JERUSALEM (inn) – Israels Präsident Jizchak Herzog hat seine Sorge vor einer Reihe Gesetzesänderungen zum Ausdruck gebracht, die diese Woche in der Knesset verhandelt werden. Unter anderem möchte die Regierungskoalition von Premier Benjamin Netanjahu (Likud) einen neuen Anlauf unternehmen, um die Justizreform voranzutreiben. Herzog warnte davor: „Diese Welle von Gesetzen in der Knesset berührt unsere demokratische Grundlage – beginnend von den Gerichten, dem Justizsystem, der Strafverfolgung, Bürgerrechten bei Wahlen und der Unabhängigkeit von Medien und der Wissenschaft.“
Herzog sprach am Sonntag anlässlich einer Gedenkveranstaltung für Israels ersten Premier David Ben-Gurion.
Zwar sei Israels Verfassungsstruktur nicht perfekt und es müsse in verschiedenen Bereichen viel verbessert werden, dennoch sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Seit dem 7. Oktober und dem Krieg, dem Israel ausgesetzt ist, müsse rücksichtsvoll gehandelt werden. „Jede unverantwortliche Erschütterung des empfindlichen demokratischen Gefüges, das wir hier aufgebaut haben (…) besonders jetzt, mitten im Krieg, ist eine Bedrohung für unsere nationale Widerstandsfähigkeit und unserer Einheit“, sagte Herzog.
Auftakt zur Justizreform
Unter anderem plant die Regierung jetzt Gesetze, die es dem Parlament erlauben, ministerielle Rechtsberater zu entlassen und dem Justizminister zu gestatten, die Höhe der Mitgliedsbeiträge für die Anwaltskammern festzulegen. Wie die Nachrichtenseite „Times of Israel“ berichtet, sollen diese Gesetze der Auftakt sein, um die seit dem Krieg pausierte Reform der Justiz wiederzubeleben.
Justizreform
Die geplante Justizreform sieht vor, dass mithilfe einer Mehrheit im Parlament auch Gesetze verabschiedet werden können, die nach Ansicht des Obersten Gerichtes gegen die Grundgesetze verstoßen. Zudem sollen Politiker mehr Einfluss auf die Ernennung der Richter haben.
Dass Herzog vor der Justizreform warnt, ist nicht neu. Bereits 2023 sprach er sich für einen Stopp der Reform aus. Auch mit Blick auf die massiven Proteste im Land sah er die Einheit des Landes gefährdet. Sein Versuch, einen Kompromiss zwischen Regierung und Opposition herbeizuführen, scheiterte jedoch.
Bisher hat die Regierung nur das Angemessenheitsgesetz verabschiedet. Dieses sah vor, dass Gerichte politische Entscheidungen nicht wegen mangelnder Angemessenheit ablehnen können. Allerdings kassierte der Oberste Gerichtshof das Gesetz Anfang des Jahres wieder ein. (mas)
4 Antworten
Präsident Jizchak Herzog warnt vor einer Reform der Justiz. Was kann er machen? Einfach die Unterschrift verweigern.
Das in Berlin präferierte Prinzip des Bundes-Grüss-Augusts scheint sich in Jerusalem nicht durchgesetzt zu haben. Gut so.
Dass sich etwas ändern muss, sagt die Mehrheit im Land, nur nicht so, wie die Regierung es wollte. Und ich stimme Herzog zu, es ist nicht der richtige Zeitpunkt. Der Krieg muss vorbei sein und die Aufarbeitung beginnen, dann kann man auch das Problem Justiz angehen.
Wenn laut Herzog „Israels Verfassungsstruktur nicht perfekt sei und in verschiedenen Bereichen viel verbessert werden müsse“, dann kann es wohl kaum am Zeitpunkt liegen, wenn nötige Änderungen verworfen werden sollen.
Eher liegt es entweder am Verständnis für die neuen Gesetze oder an deren kontroversen Auslegung.
Demokratie und linkslastiger Richterstaat sind freilich eher unverträglich zu einander.