JERUSALEM / BRATISLAVA (inn) – Israels Außenminister Jair Lapid (Jesch Atid) hat am Montag betont, Israel sei „keine Route, um Sanktionen zu umgehen, die vonseiten der USA oder anderer westlicher Staaten gegen Russland verhängt wurden“. Der Alternierende Premierminister äußerte sich entsprechend bei einem Besuch in der Slowakei. Dort traf er mit seinem Amtskollegen Ivan Korčok und Staatspräsidentin Zuzana Čaputová zusammen, nachdem er sich zuvor bereits in Rumänien aufgehalten hatte.
Die Aussage kommt auch angesichts von Fragen westlicher Staaten bezüglich der israelischen Rolle in der Sanktionskampagne. Israel selbst hat keine Strafmaßnahmen verhängt. Was genau aus Lapids Äußerung folgt, ist unklar. Der liberale Politiker sagte lediglich, sein Ministerium koordiniere die Angelegenheit unter anderem mit der israelischen Zentralbank „Bank Jisrael“ sowie dem Finanz- und Wirtschaftsministerium.
Druck aus den USA
Die britische Außenministerin Liz Truss reagierte auf dem Kurznachrichtendienst Twitter auf die Aussage: Sie begrüße es, „dass Israel Sanktionen gegen Russland unterstützen wird“. Am Freitag hatte die amerikanische Außenstaatssekretärin Victoria Nuland im israelischen Fernsehkanal 12 in Richtung des jüdischen Staates gesagt: „Sie wollen nicht der letzte Hafen für dreckiges Geld sein, das Putins Kriege finanziert.“
Israelische Medien verstanden dies als „Warnung“. Nuland sagte, ihr Land fordere „jede Demokratie“ auf, sich an den „Finanz- und Ausfuhrsanktionen gegen Putin“ zu beteiligen. Dies beziehe sich auch auf Israel, betonte sie.
Abramowitsch im Fokus
In israelischen Medien sorgen zur Zeit vor allem die Aktivitäten des jüdisch-russischen Oligarchen Roman Abramowitsch für Aufsehen. Abramowitsch ist seit 2018 israelischer Staatsbürger. Am Sonntag landete ein Privatjet in Tel Aviv, den Beobachter dem Milliardär zuordneten. Am Montag soll er am Flughafen Ben-Gurion gesichtet worden sein, was Bilder belegen sollen. Der Jet hob an diesem Tag wieder ab, steuerte zunächst Istanbul und schließlich Moskau an.
Abramowitsch, der bislang Eigentümer des Londoner Fußballclubs FC Chelsea ist, steht auf der britischen Sanktionsliste. Das britische Boulevardblatt „Daily Mail“ schrieb am Dienstag, der Milliardär befinde sich „auf der Flucht vor Sanktionen“. Ersten Berichten zufolge könnte er nun auch auf der Sanktionsliste der Europäischen Union landen.
Das israelische Fernsehen hatte am Freitag laut der Onlinezeitung „Times of Israel“ berichtet, innerhalb von zehn Tagen seien 14 Privatjets aus Russland auf dem Ben-Gurion-Flughafen gelandet. Zugleich gibt es Berichte, wonach die israelische Flughafenbehörde den Ben-Gurion-Flughafen angewiesen habe, Privatjets längere Parkzeiten zu verwehren, sofern deren Besitzer mit US-Sanktionen belegt sind.
Nichts von diesen Berichten ist offiziell bestätigt. Die israelische Regierung gibt bislang keine konkreten Auskünfte. Außenminister Lapid erklärte am Montag allerdings, sein Ministerium befinde sich neben anderen Ministerien auch mit „der Flughafenbehörde“ in Koordination.
Am 10. März hatte bereits die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem eine „strategische Partnerschaft“ mit Abramowitsch „im Lichte der jüngsten Entwicklungen suspendiert“. Die Partnerschaft war erst im Februar bekannt gemacht worden. Abramowitsch hatte der Gedenkstätte nach deren Auskunft mehrere Millionen Schekel zugesagt. Was nun mit dem Geld geschieht, ist nicht bekannt.
