Die Bewohner des alten Judäa waren selten Gegenstand von Abbildungen auf in Rom geprägten kaiserlichen Münzen. Das berühmteste Beispiel sind Münzen des römischen Kaisers Vespasian (69 bis 79 nach Christus). Sie zeigen eine Palme, die Personifizierung von Judäas Trauer. Da wird Judäa von einem stehenden männlichen Gefangenen oder einem Bild von Vespasian in Rüstung begleitet. Der Kaiser hält einen Speer. Sein Fuß ruht auf einem Helm. Die triumphierende Bildersprache nach dem römischen Sieg am Ende des jüdischen Aufstandes, wird noch deutlicher bei der Inschrift: IVDAEA CAPTA (Judaea erobert). Die Buchstaben S (enatus) und C (onsulto) auf der Rückseite bedeuten „Dekret des Senats“ und beziehen sich auf die Rolle des Senats beim Münzprägen.
Eine weniger bekannte römische Münze mit Bezug zu Juden sind Sestertii des Kaisers Nerva (96 bis 98 nach Christus). Sie verewigen die Reform des Fiscus Iudaicus (jüdische Steuer). Auf Nervas Münzen ist ebenfalls eine Palme als Symbol für Judäa abgebildet. Dabei steht der Text FISCI IVDAICI CALVMNIA SVBLATA. Die Übersetzung ist umstritten, bezieht sich aber wohl auf das Ende des Missbrauchs der Judensteuer unter Domitian. Der Text kann bedeuten: „Entfernung ungerechtfertigter Vorwürfe gegen den Fiscus Iudaicus.“
Judensteuer als Strafe für Aufstand
Die Sondersteuer wurde von Vespasian als Strafe für Juden nach dem jüdischen Aufstand und der Zerstörung des Tempels in Jerusalem im Jahre 70 nach Christus eingeführt. Die Juden hatten zuvor jährlich einen halben Schekel für den Unterhalt des Tempels in Jerusalem bezahlt (Exodus 30,13). Nun wurden sie verpflichtet, den Betrag von zwei Drachmen (zwei Denare) für den Tempel des Jupiter Capito in Rom zu entrichten. (Josephus, Jüdischer Krieg 7.218; Dio, Römische Geschichte 65.7.2).
Unter Domitian (Kaiser von 81 bis 96 nach Christus) wurde der Fiscus Iudaicus hart durchgesetzt. Es mangelte nicht an Informanten (Suetonius, Domitian 12.1-2). Insbesondere waren Nichtjuden Opfer der Steuer, die „ein jüdisches Leben gelebt, ohne diese Tatsache öffentlich anerkennen“ zu lassen, also jüdische Sympathisanten und Heidenchristen sowie Juden, die „ihren Ursprung verborgen hielten und den Tribut an ihr Volk nicht zahlen“ wollten, also abtrünnige Juden oder Judenchristen.
Reform der Judensteuer unter Kaiser Nerva
Dio (67.14.1-2) berichtet, dass Domitian den Konsul Flavius Clemens im Jahr 95 wegen des Verdachts auf Atheismus hinrichten ließ. Atheismus war gleichbedeutend mit der „jüdischen Art und Weise“. Obwohl einige Angeklagte entkamen, wurde ihr Eigentum vom Staat beschlagnahmt. Die Münzen von Nerva gelten als Beweis für die Abschaffung oder die teilweise Aufhebung des Fiscus Iudaicus.
Wahrscheinlich war jedoch eher eine Reform der Steuer gemeint. Ostraca aus Ägypten, also antike Tonscherben, zeigen, dass Juden dort diese Steuer bis Trajans Herrschaft (98 bis 117 nach Christus) entrichtet haben. Wegen Atheismus musste man in dieser Zeit unter den Römern mit harter Strafverfolgung, Todesurteilen und der Einziehung des Vermögens rechnen.
Als Nerva an die Macht kam, versuchte er Exzesse der Herrschaft Domitians zu beenden. Er stellte seinen Vorgänger als Tyrannen dar. Am deutlichsten zu erkennen ist das auf seinen Gold-, Silber- und Bronzemünzen. Sie zeigen die Libertas (Freiheit) mit einer Stange und der Kappe befreiter Sklaven, entsprechend der römischen Zeremonie zur Befreiung von Sklaven. Die implizite Botschaft war die Befreiung des römischen Volkes von Domitian.
Nervas Reformen sollten Leute daran hindern, anderen vorzuwerfen, ein jüdisches Leben zu führen (Dio 68.1.2). In der Konsequenz bedeutete die Reform Nervas, dass der römische Staat die Steuer unter einer rein religiösen Definition des Judentums einzog. Es handelte sich also nicht um eine ethnische Verfolgung. Am Ende führte die Reform zu einer schärferen Unterscheidung zwischen Juden und Christen. Diese Trennung zwischen Juden und Christentum gilt heute als Selbstverständlichkeit, war aber in den Anfängen des Christentums noch keineswegs klar. (uws)Neues Archäologiezentrum in Israel (inn)
Kaiser Nero in Jerusalem (inn)
Kitschig bunter Fußboden im Tempel des Herodes (inn)