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Minderheit unterstellt Netanjahu persönlich-politische Motive

Nur wenige Israelis sind hoffnungsvoll, dass es zu einem weiteren Geisel-Deal kommen könnte, belegt eine Umfrage. Sie zeigt auch: Viele Israelis lassen sich durch die Androhung eines iranischen Angriffs nicht in ihrem Alltag stören.
Von Israelnetz
Hat das abrupte Ende selbst verschuldet: Benjamin Netanjahu (Archivbild)

JERUSALEM (inn) – Israels Premierminister Benjamin Netanjahu fordert immer wieder, dass die israelische Armee im sogenannte Philadelphi-Korridor zwischen dem Gazastreifen und der ägyptischen Sinai-Halbinsel präsent bleiben muss – auch nach einem möglichen Geisel-Deal mit der Hamas.

Gegner unterstellen dem Likud-Chef, durch die Forderung ein Abkommen mit den Terroristen zu torpedieren. Auch in Deutschland ist diese Erzählung weit verbreitet. Eine Umfrage des Israelischen Demokratie-Instituts zeigt nun: In Israel denken ebenfalls viele Bürger so. Allerdings befinden sie sich mit dieser Ansicht in der Minderheit.

Wenig Hoffnung auf baldigen Geisel-Deal

Konkret: In einer Ende August durchgeführten Befragung gaben 40 Prozent an, Netanjahus Forderungen zum Philadelphi-Korridor zielten vor allem darauf, einen Deal aufgrund persönlicher politischer Erwägungen zu verhindern. 49 Prozent sagten hingegen aus, Netanjahus Anliegen basiere vor allem auf militärischen und strategischen Überlegungen.

Unter der jüdischen Bevölkerung ist dieser Anteil deutlich höher: Hier sagen 58 Prozent, dass Netanjahu vor allem auf Basis militärstrategischer Erwägungen handle. Ein Drittel unterstellt ihm hingegen vor allem persönlich-politische Motive. Unter linken israelischen Juden tun dies 78 Prozent, unter rechten israelischen Juden rund 14 Prozent. Bei den israelischen Arabern gehen 67 Prozent von primär persönlich-politischen Triebkräften aus.

Die Umfrage zeigt zugleich: Nur etwa ein Fünftel der Israelis ist optimistisch, dass es nach monatelangem Hin und Her in den Verhandlungen bald zu einem weiteren Geisel-Deal mit der Hamas kommen könnte. Unter der jüdischen Bevölkerung ist der Anteil noch geringer. 29 Prozent sind sehr pessimistisch.

Im Gazastreifen noch nicht alles Mögliche erreicht

Derweil zeigt sich die Bevölkerung besorgt angesichts der anhaltenden Konflikte zwischen dem Regierungschef und seinem Parteifreund und Verteidigungsminister Joav Gallant. Fast zwei von drei Israelis gehen davon aus, dass diese Auseinandersetzungen mindestens einen irgendwie negativen Effekt auf die Kriegsführung haben. Ebensoviele Israelis sind der Auffassung, dass Israel seine Militäraktionen gegen die Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon intensivieren sollte.

Von einer Mitte August über die „New York Times“ verbreiteten Einschätzung, wonach Israel im Gazastreifen bereits alles militärisch Mögliche erreicht habe, hält eine große Mehrheit der Israelis wenig: Ein Drittel meint, diese Aussage sei überhaupt nicht richtig, weitere 30 Prozent finden sie nicht wirklich richtig. Die Studienmacher stellten fest: Je weiter ein Befragter vom Gazastreifen entfernt wohnte, desto eher war er der Auffassung, dass Israel bereits alles Mögliche erreicht habe.

Iranische Drohungen haben auf Alltag wenig Auswirkung

Das Demokratie-Institut hat die Israelis auch dazu befragt, welche Auswirkungen die Erwartung des angedrohten iranischen Großangriffs beziehungsweise einer großen Hisbollah-Attacke auf sie hat. Dabei gaben zwei von drei Israelis an, dass es gar keine oder nur geringe Auswirkungen auf ihren Alltag gebe.

Auch auf die Stimmung schlägt sich die Bedrohung demnach bei einer Mehrheit von rund 55 Prozent nicht oder nur sehr gering nieder. Auffällig hier: Araber und linke Israelis gaben im Vergleich zu rechten Israelis deutlich eher an, dass die akute Bedrohung durch einen möglichen Großangriff des Iran oder der Hisbollah Auswirkungen auf ihre Stimmung hat.

Optimismus etwas verbreiteter

Was den Meinungsforschern noch aufgefallen ist: Im Vergleich zum Vormonat zeigten sich die Israelis im August tendenziell wieder optimistischer über die Zukunft der nationalen Sicherheit. Demnach gaben 39 Prozent der Befragten an, sehr beziehungsweise moderat optimistisch zu sein; 58 Prozent waren sehr oder moderat pessimistisch. Im Juli waren nur 26 Prozent optimistisch gewesen.

