„Ich bin ein seltsamer Jude“, sagt Avi Lipkin und lächelt. Sein Projekt ist in der Tat ungewöhnlich: eine jüdisch-christliche Partei, die ins israelische Parlament einziehen soll. Und nicht nur das – er ist auch davon überzeugt, dass das Land Israel Juden und Christen gehört. Die Idee für die Partei, die den Namen „Bibelblock-Partei“ – oder auf Hebräisch „Gusch Hatanachi“ – trägt, entstand 1998 auf einer Konferenz verschiedener christlicher Gemeinden in den USA. Erst 20 Jahre später ist sie nun registriert und darf sich für die Knesset bewerben.
Lipkin ist überzeugt, dass er genügend Wähler von seinem Projekt überzeugen kann. Seine Logik: „Gott will diese Partei, sonst hätte er uns nicht die Russen gebracht.“ Unter diesen Einwanderern seien nämlich zahlreiche nichtjüdische Ehepartner. Zusammen mit den Arabern und den Juden, die mit Christen verheiratet sind, mache die mögliche Wählerschaft 14 Prozent der Israelis aus. Gelegenheit, das bei Knessetwahlen auszuprobieren, hat er bereits am 9. April. Der Politiker betont die Gemeinsamkeiten zwischen Judentum und Christentum, ohne die Unterschiede zu leugnen. So lehnt er etwa Judenmission klar ab. Sie sei „wie der Holocaust“, wolle das Judentum zerstören, sagt er. Doch für Juden und Christen sei der Messias „ein Jude aus Israel, der Hebräisch spricht“, schreibt er in seinem 2006 erschienenen englischen Buch „Israels Bibelblock“.
Im persönlichen Gespräch in der Siedlung Ma‘ale Adumim führt er aus, das Neue Testament basiere zu je 40 Prozent auf dem Alten Testament und dem Talmud, die restlichen 20 Prozent seien griechische Philosophie. Umso radikaler grenzt sich Lipkin vom Islam ab, den er für eine „Psychose“ hält. Muslime seien ihm willkommen, betont er dennoch. Den Islam hingegen sieht er als Gefahr, die Juden und Christen bedrohe und vor der gewarnt werden müsse.
Chance zum Brückenbauen
Eine christliche Mitstreiterin in der Partei ist Rawya Evers, eine israelische Araberin, die derzeit in den USA lebt. Sie hält das Projekt für eine „große Gelegenheit für Juden und Christen, im israelischen politischen System mitzuarbeiten“. Gegenüber Israelnetz erklärt sie, warum sie den „Bibelblock“ unterstützt: Er schaffe die Möglichkeit, Brücken zu bauen zwischen der jüdischen und der christlichen Gemeinschaft in Israel. Auch verweist sie darauf, dass die ersten Christen Juden waren und die beiden Gruppen eine lange gemeinsame Geschichte haben.
In Amerika besucht sie sowohl eine messianisch-jüdische als auch eine arabisch-christliche Gemeinde. Die Rolle der messianischen Juden in der israelischen Gesellschaft schätzt sie sehr. „Die Unterschiede zwischen Juden und Christen bieten eine Möglichkeit zum Lernen“, ergänzt die Araberin, deren Vater Hana Hawa hinter Lipkin den zweiten Platz auf der Kandidatenliste einnimmt – er lebt in Nordisrael. Bei der Aufstellung soll immer abwechselnd ein Jude und ein Christ erscheinen. Denn Lipkin ist überzeugt: „Gott plant große Dinge – mit Juden und Christen.“
Diesen Artikel finden Sie auch in der Ausgabe 6/2018 des Israelnetz Magazins. Sie können die Zeitschrift kostenlos und unverbindlich bestellen unter der Telefonnummer 06441/91552, via E-Mail an info@israelnetz.com oder online.
Von: Elisabeth Hausen