JERUSALEM (inn) – Der sephardische Oberrabbiner Schlomo Amar hat am Mittwoch entschieden, die Mitglieder der indischen Gemeinschaft „Bnei Menasche“ als Nachfahren der Israeliten anzuerkennen. Diese Menschen stammen offenbar vom biblischen Stamm Manasse ab.
Amar ernannte eine Delegation von Rabbinern, welche die Stammesmitglieder formal zum orthodoxen Judentum konvertieren sollen. Dadurch können sie legal nach Israel einwandern. Dies berichtet die Tageszeitung „Ha´aretz“. Das israelische Gesetz erlaubt es jedem Juden in der Welt, die israelische Staatsbürgerschaft anzunehmen.
Erst am Dienstag hatte ein Urteil des Obersten Gerichtshofes für Protest gesorgt. Demzufolge sollen auch Menschen unter dieses Gesetz fallen, die zum nicht-orthodoxen Judentum konvertiert sind. Zur Begründung des Urteils schrieb der Präsident des Obersten Gerichtshofes, Aharon Barak: „Die jüdische Nation ist eins. Sie ist zerstreut über die ganze Welt. Wer zum Judentum konvertiert ist, ist dieser Gemeinschaft beigetreten, und sollte dann auch juristisch als Jude betrachtet werden.“ Mehrere Rabbiner und religiöse Gruppen hatten gegen diese Entscheidung protestiert.
Zum „Bnei Menasche“ (Stamm Manasse) gehören etwa 7.000 Menschen des Stammes Kuki-Chin-Mizo, der im Nordosten Indiens nahe der Grenze zu Myanmar (ehemals Birma) angesiedelt ist. Forscher, die die Gruppe besucht hatten, stellten fest, dass ihre Traditionen vollständig jüdisch geblieben waren. Sie gehören offenbar zum Stamm Manasse, einem der zehn verloren gegangenen Stämme Israels. Im achten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung wurden sie von den Assyrern verschleppt und sind seitdem verschollen. Anfang des 20. Jahrhunderts konvertierten sie zum Christentum, aber vor etwa 30 Jahren lösten sich viele Mitglieder vom Stamm und wandten sich zurück zum Judentum.
Zwei Gen-Untersuchungen im vergangenen Jahr schienen die Herkunft der Menschen zu bestätigen. Dabei verglichen Genetiker die DNS mehrere Hundert Mitglieder des Kuki-Stammes mit jüdischen Genomen und einem allgemeinen Profil der Menschen im Nahen Osten.
Eine Untersuchung von Wissenschaftlern in Kalkutta zeigte: während der männliche Teil keine Zugehörigkeit zu Israelis zeigte, wies die weibliche Linie eine deutliche Verbindung zum genetischen Profil der Menschen in Israel auf. Der Unterschied zwischen dem männlichen und dem weiblichen Genom könnte dadurch erklärt werden, dass in der Vergangenheit eine Mutter des Stammes einen Bewohner des Landes heiratete. Auch das Technion in Haifa führt derzeit eine Gen-Studie zu diesem Thema durch.
Vor zwölf Jahren entdeckte das Innenministerium 100 Immigranten, die aus dem Stamm Manasse kamen. Bislang immigrierten etwa 800 von ihnen, die meisten von ihnen leben in Siedlungen in den palästinensischen Autonomiegebieten. Etwa 250 leben im Siedlungsblock Gusch Katif.
Die Internationale Gemeinschaft von Christen und Juden (International Fellowship of Christians and Jews – IFCJ) hatte in den vergangenen Jahren unter evangelikalen Christen Geld gesammelt, um die Einbindung der „Bnei Menasche“-Gemeinschaft ins Judentum zu unterstützen.