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Ein afrikanischer Traum

Am 28. August 2013 sind 450 äthiopische Juden auf dem Ben-Gurion-Flughafen bei Tel Aviv gelandet. Sie gehören zu den letzten der 7.000 „Beita Israel“, die seit November 2010 im Rahmen der „Operation Taubenflügel“ nach Israel einwandern. Richtig angekommen sind aber weder sie noch ihre Vorgänger, die bereits vor Jahrzehnten in das Land kamen.
Ein Traum wird wahr: Bei der Ankunft auf dem Ben-Gurion-Flughafen erfüllt sich eine Jahrhunderte alte Sehnsucht.

Der Traum währt bereits 2.800 Jahre: Die Rückkehr in das Land Israel aus der Fremde, wo den Juden oft Argwohn und Ausgrenzung entgegenschlugen. Seit dem vergangenen Jahrhundert beginnt für die „Beita Israel“ (Haus Israel) genannten äthiopischen Juden der Traum wahr zu werden, wandern sie nach Israel ein. Rund 500 kamen, bevor sie das israelische Rabbinat und schließlich der Staat Israel im April 1975 als Juden anerkannt haben.
Im September 1974 übernahm eine marxistische Militärdiktatur die Macht in Äthiopien. Sie wandte sich mit antireligiösem Impetus auch gegen die Juden des Landes. Bürgerkrieg und Hungersnot führten zur Massenflucht in den benachbarten Sudan. Bis 1984 machten sich etwa 8.000 äthiopische Juden auf diesen gefährlichen Weg. Doch die Hälfte, rund 4.000 Menschen, starb unterwegs an Krankheit, Hunger oder durch die Hand von Banditen.
Angesichts der schlimmen Lage in Äthiopien und in den Flüchtlingslagern des Sudan organisierte Israel mit dem amerikanischen Geheimdienst CIA Ausreisen im großen Stil: Mit der „Operation Mose“ kamen zwischen November 1984 und Januar 1985 etwa 8.000 Beita Israel via Luftbrücke nach Israel. Den Behörden am Flughafen in Khartum gaukelte man vor, die Passagiere seien Muslime auf Pilgerreise nach Mekka, während die Regierung des Sudan die Operation auf Druck der USA insgeheim erlaubte. Das Unternehmen flog auf, nachdem Informationen darüber in der israelischen Presse durchsickerten.
Wegen der verfrüht abgebrochenen Aktion wurden Familien auseinandergerissen: Etwa 1.000 „Waisen der Umstände halber“ lebten in Israel, während deren Eltern im Sudan der Ausreise harrten. Erst die „Operation Josua“ (1985) und die 36-stündige „Operation Salomo“ (1991) mit 14.400 Einwanderern ermöglichten die Zusammenführung der Familien.
Seit der „Operation Salomo“ wanderten bis heute weitere 52.000 Beita Israel in den jüdischen Staat ein. Unter ihnen befanden sich auch „Falasch Mura“. Deren Vorfahren sind im 19. und 20. Jahrhundert, oft unter Druck, zum Christentum übergetreten. Sie konnten daher nicht das Rückkehrgesetz in Anspruch nehmen und wanderten illegal ein. 2003 anerkannte Israels Regierung jene, die mütterlicherseits jüdische Vorfahren nachweisen konnten. Zusätzlich mussten sie eine Konversion zum Judentum vornehmen. Insgesamt sind seit den 1970er Jahren laut der „Jewish Agency“ rund 92.000 äthiopische Juden nach Israel eingewandert. Heute leben laut israelischem Statistikamt etwa 130.000 Beita Israel in dem jüdischen Staat, 32.500 von ihnen sind im Land geboren.
Aber wie gelangten Juden nach Äthiopien? Über ihren Ursprung gibt es mehrere Theorien. Entscheidend ist wohl ihr eigener Gründungsmythos einer Liaison von König Salomo und der Königin von Saba und dem daraus hervorgegangenen Sohn Menelik I., mit dem ein Teil der Israeliten nach Äthiopien gekommen sei. Die Beita Israel kennen entsprechend nicht die jüngeren Traditionen des Judentums wie Channukka und das Purim-Fest. Am 29. Tag des jüdischen Monats Cheschwan, 50 Tage nach Jom Kippur, feiern sie das eigene Sigd-Fest („Verbeugung“). Sie versammeln sich in Jerusalem, tragen die Torah und bunte Regenschirme, und gedenken unter Fasten des Gottesbundes sowie der Gabe der Torah. Mit einem Festmahl brechen sie das Fasten und feiern bis in den Abend. Seit 2008 ist das Fest ein offizieller Feiertag in Israel.

Integration mit Hindernissen

Der Staat Israel bemüht sich um die Einbindung der Beita Israel, doch verläuft diese nicht unproblematisch. Vielen äthiopischen Juden mangelt es an Bildung. Das erschwert in der hochentwickelten Arbeitsgesellschaft Israels ihre Eingliederung. Und wenn sie eine Anstellung finden, dann ist die meist schlecht bezahlt: Einer Studie der Bar-Ilan-Universität aus dem Jahr 2012 zufolge verdienen äthiopische Juden 30 bis 40 Prozent weniger als arabische Israelis, die ebenfalls Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben. Hinzu kommt, dass äthiopische Juden in manchen Fällen Ausgrenzung erfahren: Ihre Kinder wurden mitunter nicht in Schulen zugelassen, Immobilienbesitzer weigerten sich, an äthiopische Juden zu verkaufen oder zu vermieten. Diese Hindernisse führten Anfang 2012 zu Protesten vor der Knesset gegen die Diskriminierung.
Dennoch gibt es Hoffnungszeichen. Bei den Knesset-Wahlen 2013 wurde die 31-jährige Pnina Tamano-Schata (Jesch Atid) als erste äthiopische Jüdin zur Abgeordneten gewählt. Sie kam 1984 mit ihrer Familie mit der „Operation Mose“ nach Israel. Im März gewann die 21-jährige Jitjisch Ainaw den Schönheitswettbewerb „Miss Israel 2013“. Und im gleichen Monat waren gleich zwei Juden äthiopischer Herkunft beim Jerusalem-Marathon siegreich: Abraham Kabeto Ketla gewann beim Wettbewerb der Männer und stellte einen Rekord auf. Bei den Frauen siegte Mihiret Anamo Anotonios.
Der Marathon der Integration geht in Israel jedoch weiter. Und auch die Alijah selbst ist noch keinesfalls abgeschlossen, jedenfalls aus Sicht einiger Protestler, die am Tag des Einflugs der 450 Juden gegen das Ende der offiziellen Einwanderung protestierten. Einige Falasch Mura befänden sich noch in dem Zwischenlager in Äthiopien, während ihre Verwandten in Israel lebten. Der Jahrhunderte alte Traum, nach Israel zurückzugekehren, hält für einige Beita Israel vorerst weiter an …

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