Das Institut spekuliert, dass der etwas weiter verbreitete Optimismus mit dem militärisch erfolgreichen Präventivschlag Israels gegen die Hisbollah Ende August zu tun haben könnte. Die Umfrage fand in den Tagen unmittelbar danach statt. (ser)

Für den Israeli-Voice-Index des Monats August befragte das Familie-Viterbi-Zentrum des Israelischen Demokratie-Instituts zwischen dem 26. und dem 28. August 750 Israelis (600 Juden, 150 Araber), die repräsentativ ausgewählt wurden. Die maximalen Abweichungen wurden mit ±3,58 Prozent bei einem Konfidenzniveau von 95 Prozent berechnet.

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19 Antworten

  1. Ich finde, man sollte mehrere Aspekte zusammenfassen:
    Zum Einen gibt es viele Kräfte in dieser Welt, die von vornherein eine Israel-feindliche Haltung haben, diese Kräfte gilt es zu bekämpfen.
    Zum Anderen gibt es viele Vernünftigen, die einfach Sorgen haben, dass es kein Ende gibt mit dem Hass im Nahen Osten. Man muss die Spaltung der Israelischen Gesellschaft sehen, Ursachen waren VOR dem 7.Oktober 2023. Aber man muss auch endlich den Iran, HAMAS, HISBOLLAH usw. bekämpfen, und das mit ganzer Kraft. Da muss vom Westen mehr kommen, nicht nur von den USA, sondern auch von Europa.
    UNRWA u.v.a. dürfen nicht länger Geld erhalten, das torpediert jede Art von Friedenshoffnung.
    Eine neue Bundesregierung OHNE die Ideologen könnte schon viel bewirken, und man sollte endlich die Israelis in den Medien mehr zu Wort kommen lassen. Denn es ist nicht der Krieg alleine, sondern der mediale Krieg gegen Israel, der für Bibi und ganz Israel zum Verhängnis wird. Bis es die Wende zu Gunsten Israels geben wird…

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    1. Sie wollen die Probleme menschlich lösen, das wird Ihnen nicht gelingen können. Das erfreut hier vielleicht die meisten Leser, Ihre Thesen zu hören, realisieren werden sie sich nicht.
      „Eine neue Bundesregierung OHNE die Ideologen ….“ hört sich gut an, dem kann auch ich zustimmen, nur helfen wird es nicht. Wir brauchen Menschen + Politiker die Gottes Wort glauben, lieben und ernstnehmen.
      Lieber Gruß zu Ihnen, Martin

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  2. Die Gegner Netanjahus, und ich bin kein Freund von ihm, haben Null Ahnung. Ägypten/Sinai ist seit Jahrzehnten für Waffenschmuggel u.a. bekannt. Ich fühle mit den Angehörigen.Es ist kaum zum Aushalten, was Hamas, teils mit Bevölkerung in Gaza, UNRWA, Israel bewusst antun.

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  3. Es ist zu einfach Netanjahu für alles verantwortlich zu machen. Ein Geiseldeal beendet er den Raketenterror aus dem Libanon und Gaza? Entwaffnet er die Höhlenstruktur unter Gaza? Findet er eine politische Lösung mit Palästinensern, die noch nie einen israelischen Staat anerkannt haben? Wenn sie das nicht tun, wieso muss Israel überhaupt über eine zwei-Staaten-Lösung nachdenken? Ich bete so gerne für Israel weil ich die politische und militärische Kompetenz nicht habe, wie das Thema gelöst werden kann. Beten ist einfacher. Möge der Jüdische GOTT Israel die nötige Inspiration schenken und dem nahen Osten durch ein befriedetes Israel zur Blüte verhelfen! * AM ISRAEL CHAI * SHALOM!
    Psalm 77 ff.
    7 Ich denke an mein Saitenspiel, während der Nacht sinne ich nach in meinem Herzen, es grübelt mein Geist. 8 Wird der Herr denn auf ewig verstoßen und niemals mehr erweisen seine Gunst? 9 Hat seine Huld für immer ein Ende? Hat aufgehört sein Wort für alle Geschlechter? 10 Hat Gott vergessen, dass er gnädig ist? Oder hat er im Zorn sein Erbarmen verschlossen? 11 Da sagte ich: Das ist mein Schmerz, dass die Rechte des Höchsten so anders handelt. 12 Ich denke an die Taten des HERRN, ja, ich will denken an deine früheren Wunder. 13 Ich erwäge all deine Taten und will nachsinnen über dein Tun. 14 Gott, dein Weg ist heilig. Welche Gottheit ist groß wie Gott? 

