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Juden danken für Tora und erste Früchte

Das biblische Buch Ruth enthält verschiedene Aspekte des Wochenfestes Schawuot. Einer ist die Freundlichkeit gegenüber Fremden in der Erntezeit.
Von Elisabeth Hausen

Das jüdische Wochenfest Schawuot „vollendet“ quasi Pessach. Das schreibt die Israelische Nationalbibliothek in einem Beitrag über das zweitägige Fest, das am Samstagabend beginnt. Damit fällt es in diesem Jahr mit dem christlichen Pfingsten zusammen.

Als Erklärung heißt es bei der Jerusalemer Bibliothek: „Denn Pessach markiert die körperliche Erlösung der Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten, während der Prozess ihrer geistlichen Erlösung erst an Schawuot vollendet wurde, als Gott den Israeliten die Tora mit ihrem edlen moralischen und sozialen Code am Berg Sinai gab.“

Dank für Gabe der Tora

Schawuot erinnert an die Gabe der Tora am Berg Sinai. Die Bibel gebietet dazu: „Das Wochenfest sollst du halten mit den Erstlingen der Weizenernte und das Fest der Lese, wenn das Jahr um ist“ (2. Mose 34,22). Wenn die Bauern in Israel beginnen, den Weizen zu ernten, sollen die Juden also dieses Fest feiern.

Auf Hebräisch heißt es „Chag HaSchawuot“ (Fest der Wochen). Der Name weist darauf hin, dass dieses Fest sieben Wochen nach Pessach begangen wird – am 6. und 7. Tag des Monats Siwan. Das ebenfalls genannte Fest der Lese ist im Herbst das Laubhüttenfest „Sukkot“.

Schawuot ist neben Pessach und Sukkot das dritte große Wallfahrtsfest. Dazu ist in 5. Mose 16,16–17 zu lesen: „Dreimal im Jahr soll alles, was männlich ist bei dir, vor dem HERRN, deinem Gott, erscheinen an der Stätte, die der HERR erwählen wird: zum Fest der Ungesäuerten Brote, zum Wochenfest und zum Laubhüttenfest. Man soll aber nicht mit leeren Händen vor dem HERRN erscheinen, sondern ein jeder mit dem, was er zu geben vermag, nach dem Segen, den dir der HERR, dein Gott, gegeben hat.“

Wie bedeutend die Tora ist, wird in vielen Aussprüchen jüdischer Gelehrter deutlich. In einem Kommentar zu 2. Mose 18,20 heißt es etwa: „Drei Kronen gibt es. Die Krone der Tora, die Krone der Priesterschaft, die Krone des Königtums … Die Krone der Tora ist vor jedermann hingelegt, und wer sie erworben hat, der steht vor Gott da, als hätten die drei vor ihm gelegen, und er habe sie alle erworben“ (Midrasch Sifre Bemidbar 119).

Fremdenfreundlichkeit und Zuwendung zum jüdischen Glauben

Zur Lesung an Schawuot gehört das Buch Ruth. Es erzählt unter anderem von einem Akt der Freundlichkeit während der Erntezeit, merkt die Nationalbibliothek an. Denn Boas nimmt sich der Witwe Ruth und ihrer ebenfalls verwitweten Schwiegermutter Noomi an. Ein weiteres Motiv ist die Zuwendung zum jüdischen Glauben: Die Moabiterin Ruth nimmt die Tora an und verbindet sich mit dem Volk Israel. Und am Ende des Buches wird klar, dass sie die Urgroßmutter von König David sein wird.

Damit werden mehrere Grundlagen deutlich: Freundlichkeit gegenüber Fremden, Belohnung für Freundlichkeit, Anschluss ans Volk Israel, Annahme der Tora und Legitimierung des Königtums des Hauses David. „Diese Schriftrolle an Schawuot zu lesen, webt alle diese Elemente zusammen“, heißt es in der Erklärung der Nationalbibliothek.

