Insgesamt sollen rund 150.000 Kinder aus 66 Ortschaften von Kirijat Gat bis Mitzpe Ramon die Impfung erhalten, berichtet die Tageszeitung „Yediot Aharonot“. Die Empfänger dürfen nicht älter als neun Jahre alt sein. Den Impfstoff erhalten sie in verschiedenen Kinderkliniken (Tipat Halav) des Landes. Kinder, die aufgrund von Urlaubsreisen die einen Monat andauernde Aktion verpassen, können die Schluckimfpung auch später in den Krankenstationen ihrer Schulen erhalten.
Gesundheitsministerin Jael German forderte alle Bewohner auf, ihre Kinder mit entsprechendem Alter impfen zu lassen. Es gehe um „ihre Gesundheit und die Gesundheit der Umwelt“, erklärte sie in der Kinderklinik in Rahat.
In den vergangenen Monaten waren mehrere Menschen im Süden Israels als Träger des Wildtyps des Virus identifiziert worden. Außerdem wurde der Erreger in einigen südlichen Regionen im Abwasser nachgewiesen.
Die Weltgesundheitsorganisation hatte Israel deshalb aufgefordert, ein Impfprogramm zu starten. Nach Angaben von „Yediot Aharonot“ hatte WHO-Sprecher Oliver Rosenbauer damals erklärt, das Gesundheitsministerium müsse umgehend mit den Impfungen der Bevölkerung beginnen, bevor sich noch mehr Personen infizierten und die Krankheit über die Grenzen Israels hinaus ausbreche.
Trotz Bedenken: Impfstoff gilt als sicher
Die Zuständigen in den Regionen hätten trotzdem wochenlang gezögert, Kindern die Schluckimfpung zu verabreichen, die bereits früher per Spritze gegen die Krankheit geimpft worden seien, berichtet die Tageszeitung „Jerusalem Post“. Kritiker befürchten, dass die Impfung mit den lebenden Virus-Kulturen die Krankheit auslösen kann. Auch, wenn es sich um eine schwache Version der Erreger handele. Einige Eltern könnten deshalb eine Impfung ihrer Kinder ablehnen. Das Gesundheitsministerium versicherte jedoch, dass die Schluckimpfung sicher sei. Bis zum Jahr 2008 erhielten israelische Kinder routinemäßig zusammen mit der Injektion auch die Schluckimpfung. Nach Ansicht der WHO war diese zusätzliche Maßnahme nach dem Jahr 2008 jedoch nicht mehr notwendig.
90 Prozent der israelischen Bevölkerung seien schon einmal gegen Polio geimpft worden. Der Virus-Stamm, den die Experten im Süden Israels nachwiesen, gefährde besonders diejenigen, die in vergangenen Zeiten eine Impfung per Injektion erhalten hätten.
Kinderlähmung entsteht durch eine Virus-Infektion. Sie befällt die Nervenzellen des Rückenmarks und kann zu bleibenden Lähmungen bis hin zum Tod führen. Betroffen sind vor allem Kinder im Alter von drei bis acht Jahren. Die Erreger übertragen sich von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion oder durch schlechte hygienische Bedingungen, da sie auch über den Verdauungstrakt aufgenommen werden und ausgeschieden werden. Die Krankheit bricht nur in einem von 200 Fällen aus, schreibt „Yediot Aharonot“.
Seit dem Jahr 1988 besteht von der WHO ein weltweites Programm, um Polio auszurotten. Viele Kinder werden schon im Säuglingsalter geimpft. Im Jahr 2012 habe es weltweit daher nur noch 233 Fälle der Krankheit gegeben. In Israel brach Kinderlähmung das letzte Mal im Jahr 1988 aus. 16 Menschen in der Region um die Stadt Hadera seien damals infiziert worden.