BEIT SCHEMESCH (inn) – Archäologen der Israelischen Altertumsbehörde haben die Überreste einer prächtigen, 1.500 Jahre alten Kirche in einem Stadtteil von Beit Schemesch, Ramat Beit Schemesch, entdeckt. Das Gotteshaus ist verziert mit spektakulären Mosaikböden und griechischen Inschriften. Beit Schemesch liegt auf halber Strecke zwischen Jerusalem und Tel Aviv.
Die Mosaike sind aufwändig mit Blättern, Früchten, Vögeln und Pflanzen gestaltet. Die Wände waren zum Zeitpunkt der Nutzung mit bunten Fresken und hohen Säulen geschmückt, die von beeindruckenden Kapitellen gekrönt waren. Einige davon könnten importiert worden sein. Ein einzigartiges kreuzförmiges Taufbecken fand sich ebenfalls in der Kirche. Es besteht aus einer Art Kalzitstein, der sich in Stalaktitenhöhlen bildet. Eine neue Ausstellung im Jerusalemer Bibelland-Museum präsentiert der Öffentlichkeit ausgewählte Funde aus der Grabung.
Rätsel um Märtyrer
Architektonisch folgt der Kirchenbau dem Plan einer Basilika. Ihr langgestreckter Körper wurde von zwei Säulenreihen gesäumt. Diese teilten den Innenraum in drei Abschnitte – ein Mittelschiff, das von zwei Hallen flankiert wurde. Ein geräumiger Innenhof (Atrium) befand sich direkt vor dem Eingang der Kirche. Die Hauptphase des Kirchenbaus erfolgte während der Herrschaft von Kaiser Justinian, der von 527 bis 565 regierte. Später, unter Kaiser Tiberius II. (574–582), wurde eine exquisite Seitenkapelle hinzugefügt. Eine Inschrift erwähnt eine Spende des byzantinischen Herrschers.
Die Wissenschaftler fanden auch eine Mosaikinschrift, die den Ort einem ungenannten „glorreichen Märtyrer“ widmet. Laut dem Ausgrabungsleiter Benjamin Storchan „ist die Identität des Märtyrers nicht bekannt, aber die außergewöhnliche Opulenz der Struktur und ihrer Inschriften zeigt, dass diese Person eine wichtige Figur war“. Storchan fügt hinzu: „Nur wenige Kirchen in Israel wurden mit vollständig intakten Krypten entdeckt. Die Krypta diente als unterirdische Grabkammer, in der anscheinend die Überreste des Märtyrers untergebracht waren. Der Zugang zur Krypta erfolgte über parallele Treppen – eine führt in die Kammer hinunter, die andere wieder hinauf in die Gebetshalle. So konnten große Gruppen von Pilgern den Ort besuchen.“
Die Krypta selbst war einst mit Marmorplatten ausgekleidet, was ihr ein beeindruckendes Aussehen verlieh. Die Bedeutung des Standortes wird laut Storchan durch die unter der Schirmherrschaft von Kaiser Tiberius II. durchgeführte Erweiterung bestätigt. „Zahlreiche schriftliche Quellen belegen die kaiserliche Finanzierung von Kirchen in Israel, aber aus archäologischen Beweisen wie der Widmungsinschriften von Beit Schemesch ist wenig bekannt“, sagt Storchan. „Die kaiserliche Beteiligung an der Erweiterung des Gebäudes wird auch durch das Bild eines großen Adlers mit ausgebreiteten Flügeln – dem Symbol des Byzantinischen Reiches – gekennzeichnet, das in einem der Mosaike erscheint.“
Ausgrabungen im Rahmen des Stadtbaus
Die archäologische Ausgrabung der Altertumsbehörde wurde vom israelischen Ministerium für Bau- und Wohnungswesen finanziert, um den Ausbau der Stadt Beit Schemesch im neuen Stadtteil „Neve Schamir 2“ vorzubereiten. Das Ministerium hat umgerechnet rund 20 Millionen Euro in die Ausgrabung, Erhaltung und Entwicklung archäologischer Parks im Rahmen des Baus des neuen Stadtteils investiert. Davon wurden rund 1,8 Millionen Euro für die Ausgrabung bereitgestellt.
Bei den Ausgrabungen wurden Tausende Objekte entdeckt. Es scheint die vollständigste Sammlung byzantinischer Glasfenster und Lampen zu sein, die je an einem einzigen Ort in Israel gefunden wurde.
Von: Ulrich W. Sahm