Schimon Sabag, der Organisator des Abends, wies jede Kritik zurück, die sein Projekt als “makaber” oder “abwegig” bezeichnet hatte. Die Gewinnerinnen seien vor allem aufgrund ihrer persönlichen Geschichte, ihrer schlimmen Erfahrungen in der Nazizeit und ihrer Leistungen zum Wiederaufbau ihres Lebens nach dem Krieg ausgewählt worden. Das Äußere habe nur eine winzige Rolle gespielt.
„Sie haben sich wohl gefühlt. Sie hatten großes Vergnügen und viel Spaß – schon bei den Proben“, sagte Sabag der Zeitung „Ha‘aretz“. Sabag ist der Direktor der Stiftung “Hilfe für einen Freund”, die sich bedürftigen Holocaustlebenden widmet. Noch etwa 200.000 von ihnen leben in Israel, und viele unter der Armutsgrenze. „Die Tatsache, dass sich so viele beworben haben, war für uns ein Beweis, dass wir eine gute Idee hatten.“
Etwa 600 Gäste nahmen an dem Abend teil, darunter zwei Minister. Musik wurde gespielt, und auch ein üppiges Abendessen gehörte dazu. Die Gewinnerinnen präsentierten sich dem Publikum mit ihrer Lebensgeschichte. „Ich habe das Privileg, der Welt zu zeigen, dass Hitler uns auslöschen wollte, während wir noch immer am Leben sind. Wir genießen auch, Gott sei Dank, das Leben“, sagte die 74 Jahre alte Esther Libber. Sie musste aus ihrem Heim in Polen fliehen, versteckte sich im Wald und wurde von einer polnischen Frau gerettet. Sie hat ihre gesamte Familie im Holocaust verloren.
Hava Herschkovitz, bald 79 Jahre alt, wurde aus ihrem Haus in Rumänien 1941 vertrieben und verbrachte drei Jahre in einem Gefangenenlager in der Sowjetunion. „Dieser Saal ist gefüllt mit Überlebenden. Wir suchen Aufmerksamkeit und Teilnahme. Es ist nicht leicht, in diesem Alter noch an einem Schönheitswettbewerb teilzunehmen. Aber so zeigen wir allen, dass wir immer noch da sind.“ Ihre Enkelin Hasan sagte: „Ich bin sehr stolz auf sie, denn sie ist heute die Schönste im Saal.“
Eine Kosmetikfirma half den Frauen, sich für den Anlass einzukleiden. Sabag erklärte: “Wir sagen ihnen immer wieder, dass sie sich gut kleiden und gut aussehen sollten, positiv denken und sich gut pflegen. Sie sollten das Leben immer mit einem Lächeln betrachten und weiter am Leben bleiben.“
„Eine schreckliche Veranstaltung“
Die Abgeordnete Colette Avital, selber aktiv in einer Organisation für Holocaust-Überlebende, hielt die Veranstaltung für eine „billige“ Masche einer (namentlich nicht genannten) Kosmetikfirma, um für ihre Produkte Reklame zu machen. Lili Haber, die sich um Überlebende aus Polen kümmert, bezeichnete die Veranstaltung als „schrecklich“ und als etwas, „was sich eine anständige Person nicht ausdenken könnte“.
Als hätten nicht auch alternde Überlebende der Schrecken des Holocaust ein Recht darauf, sich zu vergnügen und zu lachen, meinte der bekannte israelische Blogger Gal Mor: „Die Veranstaltung war nur einen kleinen Schritt von ‚Big Brother Auschwitz‘ entfernt. Das hinterlässt einen schlechten Geschmack. Holocaust-Überlebende sollten über solchen Dingen stehen.“
Während Millionen Menschen das unangefochtene Recht haben, sich mit „Big Brother“ und anderen „Reality Shows“ zu zerstreuen, soll offenbar ausgerechnet jenen das Recht versagt werden, einfach nur „Mensch“ zu sein und sich auch mal zu amüsieren, denen in der Kindheit die Zugehörigkeit zur Menschheit abgesprochen worden war, und von denen viele ihre gesamte Familie in den Gaskammern verloren haben.