RAMALLAH (inn) – Fatah und Hamas streben seit vielen Jahren nach einer Aussöhnung und Einheitsregierung, die sie dieser Tage für die Zukunft des Gazastreifens verwirklichen wollen. Heftige Streitereien deuten in eine andere Richtung.
Die Fatah gab eine Erklärung heraus, in der sie die Terror-Organisation mit ungewöhnlich scharfen Worten in die Schranken wies. Die Hamas kritisierte zuvor die Ernennung von Mohammad Mustafa zum neuen Premierminister der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) als substanzlosen Alleingang.
Hamas gegen Fatah
Mit dem Personalwechsel in der PA-Führungsspitze ist die Hamas nicht einverstanden. Nicht, dass es einen Unterschied machen würde, ob Mohammed Schtaje oder Mohammad Mustafa dem alten oder einem neuen Kabinett vorstehen. Die Terrorgruppe fühlte sich schlichtweg übergangen. Der neuen Regierung mangele es an „nationalem Konsens“.
Damit hat die Hamas nicht ganz Unrecht. Die neue Zusammensetzung ist genauso wenig demokratisch legitimiert wie die alte. Die Terroristen fordern „freie, demokratische Wahlen“. Was wie ein Widerspruch klingt, ist allein dem Umstand geschuldet, dass die Hamas beim Volk sowohl im Gazastreifen als auch im Westjordanland Mehrheiten hinter sich weiß. Das Beispiel Gaza zeigt allerdings: Ist die Hamas einmal an der Macht, sieht sie Wahlen als überflüssig an.
Fatah schlägt zurück
Am Freitag veröffentlichte die Fatah ihre Antwort. Die Hamas sei diejenige, die den nationalen Konsens untergrabe. Sie habe die palästinensische Führung nicht um Rat gefragt, bevor sie sich entschloss, am 7. Oktober ihr „Abenteuer“ durchzuführen. Dieses habe zu einer noch schrecklicheren Katastrophe geführt, die grausamer sei als die „Nakba (Katastrophe) von 1948“. Die Hamas habe die „Rückkehr der Besatzung in den Gazastreifen“ zu verantworten. Deshalb habe sie „kein Recht, nationale Prioritäten zu diktieren“.
Auch in den laufenden Verhandlungen sei es die Hamas, die im Alleingang entscheide, was für Zugeständnisse sie Israel gegenüber mache. Es gehe ihr dabei lediglich um „Garantien der persönlichen Sicherheit für ihre Führung“. 2007 habe sie „ihren schwarzen Putsch gegen die nationale Legitimität der Palästinenser“ durchgeführt und seither „alle Initiativen zur Beendigung der Spaltung“ abgelehnt.
Abhängigkeit von Iran und Katar
Die Fatah verspottete außerdem die Hamas für ihre offensichtliche Abhängigkeit von Katar und dem Iran. Möchte die Terrorgruppe statt Mustafa vielleicht lieber „einen Premierminister aus dem Iran“ vorschlagen oder gleich „Teheran einen Premier für die Palästinenser ernennen lassen?“, fragt sie zynisch in ihrer Erklärung.
Zudem kritisierte die Partei von Abbas den ausschweifenden Lebensstil der Hamas in Katar: „Es scheint, dass das komfortable Leben dieser Führung in Sieben-Sterne-Hotels sie für das Wesentliche blind gemacht hat.“ Die Hamas-Köpfe seien mit ihren Familien aus Gaza geflohen und hätten das Volk schutzlos einem „brutalen Vernichtungskrieg“ ausgesetzt.
Wie geht es weiter mit der Versöhnung?
Die Aussichten für eine baldige Einigung zwischen Hamas und Fatah sind unter diesen Vorzeichen schlecht. Mit ihrer ausdrücklichen Nicht-Verurteilung des Hamas-Massakers hielt sich die Fatah bislang eher die Türen zur „nationalen Einheit“ offen als zum Frieden mit Israel. Es lagen Pläne in der Schublade, die Hamas als Partei in die „Palästinensische Befreiungsorganisation“ PLO aufzunehmen. Sogar die USA präferierten eine solche Allianz aus Terroristen und Terror-Verherrlichern als Israels Nachbarregierung nach dem Krieg.
Nun ist es Schwarz auf Weiß: Weder will die Hamas unter dem Dach der PLO aufgehen, noch will die Fatah die iranische Marionette Hamas an Regierungsentscheidungen beteiligen. Die Hamas will ihren durch die absolute Mehrheit demokratisch legitimierten Alleinherrschaftsanspruch nicht aufgeben. Und die Fatah? Sie braucht nach allem, was passiert ist, nicht länger auf die Unterstützung Israels hoffen, zumal der gemeinsame Gegner gerade eliminiert wird. „Nach dem Krieg“ wird neu gedacht werden müssen. (cs)
4 Antworten
Die Angst der Fatah muss schon sehr gross sein, dass sie sich zu solchen Aussagen herablassend! Angst, die eigene Machtbasis zu verlieren, Angst aber vor allem, dass eines Tages die monetären Mittel aus dem Ausland nicht mehr fließen könnten, die man so dringend für ein korruptes Regime benötigt…
Das ist mal ein gutes Zeichen, dass die Fatah die HAMAS verurteilt und auch den Iran erwähnt. Denn der Iran ist der Drahtzieher an den ganzen Aktionen von HAMAS und HISBOLLAH. Wir werden erst Frieden sehen, wenn das Mullah-Regime besiegt sein wird: System change !
‚Fatah und Hamas streben seit vielen Jahren nach einer Aussöhnung und Einheitsregierung‘. Wollen wir das? Nein. ‚Es ist das erste Mal seit dem 7. Oktober, dass die Partei von Palästinenserchef Mahmud Abbas die Terrorgruppe verurteilt‘. Wir haben, die freie Welt hat die ganze Zeit geduldig darauf gewartet.
Es zeigt sich doch immer wieder, wie verstritten die arabischen Parteien und Länder untereinander sind. Jeder benutzt den anderen zu seinem eigenen Vorteil. Aber in diesem Fall ist es gerade gut, denn so sieht die Welt, dass man mit Fatah und Hamas keine Regierung für den Gezastreifen bilden kann.