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Leonard Cohen in Israel: Truppen-Besuch wird als Serie verfilmt

Der amerikanisch-jüdische Singer-Songwriter Leonard Cohen hatte eine besondere Verbindung zu Israel. Während des Jom Kippur-Krieges 1973 spielte der Sänger sogar für die israelischen Soldaten an der Front. Eine Fernsehserie soll nun diese eher unbekannte Episode der Geschichte nacherzählen.
Von Jörn Schumacher
Leonard Cohen, 1934–2016

Leonard Cohen, besonders bekannt für seine Lieder „Hallelujah“, „Lover, Lover, Lover“ und „Who By Fire“, galt als spirituell Suchender. Seine jüdische Abstammung war ihm stets bewusst und wurde ihm mit dem Alter immer wichtiger. Das weltbekannte Lied „Hallelujah“ geistert als Ohrwurm seit über 30 Jahren durch die Popkultur, bekannt wurde es durch Cover-Versionen etwa von Rufus Wainwright und Jeff Buckley. Am 17. November startete eine Dokumentation über Cohen und sein berühmtes Lied in den Kinos. Der 115- Minuten-Film „Hallelujah: Leonard Cohen, A Journey, A Song“ zeigt den Künstler auch auf einer eigenen spirituellen Reise.

Der Film lässt auch Cohens enge Beziehung zu Israel und zum Judentum anklingen. Cohen, der nach eigener Aussage über 30 Jahre lang eher unbekannt eine „Randexistenz an der Seitenlinie der Musikszene führte“, kam am 21. September 1934 im kanadischen Montréal in einer wohlhabenden jüdische Familie zur Welt. Er machte sich zunächst als Schriftsteller einen Namen, ab 1967 trat er verstärkt auch als Musiker auf. Sein erstes Album „Songs of Leonard Cohen“ war auf Anhieb erfolgreich und markierte den Beginn einer fast 50-jährigen musikalischen Karriere. Seine Alben verkauften sich über sechs Millionen Mal. Im Jahr 2008 wurde Cohen in die „Rock and Roll Hall of Fame“ aufgenommen.

Im Film sagt der Journalist Larry „Ratso” Sloman, Cohen habe mit 40 Jahren verstärkt nach seinen jüdischen Wurzeln geforscht. Immerhin könne man nach jüdischer Tradition ab 40 auch die Kabbala studieren. Er sei von der Sprache, die in der Synagoge gebraucht wird, schon als Kind beeindruckt gewesen, sagt Cohen. „Dort kam es auf jedes Wort an. Die Welt wurde laut unserer Tradition durch Worte erschaffen.“

Neben „Hallelujah“ haben viele andere seiner Lieder jüdische Traditionen als Grundlage. „Who by Fire“ etwa basiert auf einem jüdischen Gebet zu Jom Kippur. Mordechai Finley, so etwas wie der persönliche Rabbi Cohens, kommt ebenfalls im Film zu Wort: Es gebe im Talmud so etwas wie „Bath-Kol“, die weibliche Stimme Gottes, die in den Menschen widerhallt. Sie sei das Geschenk der Kreativität. Und so habe es auch Cohen selbst gesehen, Liederschreiben sah er als Gabe an, als ein Geschenk, das einem nicht wirklich selbst gehört, sagt Finley im Film. So sei auch der „secret chord“ (der geheime Akkord) in „Hallelujah“ zu erklären: „Der verblüffte König sagt: ‚Ich habe diesen Akkord geschrieben, und ich weiß nicht, wie‘.“

Cohens 1984 erschienenes „Book of Mercy“ ist ein Gebetsbuch mit 50 Psalmen, einen für jedes Lebensjahr des Künstlers. Cohen sagte dazu in einem Interview: „Eine solche Unterhaltung mit der Ewigkeit ist tief in der jüdischen Tradition verwurzelt.“

Viele Auftritte in Israel

Der Film endet mit beeindruckenden Aufnahmen von einem Konzert 2009 auf Cohens Abschiedstournee in Israel. Damals trat der Sänger, drei Tage nach seinem 75. Geburtstag, im riesigen Ramat-Gan-Stadion in Tel Aviv auf. Zum Abschluss erhob er von der Bühne eine Hand über der Menge und sprach den priesterlichen Segen und formte beim Wort „Schalom“ mit seinen Händen eine Taube. Damit machte er seinem Nachnamen alle Ehre: Der Segen heißt auf Hebräisch „Birkat Cohanim“. Nach biblischer Überlieferung ist ein Cohen ein jüdischer Priester, der einer Untergruppe des tempeldienstlichen Stammes Levi angehört. Sie gelten als die männlichen Nachkommen des Geschlechts Aaron.

Dass Cohen sehr solidarisch mit Israel war, unterstreicht demnächst eine israelische Fernsehserie. Der amerikanische Sänger hatte Israel mehrfach besucht, zum ersten Mal 1960. Doch kaum ein Besuch sorgte so nachhaltig für Beachtung wie der mitten im Jom Kippur-Krieg. Was damals geschah, hielt der israelische Journalist Matti Friedman in einem Buch „Who by Fire: Leonard Cohen in the Sinai“ fest, das im April 2022 erschien.

