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„Palästina gab es schon vor 5.000 Jahren“

Landkarten sind seit jeher ein beliebtes Mittel, Propaganda und Geschichtsklitterung zu verbreiten. Das tut auch die Schweizer Firma „Euratlas-Nüssli“. Auf ihren Landkarten gab es „Palästina“ schon vor 5.000 Jahren und die Israeliten stammten aus dem Gebiet des heutigen Saudi-Arabien.
Bildausschnitt der Karte "Nordpalästina und Libanon" 1856 von Heinrich Kiepert (Symbolbild)
Nach eigenen Angaben ist „Euratlas-Nüssli“ ein Fachspezialist historischer Digital-Kartografie mit Sitz in Yverdon-les-Bains. Auf ihrer Internetseite bietet sie historische Landkarten zu Europa und anderen Erdteilen. Der 1942 in Stuttgart geborene Historiker, Kartograph, Komponist und Philatelist Andreas Birken zeichnete verantwortlich für die Landkarten zum „Alten Orient“ von 3200 bis 400 vor Christus. Einige seiner Landkarten enthalten politisch motivierte Geschichtsklitterungen oder Rassebezeichnungen, die seit 1945 eigentlich Tabu sind.

Willkürliche Bedienung von Begriffen

Ein Briefwechsel mit ihm ergab, dass er manche „Sammelbegriffe“ nicht erfunden habe. Er schrieb: „Natürlich hieß Palästina 3000 BC nicht so. Aber man hat keine anderen Sammelnamen für das Gebiet. Judäa ist auch nicht identisch mit Palästina.“ Das ist eine bemerkenswerte Aussage für einen „Wissenschaftler“, der seine Landkarten über „Euratlas-Nüssli“ teuer verkauft. Er hätte genauso behaupten können, dass die Welt eine Scheibe sei. Ein Wissenschaftler sollte eigentlich falsche „Erfindungen“ anderer verwerfen, oder auf unpassende „Sammelbegriffe“ verzichten, wie er das auch bei anderen Ländern und Regionen tut. Auf der Landkarte für 3300 vor Christus ist kein einziges Land angegeben. Beim heutigen Ägypten steht „Naqada-Kultur“, für Irak die „Uruk-Kultur“ und für die heutige Türkei „jüngere chalkolitische Buntkeramikkulturen“. Es ist legitim, so die Verbreitung der Kulturen darzustellen. Als einziges historisches Ereignis erwähnt er dort die „Einwanderung von Nordsemiten“. Gemeint ist vielleicht Erzvater Abraham, denn es ist kein Volk aus dem Altertum überliefert, das den Namen „Nordsemiten“ trug. Zu Lebzeiten war Abraham jedoch kein „Volk“, als er laut Bibel in das Land Kanaan zog. „Semiten“ ist ein Begriff der Aufklärung, um Juden auszuklammern. Der Vorwurf des „Gottesmordes“ zog nicht mehr, weil mit der Aufklärung behauptet worden war: „Gott ist tot“. Also wurden Menschenrassen erfunden. Mangels Kriterien dienten Sprachfamilien als Grundlage. So wurden Juden zu „Semiten“ und Mitteleuropäer zu „Ariern“ erklärt. Diese von den Nazis auf die Spitze getriebene Rassenlehre wurde nach 1945 wieder abgeschafft. Auch auf anderen Landkarten erwähnt Birken „Semiten“, anstatt deren echte Volksnamen zu verwenden.

