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Hintergrund: Operation „Arche Noah“ oder einfach „jamesbondig“

Die "Karine A" war vor wenigen Monaten für umgerechnet 460.000 Euro von der Palästinensischen Autonomiebehörde im Libanon gekauft worden. Der Frachter befand sich auf dem Weg vom Persischen Golf durch den Suezkanal ins Mittelmeer. Als Kapitän fungierte der Palästinenser Omar Akawi, ein Oberst der palästinensischen Marine "Shurta Bahariyya". Zwei weitere der insgesamt dreizehn Besatzungsmitglieder sind palästinensische Marineoffiziere. Der Rest der Mannschaft stammt aus Ägypten und Jordanien. Ein Mann ist als Aktivist der radikal-islamischen Hisbollah-Miliz bekannt.

Die Ladung des Frachters bestand aus weitreichenden Katyusha-Raketen, Panzerabwehrraketen vom Typ Sagger und LAW, Artilleriemunition, Panzerminen, hochentwickelten Sprengstoffen, Präzisionsgewehren und Munition. Alle Rüstungsgüter waren in wasserdichten Behältern verpackt. Vermutlich hätten sie vor der Küste des Gazastreifens ins Meer geworfen und dort von kleineren Fahrzeugen aufgefischt werden sollen.

Nachdem der Weg der "Karine A" wochenlang vom israelischen Geheimdienst verfolgt worden war, setzten sich in der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag eine kombinierte Einheit von Dabur-Patroullienbooten, Sikorsky CH-53-Transporthubschraubern und Black Hawk-Helikoptern in Richtung Süden in Bewegung. Die gesamte "Operation Arche Noah" wurde unmittelbar von Generalstabschef Shaul Mofaz, dem Luftwaffen-Generalmajor Dan Chalutz und dem Nachrichtendienstgeneral Aharon Ze´evi von einem Flugzeug aus großer Höhe aus befehligt. Premierminister Sharon wurde alle 30 Minuten über den Verlauf der Aktion unterrichtet. Verteidigungsminister Ben-Eliezer stand in ständigem Funkkontakt mit der Kommandozentrale in der Luft.

Kurz nachdem das Schiff die Südwestspitze der arabischen Halbinsel passiert hatte, wo das Rote Meer vom Jemen, Saudiarabien und dem Sudan umgeben wird, griff die legendäre "Sayyeret 13"-Einheit an. Von Schlauchbooten und aus der Luft enterten die Elitesoldaten das Schiff. Innerhalb von nur acht Minuten konnten sie per Funk verkünden: "Das Schiff ist in unserer Hand!" Es war kein einziger Schuß gefallen. Ein Großteil der Besatzung konnte im Schlaf überrascht werden. Eine Frage, die bislang niemand beantworten wollte, ist, unter welcher Flagge die "Karine A" ursprünglich fuhr. Als sie am Freitagabend von Raketenbooten eskortiert im israelischen Marinestützpunkt von Eilat anlegte, wehte die israelische Flagge am Masten.

Israels größte Tageszeitung, "Yediot Ahronot", bezeichnete die Kaperung des palästinensischen Frachtschiffes als "jamesbondig" und gab damit dem Hebräischen ein neues Wort. Neues Selbstbewußtsein bekam die israelische Armee, deren Eliteeinheiten und Geheimdienste in den vergangenen Monaten so manchen Fehlschlag eingestehen mußten. Stolz verglich die linksintellektuelle Tageszeitung "Ha´aretz" die Operation mit den Aktionen von Entebbe 1976, Osirak 1981 oder der Rückführung des überwiegenden Großteils der äthiopischen Juden in einer Nacht-und-Nebel-Operation vor einem Jahrzehnt.

Mit Grauen malen sich Israelis aus, welche Reichweite palästinensische Waffen gehabt hätten, hätte der Transport sein Ziel erreicht. Kaum eine israelische Stadt hätte dann außer Reichweite palästinensischer Kämpfer gelegen. "Zweifellos", heißt es in einer Verlautbarung des Verteidigungsministeriums, "hat diese Aktion viele Menschenleben gerettet."

Zweifellos hätte Israel das Problem "Karine A" weniger spektakulär lösen können, wenn es das Schiff ohne großes Aufsehen versenkt hätte. Die israelische Armee hätte auch warten können, bis das Schiff vor der Küste von Gaza aufgetaucht wäre, um es dann dingfest zu machen. Fraglos haben die Palästinenser recht, wenn sie einen Zusammenhang mit dem Besuch des US-Vermittlers Anthony Zinni herstellen. Tatsächlich sah sich die israelische Armee in der seltenen Position, die Medienwirksamkeit der "Operation Arche Noah" direkt zu steuern. Die waghalsige israelische Aktion beinhaltet eine diplomatische Botschaft an die Welt.

Generalstabschef Shaul Mofaz behauptet, die Ladung des Schiffes sei für die Palästinensische Autonomie (PA) bestimmt gewesen. Er betonte, daß dieser Waffentransport gegen die israelisch-palästinensischen Abkommen verstoße, die Anzahl und Art der Waffen, die die Palästinenser besitzen dürfen, genau festlegen.

Sharon-Sprecher Ra´anan Gissin meinte, nach dem Verhör der Schiffsmannschaft bestehe "keinerlei Zweifel", daß der Waffenschmuggel von "höchsten Stellen" innerhalb der PA geplant, finanziert und ausgeführt worden sei. Palästinenserchef Yasser Arafat warf Gissin angesichts dieses Waffenarsenals, das jeden Defensivcharakter vermissen läßt, vor, das nächste Stadium der bewaffneten Auseinandersetzung im Geheimen zu planen, während er öffentlich von einem Waffenstillstand rede. Behauptungen, die Rüstungsgüter seien für die libanesische Hisbollah bestimmt gewesen, wies Gissin als unhaltbar zurück: "Es gibt bei weitem sicherere Wege, die Hisbollah mit Waffen zu beliefern, als durch den Suezkanal."

Shaul Mofaz zog nicht zuletzt deshalb über Yasser Arafat her, weil dieser vertragswidrig Waffen kaufe, während er der Welt das Leiden seiner Zivilbevölkerung beklage. Die mißlungene Operation soll die Palästinensische Autonomiebehörde mehr als 17 Millionen Euro gekostet haben. Die PA nutze das Leiden ihrer Menschen in einem "zynischen Krieg für ihre eigenen privaten Zwecke", so Israels oberster Militär.

Der Generalleutnant unterstrich ferner die Bedeutung dieser Aktion als weiteres Indiz für die enge Kooperation der PA und des Iran mit anderen Terrororganisationen. Der israelische Außenminister Shimon Peres meinte, die PA müsse eine strategische Entscheidung für oder gegen den Terrorismus treffen. Außerdem möchte er die internationale Gemeinschaft dazu aufrufen, den Iran als Staat zu klassifizieren, der den Terrorismus unterstützt.

Die Palästinenser lehnen bislang jede Mitwisserschaft an der Waffenlieferung ab. Auch der Iran bestreitet jede Unterstützung des Waffentransportes. Arafat selbst fordert eine trilaterale Kommission aus Israelis, Amerikanern und Palästinensern, um die Affäre untersuchen zu lassen. Langsam müssen die Beteuerungen des PA-Chefs aber dem letzten auch noch so wohlwollenden westlichen Diplomaten spanisch vorkommen.

Die Affäre "Karine A" zeigt erneut, daß Arafat entweder die Kontrolle über die höchsten Vertreter seiner Autonomie total verloren hat, oder aber mit gezinkten Karten spielt.

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