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Kinofilm „Miral“: Widerstand ist zwecklos

Der Spielfilm "Miral", der diese Woche in den deutschen Kinos angelaufen ist, handelt von vier palästinensischen Frauen in der Zeit zwischen der Staatsgründung Israels und den Friedensverhandlungen von Oslo in den 90er Jahren. Leider stellt er sehr einseitig die palästinensische Sicht und ihre Rechtfertigung für Terror dar und blendet die israelische Seite komplett aus.

Die Handlung des 112 Minuten langen Films hangelt sich anhand von vier Frauenschicksalen durch fast 50 Jahre israelische Geschichte. Dreh- und Angelpunkt ist das Waisenhaus „Dar-Al-Tifl“ in Ostjerusalem. Hind Husseini, die von 1916 bis 1994 lebte, gründete das Haus 1947. Sie nahm 55 Kinder auf, die nach dem Überfall von Zionisten auf ein palästinensisches Dorf obdachlos geworden waren. Die Kinder erzählen von schlimmen Verbrechen, die die Israelis begangen haben. Dies soll der Grundakkord für den Rest des Films bleiben, mit dem die Israelis in „Miral“ dargestellt werden. Die israelische Armee, so scheint es, habe nichts Besseres zu tun, als den Palästinensern das Leben schwer zu machen.

Wenn Israelis auftreten, und das tun sie nur selten, dann sind sie hässlich, gewalttätig, arrogant und meistens in Gestalt von Soldaten. Die Musik färbt sich sofort tief traurig, sobald Israelis zu sehen sind, und seien es nur israelische Bürger im bunten Alltagstreiben Jerusalems oder orthodoxe Juden. Die Palästinenser hingegen, die unter dem Unterdrücker in grüner Uniform leiden, werden dargestellt von den hübschesten arabisch aussehenden Schauspielern, die auf diesem Planeten aufzutreiben waren. Seien es auch Terroristen im Untergrund, die an der nächsten Bombe für den Feind basteln, in „Miral“ sind sie romantisch verklärt zu vielen kleinen Che Guevaras.

Die Politik des komplizierten Nahost-Konflikts behandelt „Miral“ nicht einmal ansatzweise. Dennoch vermittelt er eine Position. Die Israelis feiern ihr Leben und ihren neu gegründeten Staat, während die Palästinenser unter eben jenem neuen Staat zu leiden haben. Die Frage danach, worin die Unterdrückung genau besteht, und wie groß die Chance für die Palästinenser ist, sich ebenfalls um ein glückliches Leben zu kümmern, wird nicht gestellt.

Wenn die Untergrund-Terroristen ihre Bomben bauen und zwischen israelischen Zivilisten verstecken, geschieht dies ohne moralisches Nachfragen, und leise klingt der Verdacht mit, irgendwie könnte die eine oder andere Bombe in einem israelischen Kino ja doch gerechtfertigt sein. Schikanen durch Grenzsoldaten, die Autos durchsuchen (müssen), weil sich darin Bomben befinden könnten, werden als arrogantes Gebaren der Besatzermacht dargestellt. Paradoxerweise zeigt Regisseur Julian Schnabel eine Szene mit unwirsch blaffenden israelischen Soldaten am Checkpoint unmittelbar nach einer Szene, in der palästinensische Terroristen eine Bombe in einem Auto versteckt haben, das vor einer jüdischen Siedlung in die Luft gesprengt werden soll. Gibt es da vielleicht einen Zusammenhang?

Die andere Rolle, die Israelis in „Miral“ zugedacht wurde, ist die des Bulldozer fahrenden Unheils, das Dörfer willkürlich dem Erdboden gleichmacht. In anderen Szenen kommen die Soldaten in grüner Uniform, um ein Haus abzureißen, und die Bewohner des palästinensischen Dorfes stehen weinend daneben und müssen zusehen. Warum die Armee die Häuser abreißt, etwa zur Abschreckung für die Hinterbliebenen von Selbstmordattentätern, wird nicht erklärt. Die israelische Seite des Nahostkonflikts findet in Schnabels Film nicht statt.

Hauptperson ist das palästinensische Mädchen „Miral“, Tochter einer Frau namens Nadia. Nadia wurde bereits früh vom Mann ihrer Mutter vergewaltigt. Davon traumatisiert taumelt sie durchs Leben, verdingt sich als erotische Tänzerin und schlägt beim kleinsten Anlass eine Israelin im Bus krankenhausreif. Miral steht in der Gefahr, einen ähnlichen Weg einzuschlagen wie ihre Mutter. Ihr Vater, gespielt von Alexander Siddig, gibt Miral ins Waisenhaus „Dar-Al-Tifl“, weil er von der Erziehung überfordert ist. Als 17-Jährige, inzwischen wird sie dargestellt von der bildhübschen indischen Schauspielerin Freida Pinto (bekannt aus „Slumdog Millionaire“), kommt sie in Kontakt mit dem terroristischen Untergrund. Die Beteiligung scheint verlockend, denn die Gräuel der Israelis an Palästinensern schreien zum Himmel. „Vier Arbeiter aus Gaza wurden heute überfahren, das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat“, sagt ein Aufständischer, womit der Ausbruch der „Intifada“ erklärt werden soll. „Die jüdischen Siedler, die orthodoxen Juden, sind das Krebsgeschwür des Landes“, sagt Mirals Freund. Später rückt er ein wenig von seinem Hass ab und kann sich vorstellen, dass Friedensverhandlungen mit den Israelis nützlich sein könnten. Dafür wird er allerdings umgehend von seinen Kameraden ermordet.

Den Hauch einer Hoffnung, wie ein friedliches Zusammenleben zwischen Israelis und Palästinensern funktionieren könnte, zeigt uns Schnabel in Form einer zärtlichen Annäherung zwischen Miral und der jüdischen Freundin eines Freundes. Lisa, gespielt von Julian Schnabels Tochter Stella, küsst Miral auf den Mund, erzählt ihr von den Rolling Stones und möchte mit ihr im Meer schwimmen gehen – ganz egal, ob sie eine Palästinenserin ist oder nicht. Und tatsächlich bricht etwas in Miral auf, der Hass auf „den Feind“ weicht für einen Moment auf. Gibt es etwa auch Menschen unter den Israelis?

Das Buch, das „Miral“ zur Grundlage hatte, stammt von der palästinensisch-italienischen Journalistin Rula Jebreal, der 21 Jahre jüngeren Lebensgefährtin des Regisseurs. Sie ist – zumindest zu großen Teilen – die echte Miral. Julian Schnabel, amerikanischer Maler und Filmregisseur, ist der Sohn jüdischer Eltern und lebt in Manhattan. Zwischen den beiden Künstlern, den eigentlich verfeindeten Volksgruppen zugehörig, hat die schönste aller menschlichen Verbindungen jedenfalls schon mal geklappt.

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