JERUSALEM (inn) – Hippos, östlich des Sees Genezareth, ist eine Fundgrube für Archäologen. Der griechische Name bedeutet Pferd – wegen der Form des Hügels zu Füßen der Golanhöhen. Jetzt melden israelische Archäologen aus Haifa, auf dem Fußboden einer byzantinischen Kirche zahlreiche „christliche Motive“ gefunden zu haben. Darunter ist die Abbildung eines Korbs mit Brotlaiben, einem Pfau und Fisch.
Hippos, auf Hebräisch auch Susita genannt, war eine Stadt, die unter anderem von Herodes dem Großen regiert wurde. Als wohlhabende Stadt gab es in ihr Hunderte Säulen aus rotem ägyptischem Granit. Im Neuen Testament ist oft die Rede von einer „auf einem Hügel liegenden Stadt“, womit Hippos gemeint sein könnte.
Die „verbrannte Kirche“ ist eine byzantinische Kirche, die israelische, polnische und amerikanische Archäologen im Nationalpark Hippos seit 1993 untersuchen. Wahrscheinlich ist die Kirche während der Eroberung der Stadt durch die Sassaniden im Jahre 614 nach Christus in Brand gesteckt worden. Das Sassanidische Reich war das letzte persische Reich vor der Ankunft des Islam und der Araber im Nahen Osten.
Für die Ausgräber war der zerstörerische Brand ein Segen. Denn so wurden die kostbaren Mosaiken mit einer dicken Ascheschicht bedeckt, weshalb sie bestens erhalten geblieben sind.
Der gesamte Innenbereich der Kirche auf einer Fläche von 10 mal 15 Metern wurde freigelegt. Dabei wurden auch Türklopfer aus Bronzeguss in der Form brüllender Löwen gefunden.
Griechische Inschriften
Die Ausgrabungen werden von Michael Eisenberg betreut, im Auftrag des Instituts für Archäologie an der Universität Haifa. Nachdem die Mosaiken auf dem Fußboden der Kirche gereinigt und konserviert waren, konnten die Experten auch zwei griechische Inschriften prüfen und entziffern. Die erste erzählt von den Kirchenvätern Theodoros und Petros, die ein Heiligtum für einen Märtyrer bauten. Die zweite befindet sich in einem Medaillon in der Mitte des Mosaiks. Sie enthält den Namen des Märtyrers, Theodoros.
Die Abbildung der Brotlaibe könnte ein Hinweis auf das im Neuen Testament beschriebene Wunder sein, wie Jesus Tausende Menschen mit fünf Brotlaiben und zwei Fischen versorgt. Andere Mosaike zeigen zwölf Körbe voller Brot. Das Neue Testament beschreibt, wie die Jünger Jesu nicht nur alle Zuhörer ernähren konnten, sondern nach dem Wunder jeweils einen vollen Korb besaßen.
Die Darstellungen in Hippos, auf dem Hügel östlich des Sees Genezareth, werfen Fragen auf zu anderen Stätten im Westen des Gewässers, wo die gleichen Wunder Jesu auf alten Mosaiken dargestellt sind. Berühmt und bekannt ist die „Brotvermehrungskirche“ in Tabgha. Dort ist ein frühchristliches Mosaik mit einem Brotkorb zu sehen.
Genauer Ort der Brotvermehrung bleibt Geheimnis
Ob nun das Wunder Jesu im Osten oder Westen des Sees stattgefunden hat, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben. Grabungsleiter Eisenberg ist daher vorsichtig mit einer endgültigen Interpretation der neuen Funde. „Heutzutage neigen wir dazu, die Kirche der Vermehrung in Tabgha im Nordwesten des Sees von Galiläa als Ort des Wunders zu betrachten. Aber bei sorgfältiger Lektüre des Neuen Testaments ist offensichtlich, dass das Wunder nördlich von Hippos in der Stadt stattgefunden haben könnte“, sagte er.
„Die Fische haben in der christlichen Welt eine zusätzliche symbolische Bedeutung“, so Eisenberg weiter. Er betonte, es könne unterschiedliche Erklärungen für die Beschreibungen von Broten und Fischen im Mosaik geben, aber man dürfe die Ähnlichkeit mit der Beschreibung im Neuen Testament nicht ignorieren.
Von: Ulrich W. Sahm