gefreut: „Jeder sang und tanzte um ihn herum. Er war sehr glücklich. Es war immer sein Traum, eine Bar Mitzva zu haben, und er hat den Augenblick wirklich zu schätzen gewusst.“ Der Vater sei immer noch bei guter Gesundheit. Zudem erinnere er sich an sein Leben am Anfang des 20. Jahrhunderts.

Eltern früh verloren

Israel Kristal wurde am 15. September 1903 in eine religiöse Familie im polnischen Örtchen Zarnow hineingeboren. Es gehörte damals zum Russischen Reich. Seine Eltern hießen Moszek-David und Brucha Krystztal. Der Vater wurde während des Ersten Weltkrieges von der russischen Armee eingezogen und fiel kurz darauf. Die Mutter war bereits 1910 verstorben.
Mit 17 Jahren zog Kristal 1920 nach Lodz. Dort arbeitete er in einer Konditorei, die sich im Familienbesitz befand. Er heiratete 1928 Chaia Feige Frucht, sie bekamen zwei Kinder. 1940 musste die Familie ins Ghetto ziehen. Auch dort stellte er Süßwaren her. Die beiden Kinder starben. Als das Ghetto im August 1944 aufgelöst wurde, deportierten die Nazis das Ehepaar nach Auschwitz. Im Vernichtungslager kam Chaia ums Leben. Bei der Befreiung durch die Rote Armee wog Kristal nurmehr 37 Kilogramm. Im Krankenhaus verteilte er Süßigkeiten an sowjetische Soldaten.
Der Überlebende heiratete nach dem Zweiten Weltkrieg erneut und wanderte 1950 mit seiner zweiten Ehefrau nach Israel aus. Auch in Haifa arbeitete er als Konditor.

Rätsel um langes Leben bleibt ungelöst

Am 11. März hat das „Guinness Buch der Rekorde“ Israel Kristal offiziell zum ältesten Mann der Welt erklärt. Infolgedessen antwortete er auf die Frage, welches Geheimnis dahinterstecke: „Das Geheimnis für ein langes Leben kenne ich nicht. Ich glaube daran, dass alles von Gott vorherbestimmt ist und wir niemals seine Beweggründe kennen werden. Es gab klügere, stärkere und schönere Männer als mich, die vor mir gestorben sind. Alles, was wir tun können, ist, hart daran zu arbeiten, wieder zu erlangen, was verloren gegangen ist.“ (eh)Holocaustüberlebende begegnen Nachfahren ihrer Retter (inn)
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