Kinder spielen in der Hotelhalle mit Luftballons und Bällen, einige Jungen tragen Kippa. Von vorübergehenden Erwachsenen sind deutsche und englische Sprachfetzen zu hören, aber auch hebräische, russische und spanische. Stelltafeln erinnern an das Attentat auf die israelische Mannschaft bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Im Mittelpunkt steht im oberbayerischen Ruhpolding jedoch eine andere Sportveranstaltung: die dritten Makkabi WinterGames der Geschichte und die ersten in Deutschland. Viele Athleten und Helfer aus rund 20 Ländern, darunter auch Israel, sind im Aja-Resort untergebracht. Zum ersten Mal kommen sie auch aus dem jüdischen Staat.
An diesem Tag gibt es keine Wettkämpfe, weil Schabbat ist. Teilnehmer und andere Delegationsmitglieder haben den wöchentlichen Ruhetag am Vorabend feierlich begrüßt, die Liturgie leiteten Juden der orthodoxen Chabad-Bewegung an. Der Vorsitzende des Organisationskomitees, Alfi Goldenberg, sagte vor der Zeremonie: „Wir sind hier alle zusammen, wir haben großen Spaß gehabt, und jetzt werden wir innehalten für den Schabbat.“ Dieser schließt eine Woche ab, die es in sich hatte: Hinter den Sportlern liegen Wettbewerbe im Eiskunstlauf und Eisstockschießen, im Biathlon, Snowboard, Ski Alpin, Langlauf und Snow-Volleyball.
Nun besteht die Möglichkeit zur Erholung. Und so erkundet eine Gruppe junger Israelis den Ort, der noch weihnachtlich geschmückt ist. Geschäfte sind ein Anziehungspunkt, aber auch Segenssprüche an Hauswänden stoßen auf Interesse. Sternsinger kommen vorbei und lösen Fragen nach der Herkunft dieser Tradition aus. Schließlich zieht eine Rodelbahn die Jugendlichen in den Bann. Schnee ist in diesen Tagen Mangelware im Wintersportort Ruhpolding. Doch diese Schlitten bewegen sich auf einer Bahn mit Metallschienen, sie sind also zu jeder Jahreszeit einsetzbar. Ein Teil der Israelis vergnügt sich auf der Chiemgau Coaster Sommerrodelbahn.
Am Abend klingt der Schabbat mit der Havdala-Zeremonie aus. Sie markiert den Übergang vom heiligen Ruhetag zum Alltag. Das Wort „havdala“ bedeutet „Trennung“. Die hebräische Wurzel kommt im Schöpfungsbericht vor. Gott erschafft eine Feste, um die Wasser darüber und darunter voneinander zu scheiden (1. Mose 1,7). Und so zeigt die Havdala, wie sehr sich Schabbat und Alltag voneinander unterscheiden.
Die Zeremonie beginnt mit dem Gebet „Hine, El jeschuati“. Darin heißt es: „Siehe, Gott ist meine Rettung, ich bin getrost und verzage nicht. Denn meine Stärke und mein Lied ist Gott, der Herr.“ In einem großen Zelt vor dem Aja-Resort stimmen Vorsänger das Gebet an, und viele Juden singen mit.
Ein Segen über den Wein gehört ebenso zur Havdala wie der Segensspruch über wohlriechende Gewürze. Sie sollen darüber hinwegtrösten, dass der geruhsame Schabbat nun wieder in den Alltag übergeht. Eine geflochtene Kerze wird angezündet und schließlich mit ein wenig Wein gelöscht. Juden loben Gott dafür, dass er zwischen Heiligem und Unheiligem unterscheidet. Dann tönt es von allen Seiten: „Schavua tov“ – „eine gute Woche“. Ein reichhaltiges koscheres Büfett im Hotel, bei dessen Zubereitung auch Israelis mitgewirkt haben, schließt sich an.
Am Samstagabend feiern viele Athleten im Hotel eine ausgelassene Poolparty. Manche werfen Wasserbälle hin und her. Mitunter muss einer der Badenden das Außenbecken verlassen, wenn ein Ball auf dem Gelände gelandet ist. Zwar liegt kein Schnee, aber die Bergluft ist am Abend kalt. Doch ein richtiger Athlet lässt sich durch solche Kleinigkeiten nicht beeindrucken. Dass vor dem Aja-Resort Tag und Nacht Polizisten in Streifenwagen Wache halten, tut der Stimmung bei der Party und bei anderen Aktivitäten keinen Abbruch.
Mit dem Sonntag steht dann der letzte Wettkampftag an. In Ruhpolding entsteht der Eindruck, dass Wetterunbilden zu den Makkabi WinterGames gehören: Bei den ersten jüdischen Winterspielen 1933 im polnischen Zakopane setzte vor Beginn der Veranstaltung plötzlich Regen ein, so dass viele Wettbewerbe abgesagt werden mussten. Drei Jahre später führte Regen im damals tschechoslowakischen Banská Bystrica zu Stürzen bei den Skiwettbewerben. Der Staat Israel war damals noch nicht gegründet. Bei den ersten Makkabi WinterGames auf deutschem Boden und mit israelischer Beteiligung bleibt der Schnee aus.
