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Netanjahu, Hitler, der Mufti und der Holocaust

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat in seiner Rede vor dem zionistischen Kongress in Jerusalem am Dienstag behauptet, der Mufti von Jerusalem, Hadsch el-Amin el-Husseini, habe Adolf Hitler auf die „Idee“ gebracht, die Juden auszurotten, und nicht nur zu deportieren. „Verbrenne sie“, soll Husseini gesagt haben.
Hatte mit seiner Sicht auf Juden Einfluss auf Hitler: der Jerusalemer Großmufti Husseini
Erwartungsgemäß wurde Netanjahu wegen dieser Behauptung sehr scharf kritisiert, von Historikern wie Mosche Zimmerman, dem Oppositionsführer Jitzhak Herzog und palästinensischen Sprechern wie Saeb Erekat: Das sei Geschichtsklitterung. Auch der Sohn eines Historikers müsse sich an die Fakten halten. Netanjahu arbeite europäischen Rechtsradikalen in die Hände, indem er Hitler von Schuld freispreche und sie dem Mufti in die Schuhe schiebe. Der Hass auf die Palästinenser bringe Netanjahu um den Verstand, indem er die Palästinenser für den Holocaust verantwortlich mache. Oppositionschef Herzog forderte Netanjahu auf, sich zu korrigieren, und nicht „alte Geschichte“ mit heutiger Politik zu vermischen. Wann die Idee aufkam, die Juden physisch auszurotten und nicht nur aus Deutschland und Europa zu vertreiben, ist ebenso ungewiss wie die Frage, wer Hitler auf die Idee gebracht hat. Der sogenannte „Führerbefehl“ zur Vernichtung der Juden ist bis heute nicht aufgefunden worden. Die „Wannsee-Konferenz“ im Januar 1942 war im Wesentlichen eine Bestandsaufnahme der Zahl der Juden in Europa. Die anwesenden Nazis und Juristen segneten einen gefassten Beschluss ab und berieten über dessen Umsetzung.

Einfluss auf Hitler und Nazi-Spitzen

Gleichwohl gibt es historisch belegbare Hinweise auf eine wichtige Rolle des Muftis. Im November 1941 trafen sich der Mufti und Hitler in Berlin. Dabei soll sich Husseini darüber beklagt haben, dass die von Hitler vertriebenen Juden „nach Palästina kommen würden“. Als Hitler den Araber fragte, was er denn tun sollte, habe er gesagt: „Verbrenne sie“. Das Treffen, bei dem laut Netanjahu diese Worte gefallen sein sollen, hat im November 1941 stattgefunden, unmittelbar vor der ursprünglich geplanten Einberufung der Wannsee-Konferenz im Dezember 1941. Wegen des japanischen Angriffs auf Pearl Harbour wurde sie in den Januar 1942 verlegt. Belegt ist auch, dass der Mufti einen Einfluss auf Hitler und die Nazi-Spitzen hatte und eine Vernichtung der Juden nicht nur in seinen Propaganda-Radiosendungen von Berlin in die arabische Welt getragen habe. In Begleitung des Organisators der Judenvernichtung, Adolf Eichmann, habe der Mufti mehrere Konzentrationslager besucht, unter anderem das Vernichtungslager Auschwitz. Das ist alles belegt durch Zeugenaussagen bei den Nürnberger Prozessen nach dem Krieg und dem Eichmann-Prozess 1961 in Jerusalem. Es gibt Fotos vom Mufti, wie er die „Handschar“ auf dem Balkan besucht, eine arabische SS-Truppe, die sich aktiv an der Deportation von Juden nach Auschwitz beteiligt hat. In einer 1948 gedruckten Biografie des Muftis widmet Maurice Pearlman dem Thema mehrere Kapitel und erwähnt einen vermeintlichen „Versprecher“ des Mufti in einer Propagandasendung vom 21. September 1944. Obgleich es vor dem Zweiten Weltkrieg in der Welt etwa 17 Millionen Juden gab, redete der Mufti von nur noch 11 Millionen. Er hatte sich nicht verrechnet, sondern verraten, was sonst nur Hitler, Himmler und Eichmann wussten: über 5 Millionen waren bis dahin schon liquidiert worden.

Aktuelle Aufrufe zum Mord an Juden

Es gibt zahlreiche Belege dafür, dass der Mufti eine Vernichtung der Juden wünschte und die Nazis dabei unterstützte. Doch Netanjahus Behauptung, dass Hitler erst durch Husseini „inspiriert“ worden sei, ist unwahrscheinlich, zumal schon vor dem Treffen Einsatztruppen der SS massenhaft Juden ermordet hatten. Ebenso ist jedoch klar, dass heute in Moscheen und in der palästinensischen Propaganda offen zum Mord an Juden aufgerufen wird. Terroranschläge gegen jüdische Ziele in Buenos Aires, in Paris, Kopenhagen, Wien und München sowie dieser Tage in Israel bezeugen, dass dieser Geist der Nazis und in der Folge des Mufti bis heute wirkt. Eine mörderische Propaganda wird in arabischen wie iranischen Medien meistens mit typisch antisemitischen Motiven betrieben, die direkt dem „Stürmer“ entnommen worden sind. Der Mufti hat wahrscheinlich Hitler nicht zum Völkermord an den Juden inspiriert, aber er hat gewiss einen entscheidenden Einfluss ausgeübt und dann diese Ansichten mit seinen Propagandasendungen in der ganzen arabischen Welt populär gemacht. Die Auswirkungen dieser Propaganda dauern bis heute an, wie man an den Geständnissen der teilweise sehr jungen Messerstecher und Attentäter der vergangenen Tage in Jerusalem ablesen kann, wenn sie „spontan“ losziehen, Juden abzustechen. (uws)

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