David Rubinger hat wie kein anderer die Geschichte Israels mit seiner Leica festgehalten. 1924 in Wien geboren, schloss er sich nach dem Einmarsch der Nazis der zionistischen Jugendbewegung Kinder- und Jugend-Alijah an. So konnte er den Nazi-Schergen zwei Monate nach Beginn des Zweiten Weltkriegs entkommen. Von Triest aus reiste er ins damalige britische Mandatsgebiet Palästina. Seinem Vater war zuvor die Flucht aus einem Konzentrationslager nach England gelungen. Seine Mutter fiel dem Holocaust zum Opfer. Sie wurde in einem weißrussischen Konzentrationslager ermordet.
In Palästina lebte Rubinger zwei Jahre in einem Kibbutz im Jordantal, bis er sich 1942 in den Dienst der jüdischen Brigade der britischen Armee stellte. Er diente in Nordafrika, Malta, Italien, Deutschland und Belgien. Beim Fronturlaub in Paris schenkte ihm eine Freundin seine erste Kamera und entfachte seine Leidenschaft für die Fotografie. Sein erstes professionelles Foto entstand 1947 anlässlich des Plans der Vereinten Nationen, Palästina zugunsten eines eigenen jüdischen Staates zu teilen: Rubinger fotografierte damals jüdische Jugendliche, die auf einen britischen Panzer kletterten, um dieses Ereignis zu feiern.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Rubinger 1946 nach Palästina zurück. Zuvor hatte er in Deutschland seine erste eigene Kamera für 200 Zigaretten und ein Kilo Kaffee gekauft. Dort lernte er auch seine Kusine Anni und ihre Mutter kennen, beide Überlebende des Holocaust. Da Anni nach dem Krieg staatenlos war – ein Los vieler ehemaliger KZ-Häftlinge –, heiratete Rubinger sie, um ihre Auswanderung nach Palästina sicherzustellen. Diese anfängliche Vernunftehe hielt bis zum Tod von Anni 50 Jahre später.
Im kollektiven Bewusstsein: Soldaten an der Klagemauer
Rubingers berühmtestes Bild entstand 1967 unmittelbar nach der Eroberung der Klagemauer in Jerusalem. Wegen Schüssen hatte sich Rubinger auf den Boden geworfen und so Fallschirmspringer aufgenommen, die zur Klagemauer hinaufschauten. Rubingers Frau Anni hatte das Bild ausgewählt und so die berühmteste „Ikone“ des jüdischen Staates geschaffen.
Rubinger war dank seines sympathischen Wesens bei den Mächtigen Israels stets ein wohlgelittener Gast, sodass er geradezu „intime“ Augenblicke mit seiner Kamera festhalten konnte, darunter ein vertrauliches Gespräch von Golda Meir mit dem ägyptischen Präsidenten Anwar el-Sadat. In der Knesset, dem Parlamentsgebäude, hängen an einer prominenten Wand zahlreiche Porträts, die Rubinger von allen Berühmtheiten der Ersten Stunde gemacht hat: David Ben-Gurion, Mosche Dajan, Golda Meir, Abba Eban.
Schnell Berühmtheit erlangt
Er arbeitete zunächst für israelische Zeitungen. Uri Avnery, Herausgeber von „Haolam Haseh“, hatte ihn als Erster eingestellt. Ab 1954 arbeitete er für das amerikanische „Time“-Magazin. So wurde Rubinger mit seinen außergewöhnlichen Bildern schnell weltberühmt.
Nach dem Krebstod von Anni im Jahr 2000 verband er sich mit der Jemenitin Ziona Pivak. 2004 fiel sie in ihrer Wohnung einem Terroranschlag ihres palästinensischen Gärtners zum Opfer.
Rubinger erlag in der Nacht zum Donnerstag einem Krebsleiden. Er hinterlässt seinen Sohn, den Kinderbuchautor Ami Rubinger, und die Tochter Tami sowie fünf Enkel und fünf Urenkel. Die Beisetzung soll am Freitag im engsten Familienkreise stattfinden.
Von: Ulrich W. Sahm