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Minister Ben-Gvir sorgt auf dem Tempelberg für Aufregung

Sicherheitsminister Ben-Gvir besucht den Tempelberg und verkündet erneut eine Änderung des Status quo. Videos zeigen zahlreiche Juden, die auf dem Areal beten. Die Empörung ist groß – auch in Israel.
Von Israelnetz

JERUSALEM (inn) – Israels Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir (Ozma Jehudit) hat am Dienstag mit einem Besuch auf dem Tempelberg sowohl in Israel als auch international eine Welle der Kritik ausgelöst. Zum jüdischen Trauertag „Tischa BeAv“, der an die Zerstörung der beiden antiken Tempel erinnert, verkündete Ben-Gvir in einem Video, „unsere Politik“ sei, „Gebete zu erlauben“. Es gebe „großen Fortschritt“. Im Hintergrund war der Felsendom der Muslime zu sehen, und ein Begleiter rezitierte lautstark das „Schma Israel“.

In einem weiteren Video war zu sehen, wie Ben-Gvir auf dem Tempelberg laut „Am Israel chai“ (Das Volk Israel lebt) singt. Weitere Aufnahmen zeigten religiöse Juden, die beteten und sich flach auf den Boden legten. Auf den Aufnahmen hatte es den Anschein, dass die Polizei, die Ben-Gvir unterstellt ist, dagegen nicht einschritt. Israelische Medien berichten allerdings, dass 40 Besucher wegen Regelverstößen vom Tempelberg entfernt und mehrere auch vernommen worden seien.

Premier stellt klar: Status quo gilt

Hintergrund der Aufregung ist, dass gemäß des sogenannten Status quo zwischen den Religionen Nicht-Muslime auf dem Tempelberg eigentlich nicht beten dürfen. Ben-Gvir hatte bereits zuvor behauptet, er habe diese Regel geändert. Das Büro des Premierministers widersprach stets und betonte, der Status quo bleibe erhalten.

Auch dieses Mal hieß es aus dem Büro des Premierministers, es sei der Premier, der die Politik auf dem Tempelberg festlege. So etwas wie eine „Privatpolitik irgendeines Ministers“ gebe es nicht. Der „Zwischenfall“ am Morgen sei „eine Abweichung vom Status quo“: „Israels Politik auf dem Tempelberg hat sich nicht geändert; so war es und so wird es bleiben.“

Ben-Gvir widersetzt sich Netanjahu

Ben-Gvir widersetzte sich dem in einer Stellungnahme daraufhin erneut offen: „Die Politik des Sicherheitsministers lautet, Religionsfreiheit für Juden überall, auch auf dem Tempelberg, sicherzustellen.“ Es gebe kein Gesetz, das rassistische Diskriminierung gegen Juden auf dem Tempelberg erlaube: „Der Tempelberg ist souveränes Gebiet in der Hauptstadt des Staates Israel.“

In Israel sorgte Ben-Gvirs Verhalten für massive Kritik. Oppositionsführer Jair Lapid (Jesch Atid) sprach von einer „Wahlkampagne“ Ben-Gvirs auf dem Tempelberg, die „das Leben israelischer Bürger und das Leben unserer Soldaten und Polizisten gefährdet“: „Eine extremistische, verantwortungslose Clique in der Regierung versucht, Israel mit Gewalt in einen regionalen Krieg zu zerren.“

Ultra-Orthodoxe: Schadet Heiligkeit des Tempelbergs

Auch Vertreter der Regierungskoalition und Minister äußerten sich empört. Mosche Gafni, Chef der ultra-orthodoxen Partei Degel HaTora, warf Ben-Gvir vor, „die Heiligkeit des Tempelbergs und den Status quo“ zu beschädigen. Damit widersetze sich Ben-Gvir den Rabbinern, die Besuche auf dem Tempelberg ablehnen: „Der Schaden für das jüdische Volk ist untragbar.“ Man müsse nun prüfen, ob Ben-Gvir noch ein Partner sein könne.

Religionsminister Michael Malchieli von der ebenfalls ultra-orthodoxen Schass-Partei hielt Ben-Gvir ebenfalls vor, gegen die Weisung des Oberrabbinats zu verstoßen, den Tempelberg als Ort des Allerheiligsten nicht zu betreten: „Davon abgesehen ist es auch eine unnötige Provokation gegenüber den Nationen der Welt.“

Blinken: Vergrößert Spannungen

Tatsächlich ließ die internationale Empörung nicht lange auf sich warten. Jordanien, das sich als Wahrer des Status quo auf dem Tempelberg versteht, erklärte, Ben-Gvirs verhalten spiegle die Absicht der israelischen Regierung wider, „internationales Recht zu missachten“.

