Fünfzig Tage beziehungsweise sieben „Wochen“ (hebräisch „Schawuot“) nach der Gedenkfeier an den Auszug aus dem Land der Sklaverei sollte ein Erntedankfest für die Erstlingsfrüchte des Feldes gefeiert werden. Diese „Fünfzig“ war für die ersten Christen ein so fest stehender Begriff, dass die Zahl – „Pentekoste“, von der „Pfingsten“ kommt – im Neuen Testament ausschließlich für die Omer-Zählung verwendet wird (Apostelgeschichte 2,1; 20,16; 1. Korinther 16,8).
Neben Pessach und Sukkot ist Schawuot eines der großen Wallfahrtsfeste Israels, an dem „alles, was männlich ist, vor dem Angesicht des Herrn“ erscheinen sollte. Die Anordnung wird ausdrücklich in Verbindung gesetzt zur Existenz des Volkes Israel im Land Israel (2. Mose 23,16f.; 34,23f.; 5. Mose 16,16). Ein ungestörtes, von Gott losgelöstes – also: „Gott-loses“ – Wohnen im Land ist nach biblischer Vorstellung undenkbar.
Zudem sollten die Israeliten niemals vergessen, „dass du Sklave warst in Ägypten“ (5. Mose 16,12). Deshalb, so erklären Rabbiner heute, zählt man in der Omer-Zählung auch nicht rückwärts, wie es eigentlich üblich ist, wenn ein Mensch auf einen bestimmten Zeitpunkt zulebt. Ein Brautpaar, das seine Hochzeit vor Augen hat, zählt die bis zum großen Ereignis verbleibenden Tage. Beim Omer-Zählen dagegen bleibt immer der Rückblick auf die Befreiung. (3. Mose 23,10ff.; 5. Mose 16,9)
Schon Mose verband das Wochenfest, das in diesem Jahr am Abend des 11. Juni beginnt, mit dem „Bewahren und Tun der Gesetze“ Gottes (5. Mose 16,12). Heute ist Schawuot das Fest, an dem das jüdische Volk in besonderer Weise an die Gabe der Torah denkt. Deshalb studieren fromme Juden an Schawuot die ganze Nacht hindurch das Wort Gottes. Sie machen sich unter anderem Gedanken darüber, ob die Offenbarung seines Willens eine einmalige Angelegenheit war, oder ob der Schöpfer auch heute noch in die Gegenwart hinein spricht.