Leutheusser-Schnarrenberger: Hilfe für palästinensische Justiz

JERUSALEM / RAMALLAH (inn) – Während ihrer Nahost-Reise hat sich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger für den Aufbau von Rechtsstaatlichkeit in den Autonomiegebieten eingesetzt. Im Interview mit dem Sender „Deutschlandradio“ betonte sie besonders den Austausch von deutschen und palästinensischen Juristen. Die Ministerin war am Dienstag für drei Tage nach Israel und in die palästinensischen Gebiete gereist.
Leutheusser-Schnarrenberger will den Aufbau eines palästinensischen Rechtsstaates unterstützen.

Mittlerweile gebe es im Westjordanland einige funktionierende Strukturen, wie zum Beispiel einen unabhängigen Rat und Gerichte. Da es aber kein Parlament gebe und damit auch keinen Gesetzgeber, könnten keine Gesetze verabschiedet werden, sagte die Ministerin. Besonders im Hinblick auf Frauen, die zu ihrem Recht kommen wollen, sei das aber wichtig. Es sei sehr schwierig, Fälle vor Gericht zu bringen, in denen es um Gewalt in der Familie, Missbrauch von Frauen und Gewaltübergriffe gehe.

Für die derzeitige Lage sei aber nicht nur ein fehlendes Rechtssystem verantwortlich, sondern auch, dass in vielen Gebieten des Westjordanlandes nicht die Palästinenser, sondern Israel für die Rechtsprechung verantwortlich sei. Nach Ansicht der Ministerin müssten an der Vereinbarung über die C- und B-Gebiete, in denen Israel zum Teil oder ganz verantwortlich ist, Korrekturen vorgenommen werden. Es brauche unter anderem mehr Öffnungen, Rechte der freien Bewegung und einen freieren Zugang zur Justiz, sagte sie.

Leutheusser-Schnarrenberger betonte deshalb die Aus- und Weiterbildung von palästinensischem Justizpersonal. Dafür solle in Zusammenarbeit mit den Palästinensern ein Programm entwickelt werden, das die Bedeutung des Individiual- und Bürgerrechts im alltäglichen Leben vermittelt und neben dem Gerichtsprozess weitere Möglichkeiten zur Rechtsprechung aufzeigt. Die Ministerin nannte unter anderem Mediation, Vergleich und Schlichtung als Alternativen.

Zusammenarbeit mit Deutschland

In das Programm, das auf einer deutsch-palästinensischen Zusammenarbeit beruht, soll auch die Zivilgesellschaft mit einbezogen werden. Leutheusser-Schnarrenberger nannte zum Beispiel den Austausch von Anwälten beider Länder auf Fachebene.

Die Bundesjustizministerin hatte sich am Donnerstag mit dem Justizminister der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Ali Mohaana, in Ramallah getroffen und mit ihm über den Aufbau eines palästinensischen Rechtsstaates gesprochen. Dabei ging es auch um das Programm der Europäischen Union zur Stärkung einer demokratischen Polizei, der Polizeimission EUPOL COPPS. Ziel des Programms ist die Schaffung einer transparenten und demokratischen Verwaltung.

Gespräche mit israelischen Politikern

Am Dienstag hatte sich die FDP-Politikerin mit der israelischen Justizministerin Zippi Livni getroffen. Bei dem Gespräch sei es um den NSU-Prozess und die Entscheidung der Bundesregierung gegen einen NPD-Verbotsantrag gegangen, heißt es in einer Mitteilung des Bundesministeriums der Justiz (BMJ). Die Ministerinnen sprachen außerdem über ein Projekt der Unabhängigen Historikerkommission des BMJ, das sich mit der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit Deutschlands beschäftigt.

Außerdem besuchte Leutheusser-Schnarrenberger die Hebräische Universität Jerusalem und die Gedenkstätte „Yad Vashem“. In Jerusalem traf sie sich mit dem Knessetpräsidenten Juli Edelstein und sprach mit Ascher Grunis, dem Präsidenten des Obersten Gerichts des Staates Israel, über den rechtsstaatlichen Umgang mit terroristischen Bedrohungen.

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