Der Veranstalter musste kurzfristig umdisponieren. Nur Eiskunstlauf und Eisstockschießen waren in Ruhpolding möglich. Auf der Suche nach Ausweichmöglichkeiten wurde der Sportverband Makkabi Deutschland gleich zweimal fündig: das nahe gelegene Reit im Winkel eignete sich für Biathlon und Langlauf, die österreichische Resterhöhe in den Kitzbüheler Alpen stand für Ski Alpin, Snowboard und Snow-Volleyball zur Verfügung.
Am Abschlusstag fahren Athleten und Begleiter noch einmal in mehreren Bussen nach Österreich. Auf einem Berg bei Kitzbühel ist ein Slalomparcours gesteckt – den durchfahren Teilnehmer auf Skiern oder auf dem Snowboard. Auch Wettbewerbe im Snow-Volleyball werden ausgetragen. Doch viele nutzen einfach die Gelegenheit zum Skifahren ohne Wettbewerb. Zu ihnen gehört Schai, der die israelische Gruppe betreut. Im Urlaub fährt er oft Ski in Österreich, etwa in St. Anton am Arlberg oder in Ischgl. Nun erfreut er sich am Schnee in Kitzbühel.
Im Medaillenspiegel belegt am Ende das deutsche Team – nicht sehr überraschend – den ersten Platz. Die Athleten von Makkabi Deutschland können insgesamt 37 Medaillen für sich verbuchen. Dahinter liegen die USA mit 17 und Israel mit 15 Medaillen – der jüdische Staat stellte die zweitgrößte Delegation. Doch im Mittelpunkt steht das Erlebnis, das in dem Fall wichtiger ist als das Ergebnis. Der Verband Makkabi Deutschland hat Mut bewiesen, als er die ersten WinterGames nach fast 87 Jahren initiierte und plante. Und er ist belohnt worden. Die Athleten aus Israel und anderen Ländern haben sich in Ruhpolding auch ohne Schnee wohlgefühlt – und mit Begeisterung an den Wettkämpfen in der Umgebung teilgenommen.
10 Antworten
„Im Medaillenspiegel belegt am Ende das deutsche Team – nicht sehr überraschend – den ersten Platz“
Wir danken JHWH für den Sieg Deutschlands.
Den Sieg Deutschlands? Ich verstehe es so, dass das Makkabi Team Deutschlands den 1. Platz in der Menge der erkämpften Medaillen belegt. „Deutschland allgemein“ hat nichts an Medaillen eingeheimst, da Deutschland nicht mitgekämpft hat. Es war die jüdische Sportgruppe Namens Makkabi. Makkabi steht bereits in der hebräischen Bibel. Übersetzt bedeutet es „Der Hammer“. Die Makkabäer unter Judas haben bereits gegen die Besatzung Israels gekämpft. Sein Vater Mattatias war Initiator des Aufstands gegen die Herrschaft des Seleukidenkönigs Antiochos IV. Epiphanes und des Hohepriesters Menelaos. Shalom
Deutsche Juden haben nichts mit Deutschland zu tun? Das erinnert aber an finstere Zeiten. Bei Sportveranstaltungen repräsentieren die Teilnehmer für gewöhlich ihr Heimatland.
Das ist ja das Problem: hier meinen viele evangelikale Nichtjuden, dass für deutsche Juden das wahre Heimatland Israel sei…
Das Ganze in Ruhpolding ist übrigens vom Innenministerium Deutschlands weitgehend finanziert worden mit sage und schreibe 440.000 €.
Und mit wie viel Milliarden unterstützt dass AA die Juden-Mordgelüste des Herrn Abbas, Herr Luley?
Liebe Birgit, ich gehe davon aus, dass Sie hier etwas gründlich missverstehen. Ihr erster Satz zeigt das deutlich…Nicht Deutschland hat an den Spielen teilgenommen, sondern die Israelis, welche im Sportverein Maccabi organisiert sind. Nicht Deutschland hat gewonnen, sondern die Israelis, welche im Verein Maccabi organisiert sind. Lesen Sie bitte noch einmal die Headline da steht es auch ganz deutlich.
„Internationales jüdisches Sporterlebnis mit besonderem Flair“
Shalom
„Nicht Deutschland hat gewonnen, sondern die Israelis, welche im Verein Maccabi organisiert sind“
Die sind nur Dritte geworden. Vielleicht sollten Sie den Artikel noch mal genau lesen.
@ Redaktion: Danke für Artikel und Fotos.
Habe mich sehr gefreut, wie liebevoll Sie unseren Shabbat beschrieben haben. Danke zu den Sicherheitskräften und zum Innenministerium zur Finanzierung. Kein herausgeworfenes Geld.
Sport ist gesund und keine politische Aggression, wie aus manchen Ländern Unfairnis produziert wird.
OT: Wir unterstützen Makkabi. Ich liebe die Frankfurter…Shalom.
Shavua tov.
Ja, Geld, das in Sport investiert ist, ist besser angelegt als das, das für Häftlingsgehälter und Märtyrerrenten missbraucht wird. Oder für die Sommercamps der Hamas, wo schon vierjährigen beigebracht wird, wie toll es ist Juden zu töten. Da ist so ein Slalomlauf das reinste Verbrechen dagegen. Ironie Ende.
…ein ganz ein feiner Bericht über diese außergewöhnliche Veranstaltung!!
Jeden Cent wert!!