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Heftige Proteste gegen Justizreform

Wie angekündigt haben zahlreiche Gegner der Justizreform lautstark protestiert und dabei Straßen lahmgelegt. Staatspräsident Herzog positioniert sich ebenfalls gegen die Reform.
Von Israelnetz
Gegner der Justizreform blockierten am 09. März 2023 eine Zufahrtsstraße zum Ben-Gurion-Flughafen

JERUSALEM / TEL AVIV (inn) – Gegner der geplanten Justizreform haben am Donnerstag in einem groß angelegten Protest Straßen blockiert und landesweit gegen das Regierungsvorhaben Flagge gezeigt. Die Menschen legten die Ajalon-Autobahn bei Tel Aviv, ein zentraler Verkehrsweg, zwei Stunden lang lahm und versperrten Zufahrtsstraßen zum Ben-Gurion-Flughafen. Dabei kam es auch zu einzelnen Auseinandersetzungen mit der Polizei. In ganz Israel gab es 30 Festnahmen.

Die Proteste waren als „Tag der Störung“ und „Tag des Widerstands“ angekündigt. Die Nachrichtenseite „Times of Israel“ sprach von einem „nie dagewesenen Protesttag“. Auch vor Schulen protestierten Eltern und Kinder gemeinsam.

Aufgrund der Blockaden musste Regierungschef Benjamin Netanjahu den Hubschrauber nehmen, um für seinen Italien-Besuch zum Ben-Gurion-Flughafen zu gelangen. Vor dem Abflug sagte der Likud-Chef, die Opposition habe alle Dialogangebote zurückgewiesen und „versucht, Anarchie in das Land zu bringen“.

Herzog: Lösung in Reichweite

Am Abend wandte sich Staatspräsident Jitzchak Herzog zur besten Sendezeit in einer Fernsehansprache an das Land. Dabei positionierte er sich gegen die geplante Justizreform. Das Vorhaben, wie es derzeit auf dem Weg ist, sei „falsch, zerstörerisch und ein Affront gegen die demokratischen Werte Israels“. Offenkundig in Richtung der Regierungspolitiker sagte er, gewählte Vertreter seien Diener des Volkes, nicht dessen Herren.

In den vergangenen zehn Wochen habe er Gespräche zur Herbeiführung eines Kompromisses geführt, sagte Herzog weiter. Eine Lösung für die Krise sei „in Reichweite“. Voraussetzung dafür sei, dass die Politiker das Land an die erste Stelle setzten. „Wir können nicht zulassen, dass ein kleines Detail, egal wie wichtig, das Land in ein Desaster führt.“

Ben-Gvir unzufrieden mit Polizeiarbeit

Der israelische Minister für öffentliche Sicherheit, Itamar Ben-Gvir (Otzma Jehudit), kritisierte indes die Polizeiarbeit. Aus seiner Sicht gingen die Beamten zu zurückhaltend gegen die Protestler vor, besonders als diese die Ajalon-Autobahn blockierten. Aus diesem Grund entließ Ben-Gvir am Abend den zuständigen Regionalchef der Polizei, Amichai Esched, mit sofortiger Wirkung. Medienberichten zufolge war Ben-Gvir schon länger unzufrieden mit dessen Handhabe der Proteste. Esched wurden auch Ambitionen auf den Posten des Polizeichefs nachgesagt. Er soll nun aber das Trainingszentrum der Polizei leiten.

Am Freitag stoppte die Generalanwältin Gali Baharav-Miara jedoch den Vorgang. Sie bezweifelte die Rechtmäßigkeit der Entlassung. Die Hintergründe und Beweggründe der Entlassung würden Fragen aufwerfen, hieß es in einer Stellungnahme.

Wirrwarr um Reservisten

Die Proteste haben auch zu Wirrwarr innerhalb der Luftwaffe geführt. Zunächst hieß es, der Kampfpilot in Reserve Gilad Peled werde entlassen, da er Piloten dazu aufgefordert habe, aus Protest gegen die Reformen den Dienst zu verweigern. Der frühere Leiter der Luftwaffenbasis Ramat David hatte schon angekündigt, gegen die Entscheidung in Berufung zu gehen. Am Freitag ruderte die Luftwaffe zurück: Es habe ein Missverständnis vorgelegen, Peled habe nie zur Dienstverweigerung aufgerufen.

Zu den zahlreichen Gegnern der Reform sind nun auch 80 frühere Mitarbeiter der Atomenergiebehörde dazugestoßen. Sie forderten einen umgehenden Stopp des „verrückten Gesetzesblitzes“. Ihre am Donnerstag veröffentlichte Petition unterschrieben sie nur mit ihren Initialen, da Teile des israelischen Nuklearprogramms geheim sind. (df)

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4 Antworten

  1. „Wir können nicht zulassen, dass ein kleines Detail, egal wie wichtig, das Land in ein Desaster führt.“

    Die demokratische Grundordnung Israels ist also nur ein „kleines Detail“? Außerdem führt wohl nicht dieses „Detail“ in den Abgrund, sondern die drohende Abschaffung eben dieses durch Netanjahu. Nur um sich nicht selbst einem Gerichtsverfahren stellen zu müssen, ist er bereit die Demokratie zu opfern.

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    1. Sie sollten schon richtig lesen, Olaf. Es geht nicht um die gesamte Reform, es geht darum, dass es für einen Kompromiss an kleinen Detailfragen hängt. Und daran sollte es in der Tat nicht scheitern, dass eine Reform verabschiedet wird, die von allen mitgetragen werden kann. Denn dass es seine geben muss, das ist nicht umstritten und will auch die Mehrheit der Bevölkerung.

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  2. Die ganze Aktion dieser „Regierung“ ist an sich schon lächerlich. Lachhaft ist es,
    wenn die Dinge nicht beim Namen benannt werden: beabsichtigt ist, Kritik an
    Menschenrechtsverletzungen abzuwürgen und erfolgreiche Prozesse von Ara-
    bern gegen Diskriminierung oder Landenteignungen auf kaltem Weg zu kassie-
    ren. Es ist eine weitere Steigerung des Repressionsapparates -darauf läuft das
    Ganze doch im Kern hinaus. Juden sind eher nur sekundär damit gemeint.

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    1. Es ist sehr hilfreich, sich mit dem Anliegen der Justizreform zu befassen, statt die Regierung in Bausch und Bogen zu verdammen. Verstanden haben die meisten, die sich bisher dazu geäußert haben, so gut wie gar nichts. Vorurteile und alte Ressentiments helfen da nicht.
      Empfehlenswert ist der Artikel in israel aktuell von CSI, den Josias Terschüren, Bereichsleiter Politik und Gesellschaft bei CSI in der jüngsten Ausgabe (Nr. 132) veröffentlicht hat.

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