Als am Tag der Abstimmung über den Brexit alle Augen auf London gerichtet waren, hätten wir alle gut daran getan, auch einen Blick nach Brüssel zu riskieren. Bei aller Aufregung um den Brexit ist untergegangen, dass an jenem Donnerstag Palästinenserpräsident Mahmud Abbas vor dem EU-Parlament gegen Juden hetzte – und am Ende Applaus, ja sogar stehende Ovationen der Abgeordneten erhielt. Rabbis in Israel hätten dazu aufgerufen, Brunnen der Palästinenser zu vergiften, behauptete er. Dieser Vorwurf erinnert nicht nur an antijüdische Legenden aus dem Mittelalter. Es war auch zum Zeitpunkt der Rede längst bekannt, dass der Vorwurf haltlos ist.
Nicht einmal der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, wagte ein Widerwort. Im Gegenteil: Der SPD-Politiker applaudierte ebenfalls, genauso wie die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, nur um die Rede dann „inspirierend“ zu nennen. Wütend wurde Schulz kurz darauf dennoch, wie zu lesen war. Doch nicht etwa wegen antisemitischer und antiisraelischer Parolen auf großer EU-Bühne, sondern weil Großbritannien den Brexit seiner Meinung nach nicht schnell genug umsetzt.