Tendenziöse und faktisch falsche Wahl des Begriffes „Palästina“

Eine fragwürdige Geschichtsklitterung taucht auf mehreren Landkarten auf, in denen jegliche Staats- oder Landesnamen fehlen, es aber mittendrin schon „Stadtstaaten in Palästina“ gibt. Die Verwendung des Begriffes „Palästina“ ist hier nicht nur anachronistisch. Sie ist eine politisch motivierte Geschichtsklitterung. In der Periode 3100 bis 3000 vor Christus waren noch nicht einmal die Namensgeber „Palästinas“, das griechische Seevolk der Philister, ins Land gekommen. Erstmals hat Kaiser Hadrian im Jahr 132 nach Christus die römische Provinz „Judäa“ in „Palästina“ umbenannt. Danach sprachen erst wieder die Briten vom „Mandat Palästina“. Daraus schuf Jasser Arafat 1968 den Begriff „Palästinenser“ als Volksname für die Araber in diesem Gebiet. Sogar der „Begründer“ der „palästinensischen Nationalbewegung“, Hadsch Amin el-Husseini, Mufti von Jerusalem, kannte noch keine „Palästinenser“. Birkens Verwendung von „Palästina“ ist absurd. Er käme auch nicht auf die Idee, die Germanen in Deutschland oder die Römer in Italien leben zu lassen. Obgleich der „Nordsemit“ Abraham laut Bibel schon dem Pharao in Ägypten begegnet ist, taucht bei Birken auf der Karte der Jahre 3200 bis 3100 erstmals der Landesname Ägypten mit der 0. Pharaonen Dynastie auf. Mehrfach kommen auf den weiteren Landkarten einwandernde „Semiten“, angesiedelte Kanaanäer und dann wieder einwandernde Kanaanäer vor. Wo sie herkommen, bleibt Birkens Geheimnis.

„Das Reich Davids und Salomons ist archäologisch nicht belegt“

Aus der Landkarte 1300 bis 1200 erfahren wir, dass „Israeliten“ aus dem heutigen Saudi-Arabien in das namenlose Land mit den Städten Gaza, Askalon, Akka und Urusalem zogen. Dass die Bibel prominent vom Auszug aus Ägypten unter Moses berichtet, ist für Birken offenbar irrelevant. Kurzerhand verlegt er die Herkunft der Israeliten in das Gebiet des heutigen Saudi-Arabien. Im vormaligen „Palästina“ ist 1200 bis 1100 ein Staat namens Peleset entstanden, der 100 Jahre später – von Philistern bewohnt – „Israel“ heißt. Auf Karte 1000 bis 900 erfahren wir dann aus einer Anmerkung in roter Schrift: „Das Reich Davids und Salomons ist archäologisch nicht belegt“. Birken ist nicht auf dem neuesten Stand. Er hat sein wissenschaftliches Wissen aus der NZZ oder dem „Spiegel“ bezogen. Sie haben diese biblischen Könige zu Mythen erklärt, trotz der Entdeckung einer Stele mit der Inschrift „Haus Davids“ 1993 in Tel Dan. Mit seiner in rot markierten Anmerkung insinuiert Birken, dass er alle anderen Angaben auf seinen Landkarten „archäologisch nachweisen“ kann, die Wanderungen der Kanaanäer, die Herkunft der Israeliten aus Saudi-Arabien oder die 0. Dynastie der ägyptischen Pharaonen. Widersprüchlich ist bei den Landkarten die Bezeichnung von Jerusalem. So wurde in der Periode 400 bis 300 die vormals unter Abraham genannte Stadt „Urusalem“ nun auf Griechisch als „Hierosolyma“ eingetragen. Während des archäologisch nicht nachgewiesenen Reichs von David und Salomon hieß die Stadt vermeintlich „Jerusalem“. Die Hebräisch sprechenden „Semiten“ nannten die Stadt jedoch „Jeruschalaim“. Birkens Verwendung von Namen, auf Deutsch, Englisch oder dem zeitgenössischen Original nachempfunden, entbehrt jeder Logik und ist inkonsistent.

Kartenzeichner mit politischer Agenda

Wie man seiner Biographie entnehmen kann, hat Birken einst „Islamkunde“ studiert. Er hat sich intensiv mit dem Osmanischen Reich und der Islamischen Welt beschäftigt, was seine in den Landkarten subtil eingebaute Feindseligkeit gegen Israeliten und „Semiten“ ebenso erklären könnte wie die mehrfache anachronistische Verwendung des Begriffes „Palästina“. Von einem „Wissenschaftler“ und einem Schweizer Verlag würde man mehr Fachkompetenz, Genauigkeit im Umgang mit historischen Begriffen und politisch neutrale Darstellungen erwarten. So aber erweisen sich Birkens Landkarten als üble moderne Propaganda mit antisemitischen Seitenhieben. (uws)

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