US-Außenminister Antony Blinken (Demokraten) sprach von einer „provokativen Aktionen, die die Spannungen in einem entscheidenden Moment vergrößern“. Damit bezog er sich auf die anhaltenden diplomatischen Bemühungen zur Befreiung der Geiseln aus der Geiselhaft im Gazastreifen. Auch Josep Borrell, Außenbeauftragter der Europäischen Union, verurteilte Ben-Gvirs „Provokationen“ scharf. Ähnlich äußerte sich das Auswärtige Amt in Berlin am Mittwoch. (ser)

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14 Responses

  1. Ben-Gvir ist als Provokateur bekannt. Auch Rabbiner lehnen sein Verhalten ab.
    Allerdings stammt auch der Status quo des Tempelbergs nicht von Gott.
    Es wissen aber auch alle Beteiligten, auch die Nachbarländer, dass Ben-Gvir eine eigene Art an sich hat.
    Das sollte die Spannungen nicht weiter erhöhen, diese können ja kaum noch erhöht werden in diesen Tagen.

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  2. Warum sollte man nicht an einem Ort beten können, wenn dies fuer einen wichtig ist. Ein Gebet ist sicherlich kein Terrorakt!

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    1. Weil das Gebet an diesem Ort die Anhänger einer zweiten abrahamitischen Religion unnötig provoziert? Worum es dem, ähem, „Sicherheitsminister“ ja auch primär geht.

      Satz 1 obig sehen übrigens auch stramme Likud-Politiker ein, bspw. Herr MP N. .

      Um den es mir fast leid tut (nein, ich neige eher zu Jesch Atid), aber erinnern wird man sich seiner letzten Amtsjahre mit rechtsradikalen resp. ultra-nationalen „Mehrheitsbeschaffern“. Weniger an das ein oder andere durchaus Vernünftige aus seiner langen Regierungszeit.

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      1. Ich bezweifle sehr, dass der Islam eine „abrahamitische Religion “ ist! Es wird zwar von den Muslimführern und Anhängern immer wieder behauptet, aber wer im Koran schon mal gelesen hat, der wird erkennen, dass der Gott „Allah“ nicht der einige und Heilige Gott JAHWE sein kann! JAHWE Gott ist ein Bundesgott, der sich an SEINEN Bund mit den Menschen ( Erwählung Israels und Nachfolger seines Messias und Christus Jesus) hält, während bei Allah selbst der „gehorsamste Mensch“ (Muslim?!) keine Heilsgewissheit erwarten kann!!!

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  3. Ich halte es für gut an allen Orten zu beten. Dass man dabei Orte bevorzugt, an denen die Vorfahren gebetet haben, ist verständlich.
    Genauso normal wie wir nichts dagegen haben, dass evangelische Pfarrer Luthers Turmzimmer besichtigen, sollten wir es begrüßen, dass Juden auf dem Tempelberg beten.
    Wenn der Ausdruck meines persönlichen Glaubens an meinen GOTT in Form eines Gebets oder eines Liedes als Provokation empfunden wird, kann man nicht mehr von Religionsfreiheit sprechen.

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    1. Verena,

      die Dinge um Tempelberg, Klagemauer, Altstadt. Die sind alles deutlich diffiziler als der evangelische Pfarrer und Luthers Turmzimmer (vor Jahresfrist endlich mal wieder besucht).

      Wie auch eine normale Ökumene niemand aufregt unter Christenmenschen; etwas ähnliches zwischen Juden und Muslime an den Heiligen Stätten würde wahrschein im ferner Indonesien mal wieder zu ein paar toten Gläubigen führen, die mit den mitgeführten Gewehren ausversehen sich selber massakrierten; sorry.

      Sie vergleichen wirklich Unvergleichares.

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  4. Viele Schurkenstaaten, Islamisten und Terrorgruppen wissen nicht, was „Religionsfreiheit“ bedeutet.
    Ich kann nichts Verwerfliches an einem Gebet finden.

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  5. Kompliziert. Ich denke auch, dass ein Gebet im Prinzip kein Terrorakt ist und die Empörung aus Ländern, in denen Religionsfreiheit und Toleranz Fremdworte sind, ist heuchlerisch. À-propos Klagemauer – die Israelis sagen übrigens Westmauer bzw. Kotel – dort habe ich mit eigenen Augen christliche Pilger und einmal einen buddhistischen Mönch beten sehen. Es ist alles eine Frage der Diskretion und des Taktes, beides fehlt bei Herrn Smotrich.

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  6. Mal davon abgesehen, dass es eine unnötige Provokation ist, die Ben Gvir macht, es nennt sich wohl Apartheid, dass es einer Bevölkerungsgruppe untersagt wird, an einem bestimmten Platz zu beten.

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  7. Fortsetzung meines Kommentars : vor einiger Zeit auf einem Video gesehen, eine Gruppe christlicher Pilger an der Westmauer. Eine Gruppe israelischer Soldaten geht vorbei. Eine Pilgerin ruft ihnen zu „God bless Israël, God bless you“. Sie macht, wohl aus Gewohnheit, ein Kreuzeichen, entschuldigt sich „o sorry“. Ein Soldat kommt auf sie zu, umarmt sie und sagt „we take it“. So geht’s auch.

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