DOHA (inn) – Der einflussreiche katarische Scheich Jusuf al-Karadhawi sieht palästinensische Selbstmordanschläge als verboten an. Das betonte der Geistliche in einem Interview mit dem arabischsprachigen Fernsehsender „Al-Hiwar“ am 18. November. Der Sender mit Sitz in London steht der Muslimbruderschaft und der islamistischen Hamas nahe. Das israelisch-amerikanische „Medienforschungsinsitut des Nahen Ostens“ (MEMRI) veröffentlichte eine Übersetzung der Interviews am Dienstag.
In dem Interview erklärte Al-Karadhawi, er habe Selbstmordanschläge vorzeiten aus einer „gewissen Notwendigkeit“ heraus erlaubt. Die Palästinenser hätten früher keine andere Wahl gehabt, um sich gegen die Israelis zu verteidigen. Heute stünden den Palästinensern andere Mittel zur Verfügung. Palästinensische Gelehrte hätten Selbstmordanschläge auch bereits verboten. „Diejenigen, die solche Operationen ausführen, sind keine Palästinenser.“
Diese Haltung habe er bereits in seinem Buch „Das Recht des Dschihad“ erwähnt, führte Al-Karadhawi weiter aus. Das Buch ist im Jahr 2009 erschienen. Der Interviewer von „Al-Hiwar“ vermutete daraufhin, dass die Meinungsänderung bezüglich der Selbstmordanschläge in der islamischen Welt nicht so bekannt ist, da die ursprüngliche Erlaubnis als Video kursierte.
Einflussreicher Gelehrter
Al-Karadhawi zählt aufgrund seiner Fernsehsendungen und Bücher zu den einflussreichsten islamischen Rechtsgelehrten. Sein 1960 erschienenes Buch „Erlaubtes und Verbotenes im Islam“, ein Rechtskompendium für Laien, wurde in 30 Auflagen publiziert und fand jahrelang auch Verwendung im islamischen Religionsunterricht in Österreich.
Der 1926 in Ägypten geborene Rechtsgelehrte steht dem Denken der Muslimbruderschaft nahe. 1961 ging er aufgrund von Repressionen durch die Regierung nach Katar und baute an der Universität von Katar in Doha eine Fakultät für Scharia und Islamstudien auf. Laut der Zeitschrift „Middle East Quarterly“ war es eine Fatwa von Al-Karadhawi, in deren Folge die Hamas auch Frauen Selbstmordanschläge verüben ließ. Darin bezeichnete er „Märtyrertum“ als „heroischen Akt“ und „die großartigste Form des Dschihad“. (df)Religionsführer aus Nahost rufen zu Frieden auf (inn)
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