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    1. Das ist ein großartiger Kommentar, vielen Dank für die guten Worte.
      Ich vermute das eine Links aufgehetzte Bevölkerung nur noch an sich und ihre Angehörigen denken, die sich immer noch in Geiselhaft befinden. Wer weiß denn, ob diese noch leben und wenn, dann werden sie nie mehr dieselben sein, die sie vor dem 7. Okt. waren, das ist sicher. Natürlich ist es verständlich und nachzuvollziehen, daß sie ihre Angehörigen zurückhaben wollen, aber denken sie einfach nicht darüber nach, wie es weitergeht, wenn Bibi mit dem Raketenbeschuss aufhört? Haben die Israelis vergessen das ihr Land ausgelöscht werden soll? Ich begreife diese Menschen nicht. Würde Bibi den Krieg beenden und sich somit ergeben, ist doch klar das dann der Krieg trotzdem nicht aufhört, denn die Vernichtung der Juden steht auf ihrem muslimisch-terroristischen Plan. Dann würden die Israelis auch wieder Bibi die Schuld geben. Was sind das nur für Menschen? Können sie nicht mehr denken oder sind sie blind vor lauter Wut auf Bibi?

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  4. Zitat: „Gegner unterstellen dem Likud-Chef, durch die Forderung ein Abkommen mit den Terroristen zu torpedieren.“ Zitat Ende
    Benjamin Netanjahu ist ein Glücksfall für Israel.
    Natürlich muss der Philadelphi-Korridor von Israel überwacht werden. Diese Forderung ist für Israels Schutz und zum Nachteil der hamas-Mörder absolut notwendig.
    Man stelle sich vor, die Polizei in München hätte die Weisung erhalten, mit dem bewaffneten, um sich schießenden Terroristen vor dem israelischen Generalkonsulat ein „Abkommen“ zu erzielen. Absurd, hanebüchen, grotesk und absolut wirr solcherlei Ansinnen!

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  5. Vermutlich stünde Israel mit einem anderen Premierminister international kaum besser da. ABER ein anderer Premierminister, gegen den keine Korruptionsvorwürfe erhoben würden, der keine rechtsextremistischen Regierungspartner wie Smotrich und Ben Gvir hätte, die zum Teil widerliches Zeug verbal absondern, und der nicht die Absicht hätte das politische System an seine politischen Wünsche anzupassen, hätte mit Sicherheit einen größeren Rückhalt in der eigenen Bevölkerung und bei seinen strategischen Partnern.

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    1. Und der bereit wäre für die internationale Anerkennung der Hamas so weit entgegen zu kommen, dass wenigstens 50 % der Bevölkerung ausrotten lässt. Und in drei Jahren kann wieder 50 % von den 50 % . Jetzt können Sie ausrechen, wie viele Jahre es braucht bis die Hamas ihre Charta umgesetzt hatte.

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    2. Ihre Meinung kann ich nicht vertreten. Korruptionsvorwürfe werden immer wider gern von Gegnern und Linken gestreut, außerdem gibt es weltweit kaum einen Politiker, der nicht korrupt wäre. Bibi ist der Beste und Israel könnte sich keinen besseren Premier wünschen.

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  6. Die Linke in Israel ist ja bei den letzten Wahlen total abgestürzt. Durch das Geißeldrama wittert man Morgenluft, und hetzt gegen Nethanjahu und sein Verhalten in dem jetzigen Konflickt. Ihr Ansinnen ist genau das was sie Nethanjahu vorwerfen, nähmlich für ihre eigenen Interressen zu kämpfen und die Bevölkerung entsprechnd zu beeinflussen. Ob ihre Vorderungen ein Abkommen zur Geisselfreilassung begünstigen muss sehr Infragegestellt werden. Den Sicherheitsinterressen Israels schaden sie aber eklatant, das weiß Lapid und co. sehr wohl. Das ist das tragische ander Sache, dass man sich nach aussen als Anwalt oder Retter der Geißeln präßentiert, aber der wahre Grund politischer Machtgewinn ist. Man nutzt schamloss die Emotionen der Angehörigen für die eigenen Interressen aus. Wenn jetzt jemand einwendet Nethanjahu macht das selbe, muss man trotzdem sagen, sie sind die falschen Schlangen. Ausserdem die Keule der Gefahr von rechts ist ja ein super Argument. Alles was einem nicht gefällt, als aus dieser Ecke kommend, bezeichnet. Wie bei uns halt auch.

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    1. An den Umfragen sieht man, dass dass Kalkül von Lapid aber nicht aufgeht. Netanjahu liegt vor ihm in der Frage, welchen MP man vorziehen würde. Der einzige der Netanjahu tatsächlich gefährlich werden könnte ist Bennett. Vielleicht sollte sich Lapid mal fragen, warum es so ist.

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  7. Ich sehe die ständigen Demonstrationen gegen Netanyahu sehr kritisch!

    In Kriegszeiten steht man hinter dem Premierminister (egal ob man seiner Meinung ist oder nicht) und wohin die ständigen Demos der Linken gegen die Regierung Netanyahu geführt haben, konnte man am 7. Oktober 2023 ganz klar sehen, denn diese Dauerdemos haben den israelischen Sicherheitsapparat so beschäftigt, dass dadurch erst der 7. Oktober 2023 ermöglicht wurde!

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    1. Ja, man arbeitet kräftig an der Spaltung mit. Und irgendwann hat Sinwar die Demonstranten so weit, dass die fordern, dass der Staat sich löst. Ganz im Sinne der HamasCarta. Die Geiseln kommen deswegen aber auch nicht lebend frei.

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