"Udo Steinbach sieht sich als eine Art Galionsfigur", schreibt der BZ-Autor Harry Nutt und zitiert eine Aussage des 68-Jährigen über die zweite Flottille: "Unsere Mittel sind gewaltlos. Unser Ziel ist es, die illegale Belagerung aufzuheben, vollständig und dauerhaft." Nach Steinbachs Darstellung gehe es um Solidarität mit den Palästinensern sowie um eine politische und humanitäre Geste. Außerdem wolle man Medikamente nach Gaza bringen. Die Flottille sei "eine internationale Regenbogenkoalition von Verteidigerinnen und Verteidigern der Menschenrechte". Allerdings haben Vertreter dieser Koalition mittlerweile zugegeben, dass die Fahrt vor allem die Aufmerksamkeit für das Leiden in Gaza wecken solle – der humanitäre Aspekt sei hingegen von geringer Bedeutung.
Die umstrittene türkische Organisation IHH, der terroristische Ziele vorgeworfen werden, habe Steinbach in Schutz genommen. Er schließe sich den Verdächtigungen, der Kriminalisierung und Klischeebildung nicht an. Die IHH hatte vor einem Jahr die erste Flottille organisiert. Auf ihrem Schiff "Mavi Marmara" kamen bei einer Razzia der israelischen Marine neun Aktivisten ums Leben. Diesmal hat die Organisation ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt und dies mit "technischen Problemen" begründet.
Die zweite Flottille "soll die Blockade aufbrechen und die palästinensische Bevölkerung mit elementaren Bedarfsgütern versorgen", schrieb Steinbach Mitte April in "Zenith – Zeitschrift für den Orient". "Ich habe die Schirmherrschaft für jenen Beitrag dazu übernommen, der wesentlich von der Palästinensischen Gemeinschaft in Deutschland verantwortet wird." Dabei beschwerte er sich darüber, dass er in die Nähe von "Extremisten unterschiedlicher Couleur" gerückt werde.
Der langjährige Leiter des Deutschen Orient-Institutes fügte hinzu: "Die Flottille setzt ein Zeichen der Hinwendung zu den Menschen in Gaza. Die Palästinenser dort sind in dieser Epoche eines Auf- und Umbruchs im Nahen Osten nicht allein. Dass die humanitäre Lage Gazas für die große Masse der Bevölkerung unerträglich ist, machen zahllose Berichte internationaler Organisationen deutlich. Aber es geht auch um mehr – um Hoffnung auf die Beendigung einer Lage, die nach den Grundsätzen des Rechts und der Humanität unakzeptabel ist." Auf Mitteilungen etwa des Roten Kreuzes, dass es im Gazastreifen keine humanitäre Krise gebe, ging Steinbach hingegen in diesem Beitrag nicht ein.
Kritik vom DIG-Präsidenten
Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Reinhold Robbe, habe seinen Einsatz für die Flottille als "leichtsinnig und verantwortungslos" kritisiert, so der Islamwissenschaftler. Nach Angaben der BZ sieht ihn Robbe als "getarnten Hamas-Verharmloser". Die Zeitung nennt mehrere Beispiele, die diese These bekräftigen: "In einer ZDF-Sendung bezeichnete Steinbach die palästinensische Terror-Organisation salopp als ‚Männerchor mit unterschiedlichen Stimmen‘. In den ARD-‚Tagesthemen‘ beschrieb er die Hamas als kämpfende Truppe, die sich zur Wehr setzt." Das Simon-Wiesenthal-Zentrum habe 2004 seinen Rücktritt von der Leitung des Orient-Instituts gefordert, weil er palästinensische Selbstmordattentäter mit Kämpfern im Warschauer Ghetto verglichen haben soll. Steinbach bestritt dies jedoch.
Die Homepage des Schirmherren zeigt schon durch ihre äußere Gestaltung eine Affinität zum Islam: Die mit dieser Religion verbundene grüne Farbe dominiert die Seite. Oben sind Minarette abgebildet. ‚Nach eigenen Angaben ist er nicht konfessionell gebunden, sieht aber "in der Begegnung mit Frommen – Muslimen, Christen und anderen – eine Bereicherung und eine Chance, aus der Sackgasse des Völlig-ohne-Gott-Lebens herauszukommen".
Persönlich will die "Galionsfigur der Blockadebrecher" allerdings nicht an der Flottille teilnehmen. Auch sieht Steinbach den Umgang der Hamas mit der Bevölkerung im Gazastreifen kritisch. In der Zeitschrift "Zenith" beendete er seinen Artikel mit den Sätzen: "Eine Eskalation aber von Gewalt und Gegengewalt würde nicht nur der radikalen Minderheit in Gaza Wasser auf die Mühlen leiten. Sie würde auch den Wandlungsprozess insgesamt gefährden, der unter den Arabern begonnen hat. Die israelische Regierung macht kein Geheimnis daraus, dass sie diesem mit Skepsis und Vorbehalten gegenübersteht. Es bleibt zu hoffen, dass sie nicht durch überzogene Reaktionen dazu beiträgt, diesen scheitern zu lassen. Auch diese Gefahr will die Gaza-Flottille ins Bewusstsein bringen."