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Kommentar: Nizza und palästinensischer Widerstand

Der Terroranschlag von Nizza erschüttert die Welt. Aber in Israel passieren solche Überfahr-Attacken immer wieder. Nur ist die mediale Bewertung der internationalen Gemeinschaft eine andere. Ein Kommentar von Ulrich W. Sahm
Die Promenade des Anglais in Nizza: Hier tötete ein Attentäter mit einem Lastwagen 84 Menschen
Seit Donnerstagabend überschattet das grausame Attentat in Nizza das Weltgeschehen. Angeblich hat ein Tunesier mit einem Lastwagen und um sich schießend mehr als 84 Menschen ermordet. In Israel sind solche „Überfahr-Terrorattacken“ seit Oktober 2015 immer wieder geschehen. Mehrfach fuhren extremistische Palästinenser mit ihren Autos in Gruppen von Soldaten oder Menschenansammlungen an Bus- oder Straßenbahnhaltestellen. In manchen Fällen stiegen sie aus, um die am Boden liegenden Verwundeten mit einem Messer oder mit einer Axt zu ermorden. Vor laufenden Sicherheitskameras wurden dann die Attentäter meist erschossen, von Sicherheitskräften oder bewaffneten Zivilisten. Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA), Menschenrechtsorganisationen, die UNO und sogar fremde Regierungen verurteilten dann Israel wegen „außergerichtlicher Hinrichtungen“, während die Anschläge als „Autounfälle“ dargestellt wurden. Ob Frankreich jetzt auch verurteilt wird, den schwerbewaffneten Tunesier am Steuer des Lastwagens erschossen zu haben, anstatt ihn zu verhaften? Wohl kaum. Wobei man annehmen kann, dass der Massenmörder, der mit Sicherheit „nichts mit dem Islam zu tun hat“, diese Methode bei den Palästinensern in Israel abgeschaut hat. Wenn sich in Israel solche Anschläge häufen, vermeiden es internationale Medien, von Terror zu reden. Die palästinensische Identität des Terroristen wird oft verschwiegen. Das Wort Terror ist bei einem britischen Sender wie der BBC und anderen Medien ein Tabuwort und wird nur verwendet, wenn ähnliches im eigenen Land passiert, etwa in London, Madrid oder jetzt in Nizza.

Scheinheilige internationale Berichterstattung

Und immer wieder werden sogar die Opfer in den Berichten unterschlagen. Vielmehr heißt es im Titel, dass mal wieder Israelis einen „unbewaffneten“ Palästinenser getötet hätten. Selbst mitten in Jerusalem überfahrene Babys oder erstochene Ultraorthodoxe nahe der Klagemauer oder am Damaskustor werden als „Siedler“ bezeichnet, womit die Schuldfrage im Handumdrehen gelöst ist. Den Palästinensern wird „Verzweiflung“ und „Leiden unter der Besatzung“ nachgesagt, selbst wenn die Attentäter – wie sich später herausstellt – aus wohlhabenden Familien stammen, gute Gehälter bei israelischen Firmen beziehen oder gar an israelischen Universitäten studieren. Ein relativ neues Phänomen sind jugendliche Attentäter, manche nur 13 Jahre alt, Buben wie Mädchen, die Streit zuhause haben, sich ein Küchenmesser greifen und losziehen, um „Juden abzustechen“. Solche Anschläge gelten als absichtlicher Versuch, Selbstmord zu begehen, um danach als „Schahid“ (Märtyrer) in der palästinensischen Gesellschaft hochgelobt und mit Denkmälern verehrt zu werden. Die Hinterbliebenen können zudem mit großzügiger finanzieller Entschädigung durch die PA rechnen. Den Urknall dieser Methoden traf 1982 amerikanische „Friedenstruppen“ in Beirut, als Extremisten, angeblich mit syrischer Anleitung, mit einem Sprengstoff beladenen Lastwagen eine amerikanische Kaserne sprengten und mehr als 200 Soldaten töteten. Als diese Methode Schule machte, wurden nicht nur amerikanische Botschaften überall in der Welt mit Betonblöcken weiträumig gesperrt. Zeitgleich wurden deutsche Botschaften mit Panzerglas und Sicherheitsschleusen befestigt, vor allem wegen Anschlägen der deutschen Terrorgruppe „Rote Armee Fraktion“ (RAF).