Cohen lebte mit seiner Freundin in den 60er und 70er Jahren auf der griechischen Insel Hydra, wo auch die ersten Entwürfe zu „Hallelujah“ entstanden. Als Cohen im Oktober 1973 vom Ausbruch des Jom-Kippur-Krieges hörte, flog er nach Tel Aviv mit dem Wunsch, irgendwie zu helfen. Einen konkreten Plant hatte er offenbar nicht, er fühlte sich aber dem Überleben des jüdischen Volkes verpflichtet. Eventuell könnte er ja in einem Kibbutz arbeiten. In einem Café auf der Dizengoff-Straße in Tel Aviv traf er auf den israelischen Sänger und Cohen-Fan Oschik Levi. Der machte ihm den entscheidenden Vorschlag, vor den Soldaten an der Front zu singen.

Zwei Monate im Sinai unterwegs

Nach einigem Zögern, weil Cohens Musik eher melancholisch und nicht gerade aufmunternd wirkt, stimmte der Singer-Songwriter zu. Und so tourte Cohen zwei Monate lang durch den Sinai, das Duo spielte bis zu acht Mal täglich vor den Einheiten der israelischen Armee. Zu jener Zeit entstand unter anderem ein Foto, auf dem Cohen bei einem Auftritt bei Soldaten irgendwo in der Nähe des Suez-Kanals zu sehen ist. Direkt neben ihm ist Ariel Scharon zu erkennen, damals General und später israelischer Premierminister.

In jener Zeit entstanden auch bekannte Lieder Cohens, darunter ist einer seiner berühmtesten Songs: „Lover, Lover, Lover“. Den Text habe er in einigen der ruhigeren Momente auf dem Sinai auf ein Stück Papier gekritzelt und dort auch erstmals öffentlich gesungen, berichten Zeitzeugen. In der letzten Strophe heißt es: „And may the spirit of this song, may it rise up pure and free. May it be a shield for you, a shield against the enemy.“ (Möge sich der Geist dieses Liedes rein und frei erheben. Möge er dir ein Schild sein gegen den Feind). Auch das Stück „Who By Fire“ war auf dem Album „New Skins for the Old Ceremony“, das im folgenden Jahr erschien. Der Liedtext war beeinflusst von seinem Israel-Besuch während des Jom-Kippur-Krieges.

Cohens Engagement für den jüdischen Staat hat sich tief in das kollektive Gedächtnis der Israelis eingeschrieben. Als er am 7. November 2016 im Alter von 82 Jahren starb, bekundeten viele Israelis, ob prominent oder nicht, öffentlich ihre Trauer und ihre tiefe Sympathie für den jüdischen Sänger aus Amerika.

Der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin schrieb damals auf Facebook: „Wie traurig ist es, von einem Mann Abschied zu nehmen, dessen Stimme und Gesicht uns mehr Jahre begleitet haben, als man zählen kann.“ Das Lied „Dance me to the end of love“ sei für das Ehepaar in vielen Augenblicken ein enger Begleiter gewesen. Cohen habe „auch den Staat Israel auf den Schlachtfeldern und in den Jahren des Gedeihens zu begleiten gewusst“, ergänzte Rivlin.

Der damalige Premierminister Benjamin Netanjahu schrieb auf Facebook: „Leonard Cohen war ein großer Schöpfer, ein talentierter Künstler und ein warmherziger Jude, der das Volk Israel und den Staat Israel liebte. Ich werde nicht vergessen, wie er während des Jom-Kippur-Krieges nach Israel kam, um für Soldaten der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte zu singen, aus einem tiefen Gefühl der Partnerschaft heraus. Seine berührende Stimme wird uns immer begleiten, wie sein Gebet ‚Hallelujah‘.“

Sinai-Besuch als Serie geplant

Wie das amerikanische Branchenmagazin „Variety“ meldet, soll Matti Friedmans Buch über Cohens Truppenbesuch nun als Fernsehserie verfilmt werden. Der Titel werde wie beim Buch „Who by Fire: Leonard Cohen in the Sinai” lauten. Das Drehbuch stammt von Yehonatan Indursky, der auch an der erfolgreichen Fernsehserie „Shtisel“ mitschrieb, die vom Leben orthodoxer Juden in Jerusalem handelt. Indursky stammt selbst aus einer jüdisch-orthodoxen Famile.

Die Dreharbeiten sollen 2024 in Israel beginnen. Die Serie wird produziert von „Keschet“. Diesisraelische Produktionsfirma produzierte auch die sehr erfolgreiche Serie „Hatufim”, die später unter dem Namen „Homeland“ für den amerikanischen Markt adaptiert wurde. Beteiligt an der Produktion ist zudem die britische Firma „66 Media“.

Obwohl Cohen zu jener Zeit bereits ein bekannter Sänger war, habe er wie die Soldaten in einem Armee-Schlafsack geschlafen und die Armee-Rationen gegessen. Der Musiker war damals 39 Jahre alt, „berühmt, unglücklich und in einer kreativen Sackgasse“, wie es in Friedmans Buch heißt. „Cohen tauchte tief in einen globalen Konflikt ein und traf Hunderte kämpfende Männer und Frauen, alle im schlimmsten Augenblick ihres Lebens“, heißt es weiter. „Cohens Publikum wusste, dass die Songs das letzte sein könnten, was sie in ihrem Leben zu hören bekommen. Diejenigen, die überlebten, vergaßen die Bedeutung dieser Musik nie mehr.“

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2 Antworten

  1. Guten Morgen zur Redaktion.
    Herzlichen Dank für diesen Artikel, der mir viel Freude zum Start in den Tag bereitete.
    Halleluja!

    12

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