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Nach antisemitischen Äußerungen: Staatsanwaltschaft sieht keine Volksverhetzung

Er ist bereits mehrfach wegen antisemitischer Äußerungen aufgefallen: Der frühere Mediziner Bhakdi. Die Kieler Staatsanwaltschaft sieht in seinen Aussagen jedoch keinen Tatbestand der Volksverhetzung.
Sucharit Bhakdi erklärt in einem Video die angebliche Wirkfunktion des Corona-Impfstoffes

KIEL (inn) – Schon oft hat sich der ehemalige Mediziner und Bundestagskandidat der dieses Jahr entstandenen Kleinpartei „Die Basis“, Sucharit Bhakdi, antisemitisch geäußert. Diese Aussagen hat die Staatsanwaltschaft Kiel nun juristisch untersucht. Sie kommt jedoch zudem Ergebnis, dass es sich dabei nicht um den Tatbestand der Volksverhetzung oder der Holocaustrelativierung handelt.

Im konkreten Fall geht es um folgende Aussage aus einem seiner Videos: „Das Volk, das geflüchtet ist aus diesem Land, aus diesem Land, wo das Erzböse war, und haben ihr Land gefunden, haben ihr eigenes Land in etwas verwandelt, was noch schlimmer ist, als Deutschland war. (…) Das ist das Schlimme an den Juden: Sie lernen gut. Es gibt kein Volk, das besser lernt als sie. Aber sie haben das Böse jetzt gelernt – und umgesetzt. Deshalb ist Israel jetzt living hell – die lebende Hölle.“

In einer Erklärung der Staatsanwaltschaft, die der „Tagesschau“ vorliegt, heißt es: „Die Äußerungen des Beschuldigten in dem Video richten sich vornehmlich gegen den Staat Israel als solchen, wobei er sich auf die dortige Politik im Zuge der Maßnahmen zur Eindämmung der COVID 19-Pandemie bezieht.“ Es könne zudem nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden, dass Bhakdi die Zustände im Nationalsozialismus verharmlosen oder billigen wollte.

Kritik an der Entscheidung äußert der Präsident des Thüringischen Verfassungsschutzes, Stephan Kramer: „Sieht man sich die Formulierung aber an, so werden ‚Juden‘ explizit angesprochen – und nicht nur der Staat Israel.“ Die Staatsanwaltschaft versuche nicht einmal eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt. Kramer fordert gegenüber der „Tagesschau“ „mutige Staatsanwaltschaften und Richter“, die sich Paragraph 130 des Strafgesetzbuchs zur Volksverhetzung wieder in Erinnerung rufen.

Antisemitismusbeauftragte in Justiz

Dem Antisemitismusbeauftragten Baden-Württembergs, Michael Blume, überrascht nach eigener Aussage die Begründung der Staatsanwaltschaft, dass Israel als Staat nicht gesetzlich geschützt sei. Aus seiner Sicht sei diese Entscheidung eine weitere „ernüchternde Erfahrung mit der Justiz“.

Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft ist für den Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, ein Zeichen dafür, dass es einer Sensibilisierung der deutschen Justiz im Umgang mit Antisemitismus bedarf. Er setze sich deswegen für Antisemitismusbeauftragte in Staatsanwaltschaften ein. Aus der Sicht von Klein hat außerdem die Corona-Pandemie dazu beigetragen, dass Antisemitismus heute wieder salonfähiger sei.

Besonders erschüttere Klein, dass es sich bei Bhakdi um eine Person handelt, die als Bundestagskandidat und „damit als Repräsentant unserer parlamentarischen Demokratie“ angetreten ist. „Die Basis“ wiederum rechtfertigte die Aussagen Bhakdis damit, dass er kein deutscher Muttersprachler ist und ihm politische Erfahrung fehle. Die „unglückliche Wortwahl“ entspringe „der Sorge um die Menschen in Israel“. Der Antisemitismus-Vorwurf sei falsch.

Kein Einzelfall

Die wissenschaftliche Referentin der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS), Anja Thile, übt ebenfalls Kritik an der deutschen Justiz und hält die Entscheidung für nicht gerechtfertigt: „Sie ist aber leider kein Einzelfall in der deutschen Strafverfolgung. Antisemitische Straftaten, die einen Bezug zu Israel aufweisen, werden sehr oft nicht als antisemitisch interpretiert.“ Anti-israelischer Antisemitismus sei die am weitesten verbreitete Form des Judenhasses, die zudem immer aggressiver auftrete.

Von: mas

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