Auch Israel weiß, dass es keinen absoluten Schutz gibt

Nach den Überfahrattentaten der jüngsten Zeit versuchen auch die Israelis sich zu schützen. Mitten in Jerusalem wurden jetzt Stahlsäulen rund um Bushaltestellen in den Boden gerammt. Im Westjordanland wurden vor Haltestellen und Militärstellungen auch Betonblöcke auf die Straße gestellt, um die Wartenden zu schützen. Aber auch in Israel weiß man, dass es keinen absoluten Schutz gibt. Die Masche der Selbstmordattentate, vor allem ab Oktober 2000 während der Zweiten – von Jasser Arafat organisierten – „Intifada“, wurde durch einen erneuten Einmarsch israelischer Truppen in die palästinensischen Autonomie-Enklaven im März 2002 gestoppt. Selbstmordattentate werden ausnahmslos von Terror-Organisationen vorbereitet und organisiert. Denn ein Einzelner hat gar nicht die Fähigkeit, sich Sprengstoff und Zünder zu besorgen, um daraus dann eine funktionierende Sprengjacke zu basteln. Dazu bedarf es der entsprechenden Experten. Hinzu kamen früher auch noch die Abschiedsvideos oder Briefe, die posthum verbreitet wurden. Dem israelischen Geheimdienst gelang es, diesen organisierten Terror weitgehend zu zerschlagen, unter anderem mit – fragwürdigen – Methoden wie Folter beim Verhör, Administrativhaft und Massenverhaftungen. Mit Hilfe des Geheimdienstes wurden Waffenfabriken und Sprengstoff-Labors ausgehoben. Dann folgte der Bau der „Mauer“, die über hunderte Kilometer hinweg ein elektronisch gesicherter Zaun ist. Dieses physische Hindernis zwang Palästinenser, die nach Israel einreisen wollten, sich eine Genehmigung zu holen und Kontrollpunkte zu passieren, also quasi Grenzübergänge. Auf palästinensischer Seite ist längst vergessen, was der Grund für den Bau der Mauer war. Da wird sie als reine Schikane gesehen, als Methode israelischen „Landraubs“ und üble Behinderung der Bewegungsfreiheit durch die „Besatzer“. Entsprechend wird Israel in der Welt immer wieder wegen der Mauer verurteilt, während rundum Schweigen herrscht, wenn wieder einmal Israelis/Siedler in Tel Aviv, Netanja oder Jerusalem ermordet werden.

Ross und Reiter beim Namen nennen

Gleichwohl pilgern immer wieder Vertreter ausländischer Sicherheitskräfte nach Israel, um zu lernen, wie die Israelis ihre Flughäfen absichern und auch sonst den Terror in den Griff bekommen. Doch manche Methoden können nicht einfach nach Europa übertragen werden, wie zum Beispiel das „Profiling“, also das Erstellen von Täterprofilen durch Fallanalytiker, wobei die Israelis gewisse Gruppen besonders im Visier haben: Araber, Moslems und alleinreisende junge Leute. Obgleich die meisten Attentäter auch in Europa und zuletzt in Nizza Moslems und Araber sind, gilt es als „Rassismus“, die als besonders verdächtig Geltenden schärfer zu beobachten. Das für die sexuellen Übergriffe vor dem Kölner Dom in der Silvesternacht genauso wie am Flughafen von Brüssel oder im Nachtklub Bataclan in Paris, wo eine Gruppe Terroristen, die angeblich dem „Islamischen Staat“ nahestanden, mehr als 90 Menschen erschossen hatten. Inzwischen stellt sich heraus, dass die französischen Sicherheitsbehörden durchaus Informationen über einen geplanten Anschlag im Bataclan-Theater hatten. Dennoch haben sie weder die Hauptverdächtigen verhaftetet, noch die Besucher des Theaters gewarnt oder besonderen Polizeischutz bereitgestellt. Die ältere Schwester des französischen EM-Torschützenkönigs Antoine Griezmann war unter den Überlebenden im Bataclan, weil sie sich tot stellte, während um sie herum Menschen erschossen wurden, die sich noch bewegten. Anders als Europäer haben die Israelis keine Hemmung, die Gefahren und die potenziellen Täter beim Namen zu nennen und vorsorglich zu inhaftieren.

Kritik an deutschsprachigen Medien

Bemerkenswert ist auch die Darstellung des Anschlags in Nizza. Deutschsprachige Medien wie „Der Spiegel“, „Focus“, FAZ, NZZ, „Tagesschau“ und andere setzten in den Titel: „Lastwagen“ raste in Menschenmenge. Und weiter wurde aus Agenturmaterial zitiert, wonach ein „mutmaßlicher Attentäter“ beteiligt war. Es ist festzustellen, dass Lastwagen ganz von alleine fahren und dazu führen, dass „Menschen sterben“ – vermutlich an Herzversagen. Wunderbar ist auch die Formulierung „mutmaßlicher Attentäter“. Wenn es nur ein „Unfall“ war mit einem selbstfahrenden Lastwagen, dann kann es auch keinen Attentäter gegeben haben. Deshalb muss wohl von einem „mutmaßlichen“ Attentäter geschrieben werden. Da der aber – außergerichtlich – von Polizisten hingerichtet worden ist, wird man niemals die wahren Motive des Fahrers erfahren können, obgleich der eine Granate und „Waffenattrappen“ bei sich hatte. Mit einer dieser „Attrappen“ hat er jedenfalls nach Medienberichten tatsächlich geschossen. So ergibt sich also, dass Lastwagen ganz von alleine in Menschenmengen rasen – und falls da einer am Steuer gesessen haben sollte, wäre er nur ein „mutmaßlicher Attentäter“. Und neuerdings benötigt man keine Waffen mehr, um zu schießen. Das können auch „Waffenattrappen“.

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