Milchprodukte als Festspeisen

Am Wochenfest essen Juden traditionell Milchprodukte. Dazu gehört der Käsekuchen. Im biblischen Hohenlied (4,11) heißt es: „Von deinen Lippen, meine Braut, träufelt Honigseim. Honig und Milch sind unter deiner Zunge, und der Duft deiner Kleider ist wie der Duft des Libanon.“ Jüdische Ausleger beziehen dies auf die Tora.

Der Zahlenwert des hebräischen Wortes für „Milch“, „CHaLaW“, ist 40. Dies erinnert an die 40 Tage und Nächte, die Mose auf dem Sinai verbrachte, bevor er dem Volk die Gebote übergeben konnte.

Ferner ist überliefert, dass die Juden am Sinai alle Gebote und damit auch die Speisegesetze auf einmal erhielten. Da die Trennung von Fleisch und Milch für sie neu war, aßen sie vorsichtshalber anfangs nur Milchspeisen. Denkbar ist für jüdische Ausleger auch, dass die Zeit nach dem Empfang der Gebote zu knapp war, um die Gerätschaften auf die neuen Regeln umzustellen. Deshalb hätten die Israeliten zum Fest keine Tiere geschlachtet, sondern sich auf Milchprodukte beschränkt.

Kürzer als die anderen Wallfahrtsfeste

Die Bibel betont überdies, dass Juden an Schawuot keine Arbeit verrichten sollen – sie stellt das Fest in direkten Zusammenhang mit dem wöchentlichen Ruhetag Schabbat: „Am siebenten Tag aber soll heilige Versammlung sein; da sollt ihr keine Dienstarbeit tun. Und am Tag der Erstlinge, wenn ihr das neue Speisopfer dem HERRN opfert, an eurem Wochenfest, soll heilige Versammlung sein; da sollt ihr keine Dienstarbeit tun“ (4. Mose 28,25f.).

Als einziges Wallfahrtsfest wird Schawuot nicht eine Woche gefeiert, sondern nur zwei Tage und in Israel sogar nur einen. Ausleger führen dies auf das Versprechen des Volkes zurück: „Wir wollen hören und tun“ (5. Mose 5,27). Das Tun stehe im Vordergrund, deshalb könne das Fest nicht so lange dauern.

Eine biblische Bezeichnung für Schawuot lautet „Chag HaKatzir“ (Fest des Erntens), ein weiterer Name ist „Chag HaBikurim“ (Fest der Erstlingsfrüchte). Am Schawuot-Fest danken Juden ihrem Gott für die ersten Früchte, die sie in diesem Jahr ernten durften. An den landwirtschaftlichen Bezug erinnert bis heute der Brauch, die Synagogen mit Blumen und frischem Grün zu schmücken.

Nächtliches Torastudium aus Dankbarkeit

Weil sie dankbar sind für die kostbare Tora, studieren viele orthodoxe Juden während der ersten Nacht des zweitägigen Festes Gottes Wort. Eine Erklärung dafür lautet, das Volk Israel habe geschlafen, als Gott ihm am Morgen des 6. Tages des jüdischen Monats Siwan die Tora geben wollte. Dieses Versäumnis solle das nächtliche Bibelstudium korrigieren.

Die Apostelgeschichte beschreibt im 2. Kapitel, wie die Jünger den Heiligen Geist empfingen. Anschließend predigte Petrus vor zahlreichen Menschen aus vielen Ländern, die sich wegen des jüdischen Wallfahrtsfestes Schawuot in Jerusalem versammelt hatten. Tausende ließen sich taufen, und die erste christliche Gemeinde entstand. Anlässlich dieses Ereignisses feiern Christen Pfingsten.

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Eine Antwort

  1. Gott führt uns in die Einsamkeit unserer Herzen, um uns mit seiner Liebe zu begegnen. So am Beispiel des Volkes Israel am Sinai wie auch am Beispiel von Personen wie Naomi und Ruth. Und in dieser Beziehung entsteht etwas Einzigartiges.

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