Kabinett segnet Feldkrankenhaus und Plan für Einwanderung ab
Unterdessen geht die zivile israelische Hilfe für die Ukraine weiter. Am Montag bestätigte das israelische Kabinett den bereits angekündigten Plan, ein Feldkrankenhaus in der westlichen Ukraine zu errichten. Nach Angaben aus dem Pressebüro des Premierministers sollen umgerechnet rund sechs Millionen Euro in das Vorhaben fließen, das nicht nur von der Regierung, sondern auch von der „Schusterman Family Stiftung“ finanziert wird.
Die Regierung erwartet nach eigener Auskunft 100 Patienten pro Tag. Das Krankenhaus wird unter anderem mit einem Schockraum, Stationen für Männer, Frauen und Kinder, einer Entbindungsstation und einem Labor ausgestattet. Die Operation soll den Namen „Kochav Meir“ (leuchtender Stern) tragen und an die frühere Premier- und Außenministerin Golda Meir erinnern, die in der Ukraine geboren wurde, bevor sie mit ihrer Familie in die USA auswanderte.
In derselben Sitzung segnete das Kabinett zudem einen Plan zur Integration jüdischer Einwanderer (Olim) ab. Die Regierung will die kurz-, mittel- und langfristige Unterbringung der Einwanderer sicherstellen. Der Plan sieht etwa Mietbeihilfen oder die Nutzung von verlassenen Militärbasen als Unterkunftsorte vor. Langfristig soll das Angebot auf dem Wohnungsmarkt größer werden, auch indem etwa Genehmigungsverfahren verkürzt werden.
Israels Innenministerin Ajelet Schaked (Jamina) hatte zuletzt gesagt, es könnten „zehntausende Juden“ einwandern. Die Verteilzeitung „Israel Hajom“ will erfahren haben, dass auch die Zahl russischer Einwanderer sich in den vergangenen Wochen vergrößert hat. Premier Naftali Bennett (Jamina) appellierte am Montag an die israelische Bevölkerung, „unseren Brüdern und Schwestern den wärmsten Empfang zu bereiten“.
Bennett telefoniert erneut mit Putin
Unterdessen bleibt Bennett weiterhin mit den Konfliktparteien in Kontakt. Am Samstag hatte er erneut mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij telefoniert. Am Montag folgte ein weiteres Gespräch mit Russlands Staatschef Wladimir Putin, das laut Medienberichten rund anderthalb Stunden gedauert haben soll.
Aus dem Kreml hieß es anschließend, Putin habe „die barbarischen Akte des ukrainischen Militärs“ dargelegt. Bennett habe ihn über seine Kontakte mit anderen Staatenlenkern informiert. „Die Anführer stimmten überein, in Kontakt zu bleiben.“ Die israelische Seite veröffentlichte keine Informationen zu dem Gespräch. (ser)
Eine Antwort
Victoria Nuland, Staatssekretärin im US-Außenministerium, im israelischen Kanal 12:
„Jede Demokratie der Welt sollte sich unseren Sanktionen gegen Putin anschließen. Wir müssen das Regime unter Druck setzen, sein Einkommen stoppen. Wir müssen auch die Oligarchen in Putins Umfeld unter Druck setzen. Wir bitten auch Israel, sich uns anschließen. Ein Land kann doch nicht wollen, zur letzten Fluchtstätte für schmutziges Geld zu werden. Geld, das Putins Kriege finanziert.“
Selten kommt aus Washington ein so deutlicher, öffentlicher Fingerzeig in Richtung Israel. Das könnte auch an Berichten liegen, dass in den vergangenen Wochen immer wieder Privatjets russischer Oligarchen in Tel Aviv landeten – während dies in weiten Teilen der Welt aufgrund der Sanktionen längst unmöglich ist.
Quelle: tagesschau.de