JERUSALEM (inn) – Auf dem Jerusalemer Zionsberg hat es auch in diesem Jahr eine weitere Ausgrabungssaison unter Dieter Vieweger gegeben. Der Direktor des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes, Jerusalem und Amman erkundete mit seinem Team im westlichen Teil des Berges nach der Abnahme der umayyadischen Kulturschicht die byzantinische Abwasserverteilung. Diese sollte verhindern, dass die nahe gelegene Stadtmauer während des Winterregens zur ‚Talsperre‘ mutierte und mitsamt Abwasser und Regenwasser ins Hinnomtal abgespült würde.
Alle Kanäle entwässerten in Richtung Essener-Tor durch die schon im 2. Jahrhundert vor Christus gebauten Cloaca maxima. Eine Zisterne mit bemerkenswert gut erhaltenem Verputz wurde bis in die umayyadische Zeit hinein benutzt und „sauber und verwendungsbereit“ aufgefunden, wie Vieweger sagte. Sie wurde nach dem Erdbeben des Jahres 747 durch die oberirdische Verschüttung de facto unbrauchbar.
Straße als Fundament
Die herausragende Entdeckung dieser Saison war die Freilegung der hasmonäisch-herodianischen Straße, die sich vom Essener-Tor herkommend in den südlichen Teil der Stadt zog. Ihr Charakter als römische Transportstraße mit steinernem Untergrund wurde geändert zugunsten eines mit großen Randsteinen konstruierten Weges mit Stampflehmbelag. Die römische Straße wurde als Fundament für byzantinische Häuser verwendet. Diese besaßen einen weißen Mosaikfußboden und einen mit Kerben versehenen Wandverputz, der an einigen Stellen farbige Verzierungen getragen hat.
Der Abwassergraben unter den byzantinischen Häusern (Cloaca maxima) konnte partiell freigelegt werden. Archäologen hatten ihn 1895 noch komplett begangen. Er ist inzwischen jedoch an mehreren Stellen verschüttet. Das hängt mit der Friedhofsvergrößerung aus den Jahren 1903/4 zusammen. Auf jenem Friedhof sind auch gefallene deutsche Soldaten des Ersten Weltkriegs begraben. Abwechselnd mit einem entsprechenden Friedhof in Nazareth veranstaltet die Deutsche Botschaft dort alle zwei Jahre am Volkstrauertag eine Gedenkzeremonie mit Repräsentanten anderer Kampfparteien jenes Krieges und der israelischen Streitkräfte.
Im Griechischen Garten im Besitz der Griechisch-Orthodoxen Kirche stießen Volontäre nach Abnahme der archäologisch nicht verwertbaren Schuttschichten auf eine byzantinische Besiedlungsschicht, die nahezu alle Vorgängerbebauungen durch Nivellierung und Hangbefestigungen zerstört hatte. Das gut erhaltene Mosaik einer Villa war das Einzige, was nach der Zerstörung des Gebäudes durch das Erdbeben 747 von den Nachbesiedlern in Jerusalem nicht in die neu erbaute islamische Stadt im Bereich der heutigen Altstadt abtransportiert wurde.
Von: Ulrich W. Sahm