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Liebe in Zeiten des Holocaust

BERLIN (inn) - Der Roman "Für dich habe ich es gewagt" erzählt eine Geschichte des christlich-jüdischen Dialogs in Zeiten des Holocaust. Der jüdische Junge Michael verdankt sein Leben einem christlichen Kindermädchen. Autor Ram Oren und Protagonist Stolowitzky haben das Buch am Donnerstag in Berlin vorgestellt.

Irgendjemandem musste sie es erzählen. So vertraute sich das ehemalige Kindermädchen Gertruda eines Tages ihrem Pfarrer an. "Mein Kind ist das einer anderen Frau. Und es ist jüdisch." So oder so ähnlich muss sie es dem Geistlichen gesagt haben, der die gläubige Katholikin und den kleinen Michael aus seinen Gottesdiensten kannte. Der Zweite Weltkrieg tobte, jeden Sonntag saßen SS-Leute Hitlers in den ersten Reihen der Kirchenbänke, einen Juden zu verstecken, bedeutete Lebensgefahr. Der Pfarrer entschied sich, zu helfen. Nur eine Bedingung stellte er: Das jüdische Kind müsse getauft werden. Gertruda stimmte zu. Michael wurde Messdiener. Von nun an war er es, der die Helfer Hitlers jeden Sonntag mit Weihrauch benetzte. "Wenn sie das gewusst hätten", sagt Michael Stolowitzky heute und lacht.

Aus dem jüdischen Messdiener ist ein rüstiger alter Herr geworden. Das Haar ist ergraut und teilweise einer Glatze gewichen. Doch obwohl Stolowitzky Mutter und Vater während des Holocausts verloren hat, umspielt fast immer ein Lächeln seine Lippen, wenn er an diesem Donnerstagabend in Berlin von seinem Schicksal erzählt. Der Brunnen-Verlag hat ihn eingeladen, um das Buch seines Lebens, "Für dich habe ich es gewagt", verfasst vom israelischen Bestseller-Autor Ram Oren, vorzustellen. Er sei nie ohne Mutter gewesen, sagt Stolowitzky. Das habe er Gertruda zu verdanken. Dem Kindermädchen, das sein Leben aufs Spiel setzte, um den Platz seiner leiblichen Mutter einzunehmen.

Oren hat die Fakten, die Stolowitzky ihm lieferte, aufwendig nachrecherchiert. "Nur ungefähr ein Prozent des Buchs ist Fiktion", sagt er. Der historische Roman wurde zum Bestseller in Israel, hat sich mittlerweile auch auf dem amerikanischen Buchmarkt zehntausendfach verkauft und erschien vor einigen Monaten in deutscher Sprache im Brunnen-Verlag.

Botschafter: "Gertruda ist ein Vorbild"

"Ohne Gertruda wäre ich nicht hier", sagt Stolowitzky. Nicht er sei der Held des Buches, sondern sie. Der israelische Botschafter, Yoram Ben-Ze´ev, ebenfalls Gast der Veranstaltung in Berlin, erklärt: "Sie ist eine Heldin und ein Vorbild. Wir werden Gertruda nie vergessen." Als die Katholikin vor 16 Jahren starb, wurde sie katholisch beigesetzt. Sie ist ihrem Glauben ihr Leben lang treu geblieben, ebenso wie Stolowitzky. Den Juden und die Christin muss vor allem ihr unbeugsamer Optimismus verbunden haben: "Ich habe immer Hoffnung", sagt Stolowitzky. "Selbst wenn es regnet, glaube ich daran, dass in Wahrheit die Sonne scheint." Und dann ist da wieder dieses Lachen, das seine Zuhörer für einen Moment vergessen lässt, dass der gemütliche Mann mit dem schicken Anzug die schlimmste Epoche deutsch-jüdischer Geschichte erlebt und überlebt hat.

Ram Oren: Für dich habe ich es gewagt. Ein Kind, ein Versprechen und eine dramatische Rettung, Aus dem Englischen von Evelyn Reuter, Brunnen, 352 Seiten, 17,95 EUR, ISBN: 978-3-7655-1767-9

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